König Johann. Geh, Faulconbridge, du hast nun was du wünschtest; ein güterloser Ritter macht dich zu einem begüterten Junker. Kommt, Madam; komm, Richard, wir müssen nach Frankreich eilen, nach Frankreich, es ist höchste Zeit.

Philipp. Bruder, leb wohl; ich wünsche dir viel Glüks, denn du bist mit Erlaubniß der Geseze auf die Welt gekommen.

(Alle gehen ab, bis auf Philipp.)

Dritte Scene.

Philipp. Meine Ehre steht nun auf einem bessern Fuß als zuvor, aber mein Vermögen hat sich um manchen Fuß Landes verschlimmert. Sey es dann; izt kan ich doch ein jedes Gretchen zu einer Lady machen--"Guten Tag, Sir Richard"--Grossen Dank, Camerad--und wenn er Görge heißt, kan ich ihn Peter nennen; denn neugebakner Adel vergißt der Leute Nahmen; man würde zuviel vergeben, wenn man noch auf solche Kleinigkeiten acht haben wollte, und solche Leute sind nicht fein genug für eure Gesellschaft. Izt ist der gereißte Mann* meiner Gnaden Tisch-Genosse, er und sein Zahnstocher; und wenn mein ritterlicher Magen angefüllt ist, nun dann saug' ich an meinen Zähnen, und catechisire meinen Spizbart aus fremden Ländern-- (Mein werther Herr), (so fang ich auf meinen Ellenbogen gestüzt an,) (darf ich euch bitten)--das ist nun die Frage; und dann kommt gleich die Antwort wie ein ABC-Buch: (O mein Herr,) sagt die Antwort, (ich bin gänzlich zu euerm Befehl, zu euern Diensten, ganz der Eurige, mein Herr--Nein, mein Herr,)sagt die Frage, (ich, mein werthester Herr, bin der Eurige;)und so, eh die Antwort recht gehört hat was die Frage will, wartet sie euch schon mit einem Dialogus von Complimenten auf, spricht dann von Alpen und Apenninen, von den Pyrenäen und dem Flusse Po, und weiß das Gespräch so lange hinaus zu ziehen, bis es vom Abend-Essen abgebrochen wird. Das ist polite Gesellschaft, die sich für einen emporstrebenden Geist, wie der meinige, schikt! Denn der ist nur ein Bastard der Zeit, der die Kunst nicht versteht sich beliebt zu machen, und nicht nur in seiner äusserlichen Gestalt, in seinem Aufzug und in seinen Manieren, dem Geschmak seiner Zeit schmeichelt; sondern auch aus einer innerlichen Quelle den süssen, süssen, süssen Gift, der den Gaumen der Leute so reizend küzelt, von sich zu geben weiß. Eine Kunst, die ich zwar nicht ausüben will, um andre zu betrügen, aber die ich zu lernen gedenke, damit ich von andern nicht betrogen werde. Sie soll die Stuffen meiner Erhöhung mit Blumen bestreuen. Aber wer kommt hier so eilfertig, in Reit-Kleidern? Was für ein weiblicher Courier ist diß? Hat sie keinen Mann, der die Müh nehmen mag, ein Horn vor ihr her zu blasen? Himmel, es ist meine Mutter! Nun, meine werthe Lady, was bringt euch so eilfertig nach Hofe?

{ed.-* Es ist bekannt, daß damals alle Welt auf Abentheuer ausgieng, und gereißte Leute in größtem Ansehn stuhnden, und, wie bey unsern Nachbarn die (Beaux-Esprits), das Recht hatten, sich bey grossen Herren zu Gaste zu laden.}

Vierte Scene. (Lady Faulconbridge, und Jacob Gurney treten auf.)

Lady. Wo ist der Sclave, dein Bruder; wo ist er, der sich erfrecht meine Ehre öffentlich anzutasten?

Philipp. Mein Bruder Robert, des alten Sir Roberts Sohn, Colbrand, der Riese, der nemliche gewaltige Mann; ist es Sir Robert's Sohn, den ihr sucht?

Lady. Sir Roberts Sohn? Ja, du unehrerbietiger Junge, Sir Roberts Sohn; warum spottest du über Sir Roberten?

Philipp. Jacob Gurney, willt du so gut seyn, und uns ein wenig allein lassen?

Gurney. Von Herzen gerne, mein lieber Philipp.

Philipp. Philipp!--Verschone mich, Jacob; es sind kurzweilige Dinge heraus gekommen; hernach ein mehrers davon.

(Jacob geht ab.)

Gnädige Frau, ich war nie des alten Sir Roberts Sohn; Sir Robert hätte seinen Theil an mir an einem Charfreytag essen können, ohne daß er seine Fasten gebrochen hätte. Sir Robert war ein ganz wakrer Mann; aber, meiner Treu, bekennt die Wahrheit! Hätt' er mich machen können? Das konnte Sir Robert nicht; wir kennen seine Arbeit. Sagt mir also, liebe Mutter, wem bin ich für diese Figur verpflichtet? Sir Robert konnte nimmermehr so ein Bein machen helfen?

Lady. Hast du dich auch mit deinem Bruder wider mich verschworen? Du, der um deines eignen Vortheils willen meine Ehre vertheidigen sollte? Was soll dieses Gespötte bedeuten, du höchst unbesonnener Bube?

Philipp. Ritter, Ritter, liebe Mutter--und Basilisco* ähnlich.

William Shakespeare
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