Indessengefällt doch dem Englischen Parterre kein Stük ihres Shakespearsmehr als dieses. Man sollte sagen, es simpathisiere mit ihnen.Der Humor des Hamlet (Denn das was ihn in dem ganzen Lauf des Stüksbeherrscht, ist viel weniger Leidenschaft als Laune,) diese kalte,raisonnirende oder richtiger zu reden, phantasirende Melancholie,die nur dann und wann in plözliche und eben so schnell wiedersinkende Wind-Stösse von Leidenschaft ausbricht, dieseGleichgültigkeit gegen sein eigens Leben, welche das grosseVorhaben der Rache, wovon seine Seele geschwellt ist, demungefehren Zufall überlaßt, und es nicht der Mühe werth hält einenPlan anzulegen oder Präcautionen zu nehmen, um nicht selbst in denFall seines Feindes verwikelt zu werden--Alles dieses sind Züge, worinn Engländer ihr eignes Bild zu sehr erkennen, um nicht weitstärker davon interessiert zu werden, als durch die idealischenCharakters und die starken soutenierten Leidenschaften der Heldendes Corneille. Shakespears Helden, zumal seine Lieblings- Helden,sind alle (Humoristen), und vermuthlich ist dieses eine Haupt-Ursache, warum ungeachtet Sprache, Sitten und Geschmak sich seitseiner Zeit so sehr verändert haben, dieser Autor doch für seineLandsleute immer neu bleibt, und etwas weit anzügelichers für siehat, als alle die neuern, welche nach französischen Modellengearbeitet haben.}

Vierte Scene. (Oßrik des Königs Hofnarr, kommt dem Hamlet zu melden, der König habe eine Wette mit Laertes angestellt, daß ihm Hamlet im Fechten überlegen sey. Diese Scene ist mit der unübersezlichen Art von Wiz, Wortspielen und Fopperey angefüllt, worinn unser Autor seine damaligen Rivalen eben so weit als an Genie und an wahren Schönheiten hinter sich ließ. Nach einem langen Ball-Spiel mit Wiz, unter welchen einige Satyrische Züge gegen die gezwungene und) precieuse(Hof-Sprache der damaligen Zeit mit einlauffen, fertigt Hamlet den Narren mit der Antwort an den König ab, daß er auf der Stelle bereit sey, den Wett-Kampf mit Laertes zu unternehmen. Bald darauf tritt ein Herr vom Hofe auf, und kündigt an, daß der König, die Königin, und der ganze Hof im Begriff seyen zu kommen und dem Wett-Kampf beyzuwohnen. Er sezt hinzu: Die Königin ersuche den Prinzen, vor Anfang des Gefechts sich eine Weile mit Laertes auf einen freundschaftlichen Fuß zu unterhalten. Hamlet verspricht es zu thun, und der Höfling geht ab.)

Horatio. Ich besorge ihr verliehret die Wette Gnädiger Herr.

Hamlet. Ich glaub es nicht; ich bin, seit dem er nach Frankreich gieng, in beständiger Übung gewesen, ich halte mich des Siegs gewiß. Aber du kanst dir nicht vorstellen, wie übel mir allenthalben hier ums Herz ist--Allein das hat nichts zu bedeuten.

Horatio. Ich denke nicht so, mein liebster Prinz.

Hamlet. Es ist nichts, blosse Kinderey; und doch wär es vielleicht genug, um ein Weibsbild unruhig zu machen.

Horatio. Wenn euch euer Herz eine geheime Warnung giebt, so folgt ihm. Ich will ihnen entgegen gehen, und sagen, ihr seyd izo nicht disponiert.

Hamlet. Nein, nein, ich halte nichts auf Ahnungen; die Vorsehung erstrekt sich bis über den Fall eines Sperlings. Ist es izt, so ist es nicht ein andermal; ist es nicht ein andermal, so ist es izt; und ist es nicht izt, so wird es ein andermal seyn--Alles kommt darauf an, daß man bereit sey.

Fünfte Scene. (Der König, die Königin, Laertes und eine Anzahl Herren vom Hofe, Oßrik und einige Bedienten mit Rappieren und Fecht-Handschuhen. Ein Tisch und Flaschen mit Wein darauf.)

König. Kommt, Hamlet, kommt, und nemmt diese Hand von mir.

(Er giebt ihm des Laertes Hand.)

Hamlet. Ich bitte um eure Vergebung, mein Herr, ich habe euch bleidiget; aber vergebet mirs und versichert mich dessen als ein Edelmann. Alle Gegenwärtigen wissen, und ihr müßt es gehört haben, mit was für einer unglüklichen Gemüths-Krankheit ich gestraft bin. Was ich gethan habe, das in euch Natur, Ehre und Rache gegen mich aufreizen möchte, hat, ich erklär' es hier öffentlich, meine Raserey gethan; Es war nicht Hamlet der euch beleidigte--Hamlet war nicht er selbst, da er es that, er verabscheut die That seiner Raserey; sie ist der Beleidiger, er auf der Seite der Beleidigten; seine Raserey ist des armen Hamlets Feind.

William Shakespeare
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