Die Irrungen

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Adriana. Zurük, Sclave, oder ich will dir den Schädel entzweyschlagen.

Dromio. Und er wird den Bruch mit andern Schlägen wieder ganz machen; das wird gut gehen.

Adriana. Pake dich, du wortreicher Schlingel, hohl deinen Herrn heim.

Dromio. Bin ich dann so rund mit euch als ihr mit mir, daß ihr mich so wie eine Kugel vor euch her stoßt?Ihr stoßt mich fort, und er wird mich wieder zurükstossen; wenn ich in einem solchen Dienst ausdauren soll, müßt ihr ein ledernes Futteral über mich machen lassen.

(Er geht ab.)

Dritte Scene.

Luciana. Fy, wie entstellt diese Ungeduld euer Gesicht!

Adriana. Er kan seinen Liebling seiner angenehmen Gesellschaft nicht berauben, und ich muß indeß daheim sizen, und zum Verhungern nach einem freundlichen Blik schmachten. Hat denn das Alter die anziehende Schönheit schon von meiner armen Wange genommen?Wenn es ist, so hat Er sie verderbt. Ist mein Gespräch troken, und mein Wiz stumpf?Seine Unfreundlichkeit ist der harte Marmor, woran er seine Schärfe verlohren hat. Gefallen ihm andre besser, weil sie schöner aufgepuzt sind?Das ist nicht mein Fehler; er ist Herr über mein Vermögen. Was für Ruinen können an mir gefunden werden, die er nicht gemacht hat?Würde nicht ein einziger sonnichter Blik von ihm, meine verwelkte Schönheit wieder herstellen?Aber ach! er verschmäht ein Weib, von der er ohne Maaß geliebt wird, und sucht, ausser seinem Haus, ein Vergnügen --

Luciana. Sich selbst peinigende Eifersucht! Fy, jagt sie fort.

Adriana. Nur gefühllose alberne Tröpfe können bey solchen Beleidigungen gleichgültig bleiben; ich bin gewiß, seine Augen haben irgendwo einen andern Gegenstand den sie anbeten. Warum würd' er sonst nicht hier seyn?Schwester, ihr wißt, er versprach mir eine goldne Kette. Wollte der Himmel, es wäre nur das was er mir vorenthielte--Ich sehe wol, ein Kleinod, so schön es immer gefaßt seyn mag, verliehrt endlich seine Schönheit, wenn wir's immer tragen; und so wie das Gold selbst, ungeachtet seiner Dauerhaftigkeit, durch beständiges Berühren sich endlich abnuzt, so ist kein Gemüth so edel, das nicht durch langwierige Untreu und Falschheit endlich seinen Glanz verliehre. Wenn meine Schönheit in seinen Augen keinen Reiz mehr hat, so will ich ihren Rest wegweinen, und weinend sterben.

Luciana. Was für alberne Geschöpfe kan nicht die Eifersucht aus diesen verliebten Seelen machen!

(Sie gehen ab.)

Vierte Scene. (Verwandelt sich in eine Strasse.) (Antipholis von Syracus tritt auf.)

Antipholis. Das Gold, das ich dem Dromio gab, ist im Centaur sicher verwahrt; und der allzu sorgfältige Tropf ist weggegangen, um mich zu suchen, aus Besorgniß, es möchte mir etwas zugestossen seyn. Wenn ich die Umstände der Zeit und meines Wirths Erzählung mit einander vergleiche, so kan ich den Dromio nicht gesprochen haben, seitdem ich ihn zuerst vom Markte fortschikte. Ha, hier kömmt er eben recht. (Dromio von Syracus tritt auf.) Wie gehts, junger Herr?Seyd ihr noch so spaßhaft?Wenn ihr Liebhaber von Ohrfeigen seyd, so treibt wieder den Narren mit mir. Ihr wißt nichts vom Centaur?Ihr habt kein Gold empfangen?Eure Frau schikte euch, mich zum Mittag-Essen nach Hause zu ruffen?Mein Haus war zum Phönix?Warst du toll, daß du mir so unsinnige Antworten gabst?

Dromio von Syracus. Was für Antworten, Herr?Wenn sagt' ich dergleichen?

Antipholis. Nur eben, nur eben, es ist noch keine halbe Stunde.

Dromio von Syracus. Hab ich euch doch bis izt mit keinem Auge gesehen, seitdem ihr mich mit dem Golde, so ihr mir gabt, in den Centaur schiktet.

Antipholis. Galgenschwengel, du leugnetest ja, daß du das Gold empfangen habest, und redtest mir von einer Frau, und von einem Mittag-Essen; doch ich hoffe, du hast gefühlt, wie wohl es mir gefallen hat.

Dromio von Syracus. Es erfreut mich, euch in so gutem Humor zu sehen. Was soll dieser Scherz bedeuten, ich bitte euch, Herr, sagt mir's?

Antipholis. Wie, du spottest mir noch ins Gesicht?denkst du ich spasse?Halt, nimm das, und das.

(Er giebt ihm Schläge.)

Dromio von Syracus. Haltet ein, Herr, ums Himmels willen, izt fühl' ich's, daß aus euerm Spaß Ernst wird, aber warum gebt ihr mir diese Schläge, wenn man fragen darf?

Antipholis. Weil ich zuweilen vertraulich genug mit dir umgehe, dich für meinen Lustigmacher zu gebrauchen, und Spaß mit dir treibe, so treibst du die Unverschämtheit so weit, meine Gütigkeit zu mißbrauchen, und mir deine Possen auch in meinen ernsthaften Stunden aufzudrängen. Wenn die Sonne scheint, mögen gaukelnde Müken ihre Kurzweile treiben; aber sie sollen in Spalten kriechen, wenn sie ihre Stralen verbirgt: Wenn du mit mir spassen willst, so sieh erst wie ich aussehe, und richte dein Betragen nach meinen Bliken ein; oder ich will dir diese Methode auf eine andre Art einpleuen.*

{ed.-* Hier sind im Original einige Wortspiele, die man lieber weggelassen hat, da sie an sich selbst frostig genug sind; und wenn sie auch noch das Verdienst des Doppelsinns, den sie nur in der Original-Sprache haben, verliehren, unerträglich werden.

William Shakespeare
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