Die Irrungen

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(Er giebt ihm Schläge.)

Gerichtsdiener. Mein lieber Herr, habt Geduld.

Dromio von Ephesus. Wahrhaftig, es ist an mir, Geduld zu haben; ich bin in der Anfechtung.

Gerichtsdiener. Halt du dein Maul, guter Freund.

Dromio von Ephesus. Beredet ihn vielmehr, daß er seine Hände halte.

Antipholis von Ephesus. Du Hurensohn von einem sinnlosen Galgenschwengel.

Dromio von Ephesus. Ich wollt' ich wäre sinnlos, Herr, so würd' ich eure Schläge nicht fühlen.

Antipholis von Ephesus. Du bist für nichts empfindlich als für Schläge, wie ein andrer Esel auch.

Dromio von Ephesus. Daß ich ein Esel bin, daß ist wahr; das könnt ihr mit meinen langen Ohren beweisen. Ich hab' ihm von meiner Geburts-Stund' an gedient, und habe für alle meine Dienste noch nichts von ihm empfangen, als Ohrfeigen. Wenn mich friert, so wärmt er mich mit Schlägen; wenn mir warm ist, so kühlt er mich mit Schlägen ab; er wekt mich mit Schlägen, wenn ich schlafe; und macht mich mit Schlägen aufstehn, wenn ich size; mit Schlägen treibt er mich zur Thür hinaus, wenn ich ausgehe, und bewillkommt mich wieder mit Schlägen, wenn ich zurükkomme; ich trage seine Schläge auf meinen Schultern, wie eine Bettlerin ihr Kind; und ich denke, wenn er mich lahm geschlagen hat, so werd ich noch damit von Haus zu Haus betteln gehen müssen.

{ed.-* Der Geist dieser Scherze ligt wie durchgängig in diesem Stük, in einem Wortspiel. (End), hat wie das deutsche Wort Ende, mehrere Bedeutungen--(- rope), heißt ein Seil, und (a rope's-end), (ein Ende von einem Seil,) ein Strik. Antipholis befahl dem Dromio (a rope's-end) zu kauffen; da er nun izt fragt, zu was End

(to what end)

schikt ich dich; so antwortet dieser: (to a rope's-end.)}

Neunte Scene. (Adriana, Luciana, die Courtisane und Doctor Zwik, zu den Vorigen.)

Antipholis von Ephesus. Kommt weiter; ich sehe dort meine Frau kommen.

Dromio von Ephesus. (Respice finem), Madam, schaut auf euer End; nehmt euch vor dem Strik in acht --

Antipholis von Ephesus. Willst du das Maul halten.

(Er schlägt ihn wieder.)

Courtisane. Was sagt ihr izt?Ist euer Mann nicht toll?

Adriana. Ich kan nicht mehr daran zweiflen, da er so wild thut. Lieber Doctor Zwik, ihr seyd ein Beschwörer, gebt ihm seine Vernunft wieder, und fordert was ihr nur wollt dafür.

Luciana. Au weh, wie feurig und wild er um sich schaut!

Courtisane. Bemerkt, wie er vor Wuth zittert.

Zwik. Gebt mir eure Hand, damit ich euern Puls befühlen kan.

Antipholis von Ephesus (giebt ihm eine Ohrfeige.) Hier ist meine Hand, die euer Ohr befühlen soll.

Zwik. Ich beschwöre dich, Satan, der du diesen Mann besessen hast, bey allen Heiligen des Himmels beschwör' ich dich, auszufahren, und in deinen Ort der Finsterniß straks zurük zu kehren.

Antipholis von Ephesus. Stille, wahnwiziger Hexenmeister, ich bin nicht toll.

Adriana. O wollte Gott, du wär'st es nicht, arme verrükte Seele!

Antipholis von Ephesus. Ihr Schäzgen, ihr, sind das eure Gesellschafter?War es dieser Geselle mit dem saffrangelben Gesicht hier, der heut in meinem Hause mit euch schmaußte und lustig machte, indessen daß die Thüre schändlicher Weise vor mir verschlossen, und der Eingang in mein Haus mir mit Gewalt verwehrt wurde?

Adriana. O mein lieber Mann, Gott weiß, daß ihr bey Hause zu Mittag gegessen habt; wollte der Himmel ihr wäret dort geblieben, und hättet euch nicht so öffentlich auf der Strasse in ein böses Geschrey gebracht.

Antipholis von Ephesus (zu Dromio.) Aß ich in meinem Hause zu Mittag, Galgenschwengel?Was sagst du?

Dromio von Ephesus. Herr, die Wahrheit zu sagen, ihr habt nicht bey Hause zu Mittag gegessen.

Antipholis von Ephesus. Waren meine Thüren nicht verriegelt, und wurd' ich nicht ausgesperrt?

Dromio von Ephesus. Parbleu, eure Thüren waren verriegelt, und ihr ausgesperrt.

Antipholis von Ephesus. Und wies sie mich nicht selbst schimpflich ab?

Dromio von Ephesus. Scherz (à part), sie wies euch schimpflich ab.

Antipholis von Ephesus. Schimpfte und verspottete mich nicht ihr Küchen-Mensch?

Dromio von Ephesus. Ma foi, die Küchen-Vestalin verspottete euch.

William Shakespeare
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