Graziano. Doch, wenn er lebt, bis er zum Mann erwächst.

Nerissa. Ja, wenn ein Weib zum Manne je erwächst.

Graziano. Auf Ehr, ich gab ihn einem jungen Menschen, 'ner Art von Buben, einem kleinen Knirps, Nicht höher als du selbst, des Richters Schreiber. Der Plauderbub erbat den Ring zum Lohn: Ich konnt ihm das um alles nicht versagen.

Porzia. Ihr wart zu tadeln, offen sag ich's Euch, Euch von der ersten Gabe Eurer Frau So unbedacht zu trennen; einer Sache, Mit Eiden angesteckt an Euren Finger Und so mit Treu an Euren Leib geschmiedet. Ich schenkte meinem Liebsten einen Ring Und hieß ihn schwören, nie ihn wegzugeben; Hier steht er, und ich darf für ihn beteuern, Er ließ' ihn nicht, er riss' ihn nicht vom Finger Für alle Schätze, so die Welt besitzt. Ihr gabt fürwahr, Graziano, Eurer Frau Zu lieblos eine Ursach zum Verdruß; Geschäh es nur, es machte mich verrückt.

Bassanio (beiseite). Ich möchte mir die linke Hand nur abhaun Und schwören, ich verlor den Ring im Kampf.

Graziano. Bassanio schenkte seinen Ring dem Richter, Der darum bat und in der Tat ihn auch Verdiente; dann erbat der Bursch, sein Schreiber, Der Müh vom Schreiben hatte, meinen sich, Und weder Herr noch Diener wollten was Als die zwei Ringe nehmen.

Porzia. Welch einen Ring gabt Ihr ihm, mein Gemahl? Nicht den, hoff ich, den Ihr von mir empfingt.

Bassanio. Könnt ich zum Fehler eine Lüge fügen, So würd ich's leugnen; doch Ihr seht, mein Finger Hat nicht den Ring mehr an sich, er ist fort.

Porzia. Gleich leer an Treu ist Euer falsches Herz. Beim Himmel, nie komm ich in Euer Bett, Bis ich den Ring gesehn.

Nerissa. Noch ich in Eures, Bis ich erst meinen sehe.

Bassanio. Holde Porzia, Wär Euch bewußt, wem ich ihn gab, den Ring, Wär Euch bewußt, für wen ich gab den Ring, Und säht Ihr ein, wofür ich gab den Ring Und wie unwillig ich mich schied vom Ring, Da nichts genommen wurde als der Ring, Ihr würdet Eures Unmuts Härte mildern.

Porzia. Und hättet Ihr gekannt die Kraft des Rings, Halb deren Wert nur, die Euch gab den Ring, Und Eure Ehre, hangend an dem Ring, Ihr hättet so nicht weggeschenkt den Ring. Wo wär ein Mann so unvernünftig wohl, Hätt es Euch nur beliebt, mit einger Wärme Ihn zu verteidgen, daß er ohne Scheu Ein Ding begehrte, das man heilig hält? Nerissa lehrt mich, was ich glauben soll: Ich sterbe drauf, ein Weib bekam den Ring.

Bassanio. Bei meiner Ehre, nein! bei meiner Seele! Kein Weib bekam ihn, sondern einem Doktor Der Rechte gab ich ihn, der mir dreitausend Dukaten ausschlug und den Ring erbat; Ich weigert's ihm, ließ ihn verdrießlich gehn, Den Mann, der meines teuern Freundes Leben Aufrechterhielt. Was soll ich sagen, Holde? Ich war genötigt, ihn ihm nachzuschicken; Gefälligkeit und Scham bedrängten mich, Und meine Ehre litt nicht, daß sie Undank So sehr befleckte. Drum verzeiht mir, Beste! Denn, glaubt mir, bei den heilgen Lichtern dort, Ihr hättet, wärt Ihr dagewesen, selbst Den Ring erbeten für den würdgen Doktor.

Porzia. Daß nur der Doktor nie mein Haus betritt. Denn weil er das Juwel hat, das ich liebte, Das Ihr meintwillen zu bewahren schwurt, So will ich auch freigebig sein wie Ihr: Ich will ihm nichts versagen, was ich habe, Nicht meinen Leib noch meines Gatten Bett; Denn kennen will ich ihn, das weiß ich sicher. Schlaft keine Nacht vom Haus! wacht wie ein Argus! Wenn Ihr's nicht tut, wenn Ihr allein mich laßt: Bei meiner Ehre, die mein eigen noch! Den Doktor nehm ich mir zum Bettgenossen.

Nerissa. Und ich den Schreiber; darum seht Euch vor, Wie Ihr mich laßt in meiner eignen Hut.

Graziano. Gut! tut das nur, doch laßt ihn nicht ertappen, Ich möchte sonst des Schreibers Feder kappen.

Antonio. Ich bin der Unglücksgrund von diesem Zwist.

Porzia. Es kränk Euch nicht; willkommen seid Ihr dennoch.

Bassanio. Vergeht mir, Porzia, mein gezwungnes Unrecht, Und vor den Ohren aller dieser Freunde Schwör ich dir, ja, bei deinen holden Augen, Worin ich selbst mich sehe--

Porzia. Gebt doch acht! In meinen Augen sieht er selbst sich doppelt, In jedem Aug einmal--beruft Euch nur Auf Euer doppelt Selbst, das ist ein Eid, Der Glauben einflößt.

William Shakespeare
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