Worcester. Ich wollte, der Zustand dieser Zeit wäre erst geheilt gewesen, eh er krank geworden wäre; seine Gesundheit war nie mehr werth, als izt.

Hot-Spur. Krank in einer solchen Zeit! O! diese Krankheit stekt das Lebensblut unsrer Unternehmung an! Sie wird unser ganzes Lager ansteken. Er schreibt mir hier, daß eine heftige Krankheit--und daß seine Freunde durch Abgeordnete nicht sobald zusammen gebracht werden könnten, ja daß er es nicht einmal rathsam halte, ein so wichtiges und gefährliches Geschäft einer andern Seele als seiner eigenen anzuvertrauen. Indeß rathet er uns doch mit unsrer kleinen Macht auszurüken, und eine Probe zu machen, wie das Glük für uns gesinnt sey; denn, seinem Bericht nach, läßt sich nimmer zaudern, indem der König von unserm ganzen Vorhaben unterrichtet ist. Was sagt ihr dazu?

Worcester. Euers Vaters Krankheit ist ein grosser Nachtheil für uns.

Hot-Spur. Es ist ein Glied, das uns abgehauen ist--und doch, in der That, ist es nicht so; wir werden ihn würklich weniger vermissen als es izt scheint. Wär' es gut, unser ganzes Glük auf einen einzigen Wurf zu sezen? Ein so grosses Capital dem schlüpfrigen Ungefehr einer zweifelhaften Stunde zu überlassen? Es wäre nicht gut; denn wie leicht könnten wir in dieser einzigen Stunde das Ende aller unsrer Hoffnungen finden.

Dowglas. Vermuthlich würd' es so gegangen seyn; da uns hingegen, wie die Sachen izt ligen, eine Zuflucht übrig bleibt, deren Gewißheit uns zu unserm Vorhaben desto kühner machen wird.

Hot-Spur. So ists, ein Sammelplaz, wo wir uns wieder erholen können, wenn der Teufel und ein feindseliger Zufall unsre erste Unternehmung mißlingen macht.

Worcester. Dem ungeachtet wünschte ich, euer Vater wäre hier. Die Natur unsrer Unternehmung leidet keine Theilung; viele, welche nicht wissen, warum er abwesend ist, werden glauben, daß Klugheit, Treue, und blosses Mißfallen an unserm Verfahren den Grafen zurük halte. Ihr sehet leicht, wie nachtheilig eine solche Vermuthung unsrer Parthey seyn muß. Uns ist alles daran gelegen, die schwache Seite unsrer Unternehmung zu verbergen, und jedes Taglicht, jede Öffnung und Rize zu verstopfen, durch die das Auge der Vernunft in das Inn're derselben dringen könnte. Diese Abwesenheit euers Vaters zieht einen Vorhang auf, der den Unberichteten eine Ursache zur Furcht zeigt, wovon sie vorher nicht geträumt haben.

Hot-Spur. Ihr geht zu weit, Milord. Ich sehe seine Abwesenheit vielmehr als einen Umstand an, der unserm grossen Vorhaben einen Glanz giebt, und eine größre Meynung davon erweken muß, als wenn er hier wäre; denn müssen nicht die Leute denken, wenn wir ohne ihn im Stande seyen, dem Königreich einen Stoß zu versezen, so werden wir, mit seinem Beystand, unfehlbar alles unter über sich kehren. Noch geht alles gut, noch ziehen alle unsre Strike.

Dowglas. Wie wir's nur wünschen können; in Schottland wird kein Wort von dergleichen Besorgnissen gehört.

Zweyte Scene. (Sir Richard Vernon zu den Vorigen.)

Hot-Spur. Mein Vetter Vernon, willkommen, bey meiner Seele!

Vernon. Wollte der Himmel, daß meine Zeitung einen Willkomm werth wäre, Milord. Der Graf von Westmorland ist in Begleitung des Prinzen Johann von Lancaster mit siebentausend Mann im Anzug.

Hot-Spur. Das kan er; was mehr?

Vernon. Ueberdem hab' ich in Erfahrung gebracht, daß der König in eigner Person entweder schon ausgerükt, oder doch entschlossen sey, aufs schleunigste mit einer grossen Macht hieher zu kommen.

Hot-Spur. Er soll auch willkommen seyn. Wo ist sein Sohn? der leichtfüßige, und tollköpfige Prinz von Wales und seine Cameraden, die die Welt auf die Seite lachen, und ihr sagen, sie könne gehen wohin sie wolle.

Vernon. Sie sind alle gerüstet, alle in Waffen, alle befiedert wie die Straussen, alle in Gold schimmernd wie die Bilder in der Kirche, lebhaft wie der May, prächtig wie die Sonne im Junius, muthwillig wie junge Geissen, und wild wie die Löwen. Ich sah ihn, den jungen Heinrich, mit aufgezognem Viesier, in voller Rüstung, gleich dem beflügelten Mercur sich vom Boden auf- und so leicht in seinen Sattel schwingen, als ob ein Engel aus den Wolken herabgeschlüpft wäre, um auf einem feurigen Pegasus sich um die Unterwelt herum zu tummeln.

William Shakespeare
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