Die Irrungen

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Angelo. Gerichtsdiener, hier ist dein Tax; sez' ihn feste; ich wollte meines eignen Bruders nicht schonen, wenn er mir so niederträchtig begegnete.

Gerichtsdiener. Mein Herr, ich arretire euch; ihr habt gehört, daß es an mich gefordert wird.

Antipholis von Ephesus. Ich unterwerfe mich dir, bis ich dir Bürgschaft stellen werde. Aber ihr, Bursche, sollt mir diesen Spaß so theuer bezahlen, daß alles Metall in euerm Laden nicht zureichen soll.

Angelo. Herr, Herr, ich will wol Justiz in Ephesus finden, und ihr werdet wenig Ehre davon haben, das glaubt mir.

Zweyte Scene. (Dromio von Syracus zu den Vorigen.)

Dromio von Syracus. Herr, es ist eine Barke von Epidamnum, die nur noch so lange wartet, bis der Schiffspatron an Bord kommt, und dann gleich absegelt. Ich habe unser Gepäke schon an Bord gebracht, und das Oel, den Balsam und den Aquavit gekauft. Das Schiff ist wohl geladen, es bläßt ein muntrer Wind vom Land her; und man wartet nur noch auf den Patron und auf euch.

Antipholis von Ephesus. Was, zum Henker, bist du toll?Du dummer Schöps, was für ein Schiff von Epidamnum wartet auf mich?

Dromio von Syracus. Ein Schiff, worauf ihr mich geschikt habt, unsre Ueberfahrt zu miethen.

Antipholis von Ephesus. Du besoffner Schurke, ich schikte dich um ein Seil, und sagte dir, wozu ich es brauchen wollte.

Dromio von Syracus. Ich weiß von keinem Seil, ich; ihr schiktet mich an die Rhede, Herr, um ein Schiff.

Antipholis von Ephesus. Ich will diese Materie zu einer andern Zeit berichtigen, und deine Ohren lehren besser aufzumerken, wenn ich dir was sage. Lauf izt straks zu Adriana, du Galgenvogel, gieb ihr diesen Schlüssel, und sag' ihr, in dem Pult, der mit Türkischer Tapezerey überzogen ist, werde sie einen Beutel mit Ducaten finden, den sie mir schiken soll; sag' ihr, ich sey auf der Strasse arretirt worden, und dieses müsse mich loskauffen; pake dich, Sclave, geh';--Nur fort, Gerichtsdiener, ins Gefängniß bis es kommt.

(Sie gehen ab.)

Dromio von Syracus. Zu Adriana! Das ist ja, wo wir zu Mittag gegessen haben, und wo Dowsebel mir zumuthete, daß ich ihr Mann seyn müsse; ich hoffe sie ist zu dik, als daß wir zusammenpassen könnten. Indessen muß ich doch gehen, weil es mein Herr so haben will.

(ab.)

Dritte Scene. (Verwandelt sich in des Ephesischen Antipholis Haus.) (Adriana und Luciana treten auf.)

Adriana. Ah, Luciana, sezt' er dir so zu?Sahest du es würklich in seinen Augen, daß es ihm Ernst war?Sah' er roth oder blaß aus, verdrießlich oder aufgeräumt?Was für Beobachtungen machtest du über die Meteore seines Herzens, die in seinem Gesichte kämpften?

Luciana. Fürs erste, so läugnete er, daß ihr ein Recht an ihn habet.

Adriana. Er meynt', er lasse mir mein Recht nicht wiederfahren.

Luciana. Hernach schwur er, er sey hier fremde.

Adriana. Und schwur die Wahrheit, ob er gleich dadurch meineydig wurde.

Luciana. Und da nahm ich eure Parthey.

Adriana. Und was sagt' er dazu?

Luciana. Die Liebe, um die ich ihn für euch bat, erbat er von mir.

Adriana. Durch was für Ueberredungen sucht' er eure Liebe zu gewinnen?

Luciana. Durch Worte, die bey ehrlichen Absichten hätten bewegen können; er lobte zuerst meine Schönheit, hernach meinen Verstand.

Adriana. Redtest du freundlich mit ihm?

Luciana. Seyd geduldig, ich bitte euch.

Adriana. Ich kan nicht mehr still halten, ich will nicht; ich will wenigstens meiner Zunge den Lauf lassen. Er ist ungestalt, krumm- beinicht, alt und kalt, häßlich, mißgeschaffen, lasterhaft, ungesittet, albern, grob und unartig; eine Mißgeburt am Leib, und noch schlimmer am Gemüth.

Luciana. Wie mögt ihr denn über so einen eifersüchtig seyn?Man beweint den Verlust eines Uebels nicht, dessen man los worden ist.

Adriana. Ach! ich denk' ihn doch besser als ich sage; mein Herz betet für ihn, ob ihm gleich meine Zunge flucht.

Vierte Scene. (Dromio von Syracus zu den Vorigen.)

Dromio von Syracus

(ausser Athem.)

Hier, geht; der Pult, der Beutel; ich bitt' euch, macht hurtig.

William Shakespeare
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