Die Irrungen

by

William Shakespeare

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Die Irrungen Page 01

Die Irrungen,

oder

die doppelten Zwillinge,

William Shakespeare

ein Lustspiel.

�bersetzt von Christoph Martin Wieland

Personen.

Salinus, Herzog von Ephesus. Aegeon, ein Kauffmann von Syracus. Antipholis von Ephesus und Antipholis von Syracus, Zwillings-Br�der und S�hne von Aegeon und Aemilia, aber einander unbekannt. Dromio von Ephesus und Dromio von Syracus, Zwillings-Br�der und Sclaven der beyden Antipholis. Balthasar, ein Kauffmann. Angelo, ein Goldschmidt. Zween andre Kauffleute. Dr. Zwik, ein Schulmeister und Beschw�rer. Aemilia, Aegeons Weib, eine Abbti�in zu Ephesus. Adriana, des Antipholis von Ephesus Weib. Eine Courtisane. Luciana, Ihre Schwester. Kerkermeister, Gerichtsdiener, Trabanten, und andre stumme Personen.

Die Scene ist zu Ephesus.

Erster Aufzug.

Erste Scene. (Des Herzogs Palast.) (Der Herzog von Ephesus, Aegeon, ein Kerkermeister, und einige vom Gefolge des Herzogs treten auf.)

Aegeon. S�ume dich nicht l�nger, Salinus, durch den Ausspruch meines Urtheils, meinem ungl�klichen Leben ein Ende zu machen.

Herzog. Kauffmann von Syracus, sage nichts mehr zu deiner Verantwortung; ich kan zum Nachtheil des Gesezes nicht partheylich seyn. Das neuliche grausame Verfahren euers Herzogs gegen einige Kauffleute, unsre getreue Unterthanen, welche, weil sie nicht Gold genug hatten ihr Leben loszukaufen, sein strenges Gesez mit ihrem Blute besiegelt haben, schlie�t alles Erbarmen aus unsern dr�uenden Bliken aus. Denn seitdem diese verderbliche Zwietracht zwischen deinen aufr�hrischen Landsleuten und uns ausgebrochen, ist in der allgemeinen Versammlung des Volks, sowol von den Syracusern als von uns, beschlossen worden, keine Handlung noch Gemeinschaft zwischen unsern feindseligen St�dten zu erlauben; noch mehr, welcher gebohrne Epheser sich auf den M�rkten und Jahrsmessen von Syracus betreten l��t, der stirbt; und hinwieder, welcher gebohrne Syracuser in der Bay von Ephesus gefunden wird, der stirbt, und seine G�ter werden zu Handen des Staats eingezogen; es sey dann, da� er tausend Mark zu seinem L�segeld bezahlen k�nne. Nun belauft sich alles was du hast, nach der �ussersten Schazung, kaum auf hundert Mark; du bist also nach dem Geseze zum Tode verdammt.

Aegeon. Mein Trost ist, da� die Vollziehung euers Worts noch vor Sonnen- Untergang auch meinen Ungl�ks-F�llen ein Ende machen wird.

Herzog. Gut, Syracuser, erz�hl' uns k�rzlich die Ursache, warum du deine v�terliche Heimath verlassen hast, und warum du hieher nach Ephesus gekommen bist.

Aegeon. Eine schwerere Verrichtung k�nnte mir nicht auferlegt werden, als da� ich von meinem unaussprechlichen Kummer reden soll. Jedoch, damit die Welt erkenne, da� der nat�rliche Lauf der menschlichen Zuf�lle, und nicht irgend ein scheu�liches, die Rache der G�tter aufforderndes Verbrechen, mir dieses ungl�kliche Ende zuzieht; so will ich sagen, was mein Schmerz mir zu sagen Verm�gen lassen wird. Zu Syracus ward ich gebohren, und mit einem Weibe verm�hlt, die mich gl�klich machte, und es durch mich selbst gewesen w�re, wenn ein feindseliges Schiksal die Dauer unsrer Gl�kseligkeit gestattet h�tte. Mit ihr lebt' ich vergn�gt; mein Verm�gen nahm durch begl�kte Reisen zu, die ich h�uffig nach Epidamnum machte; bis der Tod meines Factors, und die Sorge f�r meine G�ter, die dadurch ohne Aufsicht gelassen worden, mich aus den Umarmungen meiner Gattin ri�. Ich war noch nicht volle sechs Monat von ihr entfernt, als sie (obgleich zu einer Zeit, da sie unter der angenehmen Straffe ihres Geschlechts schmachtete,) Anstalten machte, mir nachzufolgen, und bald und gl�klich anlangte wo ich war. Sie war nicht lange da, so wurde sie eine freudenvolle Mutter von zween h�bschen Knaben, die einander so wundersam gleich sahen, da� es unm�glich war, sie anders, als durch Namen zu unterscheiden. In eben dieser Stunde und an dem nemlichen Ort, ward eine arme Frau gleichfalls von zween m�nnlichen Zwillingen entbunden, die einander eben so gleich sahen; diese kaufte ich ihren Eltern ab, denn es waren bettelarm Leute, und zog sie auf, da� sie meinen S�hnen aufwarten sollten.

William Shakespeare
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