Oberon. Titania, Wie kannst du dich vermessen, anzuspielen Auf mein Verständnis mit Hippolyta? Da du doch weißt, ich kenne deine Liebe Zum Theseus? Locktest du im Dämmerlichte Der Nacht ihn nicht von Perigunen weg, Die er vorher geraubt? Warst du nicht schuld, Daß er der schönen Ägle Treue brach, Der Ariadne und Antiopa?

Titania. Das sind die Grillen deiner Eifersucht! Und nie seit Sommers Anfang trafen wir Auf Hügeln noch im Tal, im Wald noch Wiese, Am Kieselbrunnen, am beschilften Bach, Noch an des Meeres Klippenstrand uns an Und tanzten Ringel nach des Windes Pfeifen, Daß dein Gezänk uns nicht die Lust verdarb. Drum sog der Wind, der uns vergeblich pfiff, Als wie zur Rache, böse Nebel auf Vom Grund des Meers; die fielen auf das Land Und machten jeden winzgen Bach so stolz, Daß er des Bettes Dämme niederriß. Drum schleppt der Stier sein Joch umsonst, der Pflüger Vergeudet seinen Schweiß, das grüne Korn Verfault, eh seine Jugend Bart gewinnt. Leer steht die Hürd auf der ersäuften Flur, Und Krähen prassen in der siechen Herde. Verschlämmt vom Lehme liegt die Kegelbahn; Unkennbar sind die artgen Labyrinthe Im muntern Grün, weil niemand sie betritt. Den Menschenkindern fehlt die Winterlust; Kein Sang noch Jubel macht die Nächte froh. Drum hat der Mond, der Fluten Oberherr, Vor Zorne bleich, die ganze Luft gewaschen Und fieberhafter Flüsse viel erzeugt. Durch eben die Zerrüttung wandeln sich Die Jahreszeiten; silberhaarger Frost Fällt in den zarten Schoß der Purpurrose; Indes ein würzger Kranz von Sommerknospen Auf Hiems' Kinn und der beeisten Scheitel Als wie zum Spotte prangt. Der Lenz, der Sommer, Der zeitigende Herbst, der zornge Winter, Sie alle tauschen die gewohnte Tracht, Und die erstaunte Welt erkennt nicht mehr An ihrer Frucht und Art, wer jeder ist. Und diese ganze Brut von Plagen kommt Von unserm Streit, von unserm Zwiespalt her; Wir sind davon die Stifter und Erzeuger.

Oberon. So hilf dem ab! Es liegt an dir. Warum Kränkt ihren Oberon Titania? Ich bitte nur ein kleines Wechselkind Zum Edelknaben.

Titania. Gib dein Herz zur Ruh! Das Feenland kauft mir dies Kind nicht ab; Denn seine Mutter war aus meinem Orden Und hat in Indiens gewürzter Luft Gar oft mit mir die Nächte weggeschwatzt. Wir saßen auf Neptunus' gelbem Sand, Sahn nach den Handelsschiffen auf der Flut Und lachten, wenn vom üppgen Spiel des Windes Der Segel schwangrer Leib zu schwellen schien. Dies ahmte sie, mit kleinen Schritten wankend (Ihr Leib trug damals meinen kleinen Junker), Aus Torheit nach und segelt' auf dem Lande Nach Spielereien aus und kehrte, reich An Ware, wie von einer Reise, heim. Doch sie, ein sterblich Weib, starb an dem Kinde, Und ihr zulieb erzieh ich nun das Kind, Und ihr zuliebe geb ich es nicht weg.

Oberon. Wie lange denkt Ihr hier im Hain zu weilen?

Titania. Vielleicht bis nach des Theseus Hochzeitsfest. Wollt Ihr in unsern Ringen ruhig tanzen Und unsre lustgen Mondscheinspiele sehn, So kommt mit uns! Wo nicht: vermeidet mich, Und ich will nie mich nahen, wo Ihr haust.

Oberon. Gib mir das Kind, so will ich mit dir gehn.

Titania. Nicht um dein Königreich.--Ihr Elfen, fort mit mir; Denn Zank erhebt sich, weil' ich länger hier.

(Mit ihrem Gefolge ab.)

Oberon. Gut, zieh nur hin! du sollst aus diesem Walde Nicht eher, bis du mir den Trotz gebüßt. Mein guter Droll, komm her! Weißt du noch wohl, Wie ich einst saß auf einem Vorgebirge Und 'ne Sirene, die ein Delphin trug, So süße Harmonien hauchen hörte, Daß die empörte See gehorsam ward, Daß Sterne wild aus ihren Kreisen fuhren, Der Nymphe Lied zu hören?

Droll. Ja, ich weiß.

Oberon. Zur selben Zeit sah ich (du konntest nicht) Cupido zwischen Mond und Erde fliegen In voller Wehr; er zielt' auf eine holde Vestal', im Westen thronend, scharfen Blicks, Und schnellte rasch den Liebespfeil vom Bogen, Als sollt er hunderttausend Herzen spalten. Allein ich sah das feurige Geschoß Im keuschen Strahl des feuchten Monds verlöschen; Die königliche Priesterin ging weiter In sittsamer Betrachtung, liebefrei; Doch merkt ich auf den Pfeil, wohin er fiele; Er fiel gen Westen auf ein zartes Blümchen, Sonst milchweiß, purpurn nun durch Amors Wunde, Und Mädchen nennen's "Lieb' im Müßiggang". Hol mir die Blum! Ich wies dir einst das Kraut; Ihr Saft, geträufelt auf entschlafne Wimpern, Macht Mann und Weib in jede Kreatur, Die sie zunächst erblicken, toll vergafft. Hol mir das Kraut; doch komm zurück, bevor Der Leviathan eine Meile schwimmt.

William Shakespeare
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