Dieses giebt zu einer kleinen Comödie von der pöbelhaftest-bürlesken Art Anlas, worinn Falstaff den König macht, und den Prinzen wegen seiner unanständigen Lebensart und lüderlichen Gesellschaft ausschilt, jedoch mit Ausnahme des einzigen Falstaff, von dem er viel Gutes sagt. Der Prinz behauptet, Falstaff habe den König nicht recht gemacht, übernimmt diese Rolle selbst, läßt Falstaffen den Prinzen seyn, und sagt alsdann eben so viel böses von Falstaff als dieser vorhin Gutes von sich selbst gesagt hatte. Folgendes mag zur Probe dienen:)

Prinz Heinrich (in der Person des Königs.) Ich höre grosse Klagen über dich.

Falstaff (in der Person des Prinzen.) Sakerlot! Gnädigster Herr, sie sind alle erlogen--

Prinz Heinrich. Du schwörst, unartiger Bube? Von nun an komm nimmer vor meine Augen! Du gehst einen verderblichen Weg; es ist ein Teufel, der dich jagt, ein Teufel in Gestalt eines fetten alten Manns; eine Tonne von einem Mann ist deine Gesellschaft. Wie, schämst du dich nicht mit diesem Weinfasse umzugehen, mit diesem zusammengeballten Klumpen von Bestialität, mit diesem ungeheuren Kessel voll Sect, mit diesem ausgestoßen Felleisen von Kutteln,--diesem ehrwürdigen Laster, dieser grauen Büberey, diesem Vater Spizbuben, dieser bejahrten Eitelkeit? Wozu ist er gut, als Sect zu kosten und auszutrinken? Worinn ist er nett und manierlich, als einen Capaunen zu zerlegen und aufzuessen? Worinn hat er Verstand als in Ränken? Wozu braucht er seine Ränke als zu Bubenstüken? Worinn ist er ein Lotterbube als in allen Dingen? Und worinn ist er löblich als in nichts?

Falstaff. Wen meynt Euer Majestät?

Prinz Heinrich. Diesen ruchlosen schändlichen Verführer der Jugend, Falstaff, diesen alten weißbartigen Satan.

Falstaff. Milord, den Mann kenn' ich.

Prinz Heinrich. Das weiß ich wol.

Falstaff. Aber wenn ich sagte, daß er ein schlimmerer Mann sey als ich selbst, so sagt' ich mehr als ich weiß. Daß er alt ist, davon zeugen leider! seine weissen Haare; aber daß er, mit Respect vor euch zu sagen, ein H**jäger sey, das läugne ich schlechterdings. Wenn Sect und Zuker etwas unrechtes ist, so helf G** den Schlimmen! Wenn alt und aufgeräumt seyn, eine Sünde ist, so kenn' ich manchen alten Wirth, der verdammt werden müßte; wenn fett seyn, Haß verdient, so müßten Pharaons magre Kühe liebenswürdig seyn. Nein, Gnädigster Herr, verbannet Peto, verbannet Bardolph, verbannet Poins; aber den guten alten Jak Falstaff, den wakern Jak Falstaff, den ehrlichen Jak Falstaff, den tapfern Jak Falstaff, und desto tapfrer, da er, wie man nicht läugnen kan, der alte Jak Falstaff ist, den verbannt nicht aus Harry's Gesellschaft: Wolltet ihr den guten diken Jak von mir verbannen, so verbannet eben so mehr die ganze Welt von mir-- ([Diese unvollkommne Probe, (denn man hat dennoch einige Blümchen auslassen müssen) wird den Leser vermuthlich geneigt machen, dem Uebersezer in Absicht der Falstaffischen Scenen Vollmacht zu geben, darüber nach eignem Belieben zu schalten. Man muß ein Engländer seyn, diese Scenen von Engländern spielen sehen, und eine gute Portion Pounsch dazu im Kopfe haben, um den Geschmak daran zu finden, den Shakespears Landsleute gröstentheils noch heutiges Tages an diesen Gemählden des untersten Grads von pöbelhafter Ausgelassenheit des Humors und der Sitten finden sollen.]) (Bardolph und die Wirthin lauffen erschroken herein, und melden, daß der Scheriff mit der Wache vor der Thüre sey, und das Haus durchsuchen wolle. Prinz Heinrich übernimmt es ihn abzufertigen, nachdem er Falstaffen und den übrigen befohlen, sich zu verbergen.)

Zwölfte Scene. (Der Scheriff kommt mit einem von den Fuhrleuten der Beraubten, und fragt nach Falstaffen, welchen er beschuldigt, den Raub begangen zu haben. Der Prinz antwortet ihm ganz ernsthaft, und also in reimlosen Versen (denn Shakespear ist, wie wir wissen, ein genauer Beobachter des Decorum,) der Mann sey nicht hier, indem er ihn Geschäfte halber ausgeschikt habe; er giebt aber dem Scheriff sein Ehrenwort, daß er ihn bis morgen Mittags stellen, und wenn es sich finde, daß er den Raub begangen, der Justiz überlassen wolle. Der Scheriff nimmt hierauf seinen demüthigen Abschied, und der Prinz erklärt sich gegen Peto, daß er den Beraubten ihr Geld mit Wucher wieder zurükgeben, morgen nach Hofe und von da zu Felde gehen, sie aber allerseits mit sich nehmen, und bey der Armee anständig unterbringen wolle.)

Dritter Aufzug.

William Shakespeare
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