Coriolanus

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Menenius. Bursche, wenn dein Hauptmann wüßte, daß ich hier bin, so würde er mich mit Achtung behandeln.

Erste Wache. Geht, mein Hauptmann kennt Euch nicht.

Menenius. Ich meine den Feldherrn.

Erste Wache. Der Feldherr fragt nichts nach Euch.--Zurück, ich sag es Euch, geht, sonst zapfe ich noch Eure halbe Unze Blut ab--zurück! denn mehr könnt Ihr nicht haben! Fort!

Menenius. Nein, aber, Mensch! Mensch! Coriolanus und Aufidius treten auf.

Coriolanus. Was gibt's?

Menenius. Jetzt, Geselle, will ich dir etwas einbrocken--du sollst nun sehn, daß ich in Achtung stehe. Du sollst gewahr werden, daß solch ein Hans Schilderhaus mich nicht von meinem Sohn Coriolan wegtreiben kann. Sieh an der Art, wie er mit mir sprechen wird, ob du nicht reif für den Galgen bist, oder für eine Todesart von längrer Aussicht und größerer Qual. Sieh nun her und fall sogleich in Ohnmacht wegen dessen, was dir bevorsteht.--Die glorreichen Götter mögen stündliche Ratsversammlung halten wegen deiner besondern Glückseligkeit und dich nicht weniger lieben als dein alter Vater Menenius. O! mein Sohn! mein Sohn! du bereitest uns Feuer? Sieh, hier ist Wasser, um es zu löschen. Ich war schwer zu bewegen, zu dir zu gehn; aber weil ich überzeugt bin, daß keiner besser als ich dich bewegen kann, so bin ich mit Seufzern aus den Toren dort hinausgeblasen worden und beschwöre dich nun, Rom und deinen flehnden Landsleuten zu verzeihn. Die gütigen Götter mögen deinen Zorn sänftigen und die Hefen davon hier auf diesen Schurken leiten, auf diesen, der mir, wie ein Klotz, den Eintritt zu dir versagte.

Coriolanus. Hinweg!

Menenius. Wie, hinweg?

Coriolanus. Weib, Mutter, Kind, nicht kenn ich sie.--Mein Tun Ist andern dienstbar. Eignet mir die Rache Auch gänzlich, kann doch von den Volskern nur Verzeihung kommen. Daß wir einst vertraut, Vergifte lieber undankbar Vergessen, Als Mitleid sich, wie sehr, erinnre. Fort denn! Mein Ohr ist fester Euerm Flehn verschlossen, Als Eure Tore meiner Kraft. Doch nimm dies, Weil ich dich liebt, ich schrieb's um deinetwillen Und wollt es senden. Kein Wort mehr, Menenius. Verstatt ich dir. Der Mann, Aufidius, War mir sehr lieb in Rom; und dennoch siehst du--

Aufidius. Du bleibst dir immer gleich.

(Coriolanus und Aufidius gehn ab.)

Erste Wache. Nun, Herr, ist Euer Name Menenius?

Zweite Wache. Ihr seht, er ist ein Zauber von großer Kraft. Ihr wißt nun den Weg nach Hause.

Erste Wache. Habt Ihr gehört, wie wir ausgescholten sind, weil wir Eure Hoheit nicht einließen?

Zweite Wache. Warum doch, denkt Ihr, soll ich nun in Ohnmacht fallen?

Menenius. Ich frage weder nach der Welt noch nach euerm Feldherrn. Was solche Kreaturen betrifft, wie ihr, so weiß ich kaum, ob sie da sind, so unbedeutend seid ihr.--Wer den Entschluß fassen kann, von eigner Hand zu sterben, fürchtet es von keiner andern. Mag euer Feldherr das Ärgste tun; und, was euch betrifft, bleibt, was ihr seid, lange, und eure Erbärmlichkeit wachse mit euerm Alter! Ich sage euch das, was mir gesagt wurde: Hinweg!--

(Er geht ab.)

Erste Wache. Ein edler Mann, das muß ich sagen.

Zweite Wache. Der würdigste Mann ist unser Feldherr, er ist ein Fels, eine Eiche, die kein Sturm erschüttert.

(Sie gehn ab.)

Dritte Szene

Coriolans Zelt Es treten auf Coriolanus, Aufidius und andere

Coriolanus. So ziehn wir morgen denn mit unserm Heer Vor Rom. Ihr, mein Genoß in diesem Krieg, Tut Euren Senatoren kund, wie redlich Ich alles ausgeführt.

Aufidius. Nur ihren Vorteil Habt Ihr beachtet; Euer Ohr verstopft Roms allgemeinem Flehn; nie zugelassen Geheimes Flüstern; nein, selbst nicht von Freunden, Die ganz auf Euch vertraut.

Coriolanus. Der alte Mann, Den ich nach Rom gebrochnen Herzens sende, Er liebte mehr mich als mit Vaterliebe, Ja, machte mich zum Gott.--Die letzte Zuflucht War, ihn zu senden; und aus alter Liebe, Blickt ich schon finster, tat ich noch einmal Den ersten Antrag, den sie abgeschlagen Und jetzt nicht nehmen können; ihn zu ehren, Der mehr zu wirken hoffte, gab ich nach, Sehr wenig nur.

William Shakespeare
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