Coriolanus

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Menenius. So würdig, Wie man nur hören kann. Laßt uns nicht weinen. Könnt ich nur sieben Jahr herunterschütteln Von diesen alten Gliedern--bei den Göttern! Ich wollt auf jedem Schritt dir folgen!

Coriolanus. Kommt! Deine Hand.

(Alle ab.)

Fünfte Szene

Sicinius, Brutus und ein Ädil treten auf.

Sicinius. Schickt sie nach Hause, er ist fort. Nicht weiter. Der Adel ist gekränkt, der, wie wir sahen, Für ihn Partei ergriff.

Brutus. Da unsre Macht Wir nun gezeigt, laßt uns demütger scheinen, Nun es geschehn, als da's im Werden.

Sicinius. Schickt sie heim. Sagt ihnen, fort sei nun ihr großer Feind Und neu befestigt ihre Macht.

Brutus. Entlaßt sie. Hier kommt die Mutter. Volumnia, Virgilia und Menenius treten auf.

Sicinius. Laßt uns fort!

Brutus. Weshalb?

Sicinius. Man sagt, sie sei verrückt.

Brutus. Sie sah uns schon. Weicht ihr nicht aus.

Volumnia. Ha, wohlgetroffen! Der Götter aufgehäufte Strafen lohnen Euch eure Liebe.

Menenius. Still, seid nicht so laut.

Volumnia. Könnt ich vor Tränen nur, ihr solltet hören-- Doch sollt ihr etwas hören. Wollt Ihr gehn?

Virgilia. Auch Ihr sollt bleiben. Hätt ich doch die Macht, Das meinem Mann zu sagen.

Sicinius. Seid Ihr männisch?

Volumnia. Ja, Narr. Ist das 'ne Schande? Seht den Narren! War nicht ein Mann ihr Vater? Warst du fuchsisch, Zu bannen ihn, der Wunden schlug für Rom, Mehr als du Worte sprachst?

Sicinius. O gütger Himmel!

Volumnia. Mehr edle Wunden als du kluge Worte, Und zu Roms Heil. Eins sag ich dir--doch geh. Nein, bleiben sollst du! Wäre nur mein Sohn, Sein gutes Schwert in Händen, in Arabien, Und dort vor ihm dein Stamm.

Sicinius. Was dann?

Virgilia. Was dann? Er würde dort dein ganz Geschlecht vertilgen.

Volumnia. Bastard' und alles. O Wackrer! du trägst Wunden viel für Rom.

Menenius. Kommt, kommt! seid ruhig.

Sicinius. Ich wollt, er wär dem Vaterland geblieben, Was er ihm war, statt selbst den edlen Knoten Zu lösen, den er schlang.

Brutus. So wünscht ich auch.

Volumnia. "So wünscht ich auch"? Ihr hetztet auf den Pöbel, Katzen, die seinen Wert begreifen können Wie die Mysterien ich, die nicht der Himmel Der Erd enthüllen will.

Brutus. Kommt, laßt uns gehn.

Volumnia. Nun ja, ich bitt euch! geht! Ihr tatet wackre Tat.--Hört dies noch erst: So weit das Kapitol hoch überragt Das kleinste Haus in Rom, so weit mein Sohn, Der Gatte dieser Frau, hier dieser, seht ihr? Den ihr verbanntet, überragt euch alle.

Brutus. Genug. Wir gehn.

Sicinius. Was bleiben wir, gehetzt Von einer, der die Sinne fehlen?

Volumnia. Nehmt Noch mein Gebet mit euch.

(Die Tribunen gehn ab.)

O! hätten doch die Götter nichts zu tun, Als meine Flüch erfüllen. Träf ich sie Nur einmal tags, erleichtern würd's mein Herz Von schwerer Last.

Menenius. Ihr gabt es ihnen derb, Und habt auch Grund. Speist Ihr mit mir zu Nacht?

Volumnia. Zorn ist mein Nachtmahl; so mich selbst verzehrend, Verschmacht ich an der Nahrung. Laßt uns gehn. Laßt dieses schwache Wimmern, klagt wie ich, Der Juno gleich im Zorn.--Kommt, kommt!

Menenius. Pfui, pfui!

(Sie gehn ab.)

Vierter Aufzug

Erste Szene

Landstraße zwischen Rom und Antium Ein Römer und ein Volsker, die sich begegnen

Römer. Ich kenne Euch recht gut, Freund, und Ihr kennt mich auch. Ich denke, Ihr heißt Adrian?

Volsker. Ganz recht. Wahrhaftig, ich hatte Euch vergessen.

Römer. Ich bin ein Römer und tue jetzt wie Ihr Dienste gegen Rom. Kennt Ihr mich nun?

Volsker. Nikanor? nicht?

Römer. Ganz recht.

Volsker. Ihr hattet mehr Bart, als ich Euch zuletzt sah; aber Euer Gesicht wird mir durch Eure Zunge kenntlich.--Was gibt es Neues in Rom? Ich habe einen Auftrag vom Staat der Volsker, Euch dort auszukundschaften, und Ihr habt mir eine Tagereise erspart.

Römer. In Rom hat es einen seltsamen Aufstand gegeben: das Volk gegen die Senatoren, Patrizier und Edeln.

Volsker. Hat es gegeben? Ist es denn nun vorbei? Unser Staat denkt nicht so; sie machen die stärksten Rüstungen und hoffen, sie in der Hitze der Entzweiung zu überfallen.

William Shakespeare
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