Julius Cäsar

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Erster Bürger. Ja, und kürzlich.

Vierter Bürger. Ja, und weislich.

Dritter Bürger. Ja, und ehrlich, das raten wir Euch.

Cinna. Wie ist mein Name? Wohin gehe ich? Wo wohne ich? Bin ich verheiratet oder ein Junggesell? Also um jedem Manne unverzüglich und kürzlich, weislich und ehrlich zu antworten, sage ich weislich: ich bin ein Junggesell.

Zweiter Bürger. Das heißt soviel: wer heiratet, ist ein Narr. Dafür Denke ich Euch eins zu versetzen. Weiter, unverzüglich!

Cinna. Unverzüglich gehe ich zu Cäsars Bestattung.

Erster Bürger. Als Freund oder Feind?

Cinna. Als Freund.

Zweiter Bürger. Das war unverzüglich beantwortet.

Vierter Bürger. Eure Wohnung, kürzlich!

Cinna. Kürzlich, ich wohne beim Kapitol.

Dritter Bürger. Euer Name, Herr! ehrlich!

Cinna. Ehrlich, mein Name ist Cinna.

Erster Bürger. Reißt ihn in Stücke! Er ist ein Verschworner.

Cinna. Ich bin Cinna, der Poet! Ich bin Cinna, der Poet!

Vierter Bürger. Zerreißt ihn für seine schlechten Verse! Zerreißt ihn für seine schlechten Verse!

Cinna. Ich bin nicht Cinna, der Verschworne.

Vierter Bürger. Es tut nichts! sein Name ist Cinna; reißt ihm den Namen aus dem Herzen und laßt ihn laufen.

Dritter Bürger. Zerreißt ihn! Zerreißt ihn! Kommt, Brände! Heda, Feuerbrände! Zum Brutus! Zum Cassius! Steckt alles in Brand! Ihr zu des Decius Hause! Ihr zu des Casca! Ihr zu des Ligarius! Fort! Kommt!

(Alle ab.)

Vierter Aufzug

Erste Szene Rom. Ein Zimmer des Antonius

Antonius, Octavius und Lepidus, an einem Tische sitzend

Antonius. Die müssen also sterben, deren Namen Hier angezeichnet stehn.

Octavius. Auch Euer Bruder Muß sterben, Lepidus. Ihr willigt drein?

Lepidus. Ich willge drein.

Octavius. Zeichn ihn, Antonius.

Lepidus. Mit dem Beding, daß Publius nicht lebe, Der Eurer Schwester Sohn ist, Mark Anton.

Antonius. Er lebe nicht; sieh her, ein Strich verdammt ihn. Doch Lepidus, geht Ihr zu Cäsars Haus, Bringt uns sein Testament; wir wollen sehn, Was an Vermächtnissen sich kürzen läßt.

Lepidus. Wie? Soll ich hier euch finden?

Octavius. Hier oder auf dem Kapitol. (Lepidus ab.)

Antonius. Dies ist ein schwacher, unbrauchbarer Mensch, Zum Botenlaufen nur geschickt. Verdient er, Wenn man die dreibenannte Welt verteilt, Daß er als dritter Mann sein Teil empfange?

Octavius. Ihr glaubtet es und hörtet auf sein Wort, Wen man im schwarzen Rate unsrer Acht Zum Tode zeichnen sollte.

Antonius. Octavius, ich sah mehr Tag' als Ihr. Ob wir auf diesen Mann schon Ehren häufen, Um manche Last des Leumunds abzuwälzen, Er trägt sie doch nur wie der Esel Gold, Der unter dem Geschäfte stöhnt und schwitzt, Geführt, getrieben, wie den Weg wir weisen; Und hat er unsern Schatz, wohin wir wollen, Gebracht, dann nehmen wir die Last ihm ab Und lassen ihn als ledgen Esel laufen, Daß er die Ohren schütteln mög und grasen Auf offner Weide.

Octavius. Tut, was Euch beliebt; Doch ist er ein geprüfter, wackrer Krieger.

Antonius. Das ist mein Pferd ja auch, Octavius, Dafür bestimm ich ihm sein Maß von Futter. Ist's ein Geschöpf nicht, das ich lehre fechten, Umwenden, halten, grade vorwärts rennen, Des körperliches Tun mein Geist regiert? In manchem Sinn ist Lepidus nichts weiter: Man muß ihn erst abrichten, lenken, mahnen; Ein Mensch von dürftgem Geiste, der sich nährt Von Gegenständen, Künsten, Nachahmungen, Die, alt und schon von andern abgenutzt, Erst seine Mode werden. Sprecht nicht anders Von ihm als einem Werkzeug nur.--Und nun, Octavius, vernehmet große Dinge: Brutus und Cassius werben Völker an, Wir müssen ihnen stracks die Spitze bieten; Drum laßt die Bundsgenossen uns versammeln, Die Freunde sichern, alle Macht aufbieten; Und laßt zu Rat uns sitzen alsobald, Wie man am besten Heimliches entdeckt Und offnen Fährlichkeiten sicher trotzt.

Octavius. Das laßt uns tun; denn uns wird aufgelauert, Und viele Feinde bellen um uns her; Und manche, so da lächeln, fürcht ich, tragen Im Herzen tausend Unheil.

William Shakespeare
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