Empfehlet mich einem gewissen Hubert, der bey euerm König ist; meine Liebe zu ihm, und die Erinnerung, daß mein Großvater ein Engländer war, wekte mein Gewissen zu diesem Bekenntniß auf. Bringet mich nun, ich bitte euch, dafür aus dem Getümmel des Feldes an einen Ort, wo ich den Rest meiner Gedanken in Ruhe ausdenken, und unter andächtigen Betrachtungen und Seufzern meine Seele von diesem Leibe trennen kan.

Salisbury. Wir glauben dir, und, auf meine Seele, ich bin erfreut über diese günstige Gelegenheit, zu unsrer Schuldigkeit und zu unserm Könige zurük zu kehren. Mein Arm soll dir beystehen, dich von hier hinweg zu tragen, denn ich seh den ringenden Tod in deinen Augen. Hinweg, meine Freunde, und von neuem auf die Flucht; doch glükliche Flucht, die uns zu unsrer Pflicht zurük bringt!

(Sie gehen ab, und tragen Melun hinweg.)

Siebende Scene. (Verwandelt sich in einen andern Theil des Französischen Lagers.) (Ludwig und sein Gefolge treten auf.)

Ludwig. Die Sonne däuchte mich, wollte heute nicht untergehen, sondern blieb stehn, und machte die westlichen Wolken erröthen, da die Engländer in muthlosem Weichen ihren eignen Boden zurükmassen; o wir beschlossen den Tag auf eine rühmliche Art, da wir ihnen mit einer vollen Ladung unsers, zwar unnöthigen, Geschüzes, nach einer so blutigen Arbeit, gute Nacht sagten, und unsre zerfezten Fahnen ruhig aufwanden, die lezten im Felde, und allerdings Meister davon--

(Ein Bote zu den Vorigen.)

Bote. Wo ist mein Prinz, der Dauphin.

Ludwig. Hier; was bringst du Neues?

Bote. Der Graf von Melun ist erschlagen; die Englischen Lords sind durch seine Vorstellungen zum Abfall bewogen worden; und die Verstärkung, die ihr so lange gewünscht habt, ist auf den Sandbänken zu Godwin zu Grunde gegangen.

Ludwig. O schlimme, verdrießliche Zeitungen! So verdrießlich dacht' ich diese Nacht nicht zu seyn, als ich es izt bin. Wer war der, welcher sagte, König Johann sey geflohen, eine oder zwo Stunden, eh die Nacht beyde Armeen schied?

Bote. Wer es auch gesagt hat, hat die Wahrheit gesagt, Gnädigster Herr.

Ludwig. Gut; haltet gute Wache diese Nacht über; der Tag soll nicht so schnell seyn als ich, um es morgen noch einmal zu wagen.

(Sie gehen ab.)

Achte Scene. (Ein freyer Plaz, unweit der Abtey zu Swinstead.) (Faulconbridge und Hubert treten von verschiednen Seiten auf.)

Hubert. Wer ist hier? Sprich! he! Rede augenbliklich, oder ich gebe Feuer.

Faulconbridge. Ein Freund. Wer bist du?

Hubert. Von der Englischen Parthey.

Faulconbridge. Und wohin gehst du?

Hubert. Was geht das dich an? Frag ich dich denn nach deinen Verrichtungen, daß du nach den meinigen fragst?

Faulconbridge. Ich denke, du bist Hubert.

Hubert. Du denkst richtig; ich will nun, auf alle Gefahr hin, glauben, du seyest mein Freund, da du meine Stimme so gut kennest. Wer bist du?

Faulconbridge. Was du willt; wenn du magst, so kanst du mir die Ehre anthun, und denken, daß ich gewisser Maassen ein Plantagenet bin.

Hubert. Ha! daß ich dich mißkennen konnte! Du und die augenlose Nacht haben mich beschämt; tapfrer Kriegsheld, vergieb mir, daß der wohlbekannte Ton deiner Stimme meinem Ohr fremde klingen konnte.

Faulconbridge. Kommt, kommt, (sans compliment;) was giebt es Neues?

Hubert. Ich war im Begriff, euch aufzusuchen.

Faulconbridge. So mach' es kurz; was hast du Neues?

Hubert. O mein werther Herr, eine Zeitung, die sich für die Nacht schikt, schwarz, gefahrvoll, trostlos und schreklich.

Faulconbridge. Zeige mir ohne Umstände die Wunde deiner schlimmen Zeitung; ich bin kein Weibsbild, ich will nicht darüber in Unmacht fallen.

Hubert. Der König ist, wie ich besorge, von einem Mönchen vergiftet worden; ich verließ ihn beynahe sprachlos, und eilte sogleich fort, um euch von diesem Unfall zu benachrichtigen; damit ihr euch desto besser auf die Folgen desselben gefaßt machen könnet, als wenn ihr zu spät von ihm überraschet würdet.

Faulconbridge. Wie bekam er das Gift? Wer credenzte ihm?

Hubert. Ein Mönch, wie ich euch sagte; ein entschlossener Bösewicht, dem die Gedärme sogleich davon geborsten sind.

William Shakespeare
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