Der Sturm

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Hier ist meine Hand.

Miranda. Und hier die meinige, mit meinem Herzen drinn; und nun lebet wohl, auf eine halbe Stunde.

Ferdinand. Tausend, tausend Lebewohl!

(Sie gehen ab.)

Prospero. So froh über dieses als sie, kan ich nicht seyn, sie, die lauter Entzükung sind; aber es ist nichts in der Welt, worüber ich eine grössere Freude haben könnte. Ich will zu meinem Buche. Denn zwischen izt und der Abend-Essens-Zeit muß ich noch vieles nöthige zu stande bringen.

(Geht ab.)

Zweyte Scene. (Eine andre Gegend der Insel.) (Caliban, Stephano und Trinculo treten auf.)

Stephano. Sagt mir nichts mehr hievon; wenn das Faß leer ist, wollen wir Wasser trinken, eher keinen Tropfen. Fülle also wieder auf, und laß dirs gut schmeken, dienstbares Ungeheuer; trink mirs zu.

Trinculo. Dienstbares Ungeheuer! Wie das eine närrische Insel ist! Sie sagen es habe nur ihrer fünf auf dieser Insel; wir sind drey davon, wenn die andern beyde nicht richtiger im Kopf sind als wir, so wakelt der Staat.

Stephano. Trink, dienstbares Ungeheuer, wenn ichs dich heisse; deine Augen stehen dir gewaltig tief im Kopfe.

Trinculo. Wo sollten sie denn sonst stehen? Er wäre ein feines Ungeheuer, in der That, wenn er sie am H** stehen hätte.

Stephano. Mein menschliches Ungeheuer hat seine Zunge in Sect ersäuft; was mich betrift, mich kan die See nicht einmal ersäuffen. Ich schwamm eh ich das Ufer erreichen konnte, fünf und dreyßig Meilen hin und her; beym Element, du sollst mein Leutnant seyn, Ungeheuer, oder mein Fahnen-Junker--Warum so still, Mondkalb? Sprich einmal in deinem Leben wenn du ein gutes Mondkalb bist.

Caliban. Wie geht's dir? Laß mich deine Schuh leken; ich will ihm

(er deutet auf Trinculo,)

nicht dienen, er ist nicht herzhaft!

Trinculo. Du lügst, du höchst unwissendes Ungeheuer, ich bin im Stand es mit einem Gerichts-Amman aufzunehmen; wie? du lüderlicher Fisch du, ist jemals ein Mann eine Memme gewesen, der so viel Sect in einem Tag getrunken hat als ich? Darfst du so ungeheure Lügen sagen, und bist nur halb ein Fisch und halb ein Ungeheuer?

Caliban. Horch, wie er mich schimpfirt; willt du ihm heimzünden, Mylord?

Trinculo. Mylord, sagt er! Daß ein Ungeheuer so einfältig seyn kan!

Caliban. Horch, horch, schon wieder; beiß ihn zu tode, ich bitte dich.

Stephano. Trinculo, stek deine Zunge ein! Wenn du einen Aufruhr anfangst, so soll der nächste Baum--Das arme Ungeheuer ist mein Unterthan, und ich werde nicht leiden daß ihm übel begegnet werde.

Caliban. Ich danke dir, mein edler Gebieter. Gefällt es dir, die Bitte, die ich an dich gethan habe, noch einmal zu hören?

Stephano. Beym Element, das will ich; knie nieder und wiederhole sie; ich will stehen, und Trinculo soll auch stehen. (Ariel kommt unsichtbar dazu.)

Caliban. Wie ich dir vorhin gesagt habe, ich bin einem Tyrannen unterthan, einem Zauberer, der mir durch seine List diese Insel abgetrödelt hat.

Ariel. Du lügst.

Caliban (zu Trinculo.) Du lügst, du Maulaffe du; ich wollte, daß mein dapfrer Meister dich vernichtete; ich lüge nicht.

Stephano. Trinculo, wenn ihr ihn noch ein einzig mal in seiner Erzählung unterbrecht, beym Sapperment, so will ich euch etliche Zähne supplantiren!

Trinculo. Was? Ich sagte nichts.

Stephano. Husch denn, und nichts weiter; fahre fort!

Caliban. Ich sage, durch Zauberey gewann er diese Insel, von mir gewann er sie. Wenn deine Hoheit sie ihm wieder abnehmen will, (denn ich weiß, du hast das Herz dazu, aber dieses Ding hat kein Herz--)

Stephano. Das ist eine ausgemachte Sache.

Caliban. So sollt du Herr davon seyn, und ich will dir dienen.

Stephano. Wie wollen wir das anstellen? Kanst du mir ein Mittel vorschlagen?

Caliban. Ja, ja, mein Gebieter, ich will ihn dir schlafend überliefern, dann kanst du ihm einen Nagel in den Kopf schlagen.

Ariel. Du lügst, das kanst du nicht.

Caliban. Was für ein elster-mässiger Flegel ist das? du Lumpenkerl du! Ich bitte deine Hoheit, gieb ihm Maulschellen und nimm ihm diese Flasche; wenn er sie nicht mehr hat, so muß er lauter Pfüzenwasser trinken, denn ich will ihm nicht zeigen, wo die Brunnquellen sind.

William Shakespeare
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