Ophelia (singend.) Sie senkten ihn in kalten Grund hinab, Und manche Thräne blieb auf seinem Grab. Fahr wohl, mein Täubchen!

Laertes. Hättest du deinen Verstand, und strengtest ihn an, mich zur Rache zu bereden, er könnte nicht halb so viel rühren--

Ophelia. Ihr müßt singen--Hinab, hinab--Ihr wißt ja das Lied?--Es war der ungetreue Hausmeister, der seines Herrn Tochter entführte--Hier ist Rosmarin, es ist zum Angedenken; ich bitte dich, Liebe, denk' an mich; und hier sind Vergiß nicht mein--Hier ist Fenchel für euch, und Agley--Hier ist Raute für euch,

(sie theilt im Reden ihre Blumen aus.)

und hier ist welche für mich. Wir könnten sie Gnaden-Kraut oder Sonntags-Kraut nennen; ihr dürft eure Raute wol mit einigem Unterschied tragen. Hier ist eine Maaß-Liebe; ich wollte euch gern einige Veylchen geben, aber sie verwelkten alle, da mein Vater starb: Sie sagen, er hab' ein schönes Ende genommen:

(singend:)

(Denn der Hanserl ist doch mein einziges Leben.)

Laertes. Wer könnte bey einem solchen Anblik geduldig bleiben!

Ophelia. Und kommt er dann nicht wieder zurük? Und kommt er dann nicht wieder zurük? Nein, nein, er ist todt, geh in dein Tod-Bett! Er kommt nicht wieder zurük. Sein Bart war so weiß als Schnee Ganz Silber-farb sein Haupt; Er ist weg, er ist weg, und wir seufzen umsonst; Friede sey mit seiner Seele! Und mit allen Christen-Seelen--Gott behüte euch.

(Sie geht ab.)

Laertes. Seht ihr das, ihr Götter?

König. Laertes, laßt mich euern Schmerz theilen, oder ihr versagt mir mein Recht: Geht wenn ihr zweifelt, leset eure verständigsten Freunde aus, sie sollen Richter zwischen mir und euch seyn: Finden sie daß wir auf irgend eine Art, geradezu oder verdekter Weise, in diese Sache eingeflochten sind--so soll unser Königreich, unsre Krone, unser Leben, und alles was wir unser nennen, euch zur Genugthüung verfallen seyn. Ist es aber nicht, so leihet uns eure Geduld, und wir wollen gemeinschaftlich mit einander arbeiten, eure Rache zu befriedigen.

Laertes. Laßt es so seyn. Die Art seines Todes, seine heimliche Bestattung, ohne Ehren-Zeichen, ohne einiges Gepränge, das seinem Stand gebührt hatte, alle Umstände ruffen so laut, als ob sie von der Erde bis in Himmel gehört werden wollten, daß ich sie in Untersuchung ziehen solle.

König. Das thut: und wo ihr die Beleidigung findet, dahin lasset die Straffe fallen. Ich bitte euch, folget mir.

(Sie gehen ab.)

Achte Scene. (Horatio mit einem Bedienten tritt auf.)

Horatio. Wer sind diese Leute, die mit mir sprechen wollen?

Bedienter. Matrosen, mein Herr; sie sagen, sie haben Briefe für euch.

Horatio. Laß sie hereinkommen--Ich kan nicht begreiffen, aus welchem Theil der Welt ich Briefe bekommen sollte, wenn sie nicht vom Prinzen Hamlet sind. (Einige Matrosen treten auf.)

Matrosen. Gott helfe euch, Herr.

Horatio. Dir auch.

Matrosen. Das wird er auch, wenn er will, Herr--Hier ist ein Brief an euch, Herr--wenn ihr euch Horatio nennt, wie man mir gesagt hat; er kommt von dem Abgesandten, der nach England geschikt wurde.

Horatio (überließt den Brief.) Horatio, wenn du dieses überlesen haben wirst, so verschaffe diesen Leuten Gelegenheit vor den König zu kommen; sie haben Briefe an ihn. Eh wir noch zween Tage auf dem Meere waren, verfolgte uns ein See- Räuber von sehr stattlichem Ansehen. Da wir uns von ihm übersegelt sahen, entschlossen wir uns zur Gegenwehr, und währendem Handgemeng sprang ich zu ihnen an Bord--Augenbliklich liessen sie unser Schiff fahren, und so blieb ich ihr Gefangner. Sie haben mir begegnet, wie Diebe die zu leben wissen; das macht, sie wußten warum, und sie sollen mir's nicht umsonst gethan haben. Mache, daß der König seinen Brief überkommt, und suche mich dann so eilfertig auf, als ob du vor dem Tode lieffest. Ich habe dir Worte ins Ohr zu sagen, die dich taub machen werden; und doch sind sie viel zu leicht für ihren Inhalt. Diese guten Bursche werden dich zu mir bringen. Rosenkranz und Güldenstern sezen ihren Lau

William Shakespeare
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