Harlequin. Mahlen, Herr, hab ich sagen gehört, ist eine Kunst, und da eure H**, welche sich sehr gut auf das Mahlen verstehen, Mitglieder meiner Zunft sind, so ist also bewiesen, daß meine Beschäftigung eine Kunst ist; aber was für eine Kunst--im Hängen seyn sollte, wenn ich gehenkt würde, kan ich mir nicht vorstellen-- ** (Der Kerkermeister kommt zurük.)

{ed.-** Hier ist, nach Herrn Warbürtons Anmerkung, eine ziemliche Lüke im Original, welche auch die zwey Reden, die noch übrig sind, ganz unverständlich macht. Es verlohnt sich der Mühe nicht, diese Scene ergänzen zu wollen, da sie selbst nach Warbürtons darauf übelangewandter Arbeit ein abgeschmaktes Gewebe von albernen Wortspielen bleibt.}

Kerkermeister. Seyd ihr mit einander übereingekommen?

Harlequin. Herr, ich bin entschlossen, sein Knecht zu seyn; denn es däucht mich, ein Henker zu seyn ist ein bußfertigeres Gewerbe als ein H** Wirth zu seyn; er bittet öfter um Verzeihung.

Kerkermeister. Macht euern Blok und euer Beil zu rechte, bis morgen um vier Uhr.

Abhorson. Komme mit, H**bube, ich will dir zeigen wie du dich zu deinem neuen Handwerk anschiken must; folge mir.

Harlequin. Ich bin sehr lehrbegierig, Herr; und ich hoffe, wenn ihr etwann Gelegenheit bekommen solltet, mich für euch selbst zu gebrauchen, ihr werdet mich eifrig finden; Eure Gewogenheit für mich verdient wahrhaftig keine geringere Dankbarkeit von meiner Seiten.

(Sie gehen ab.)

Kerkermeister. Ruft Claudio und Bernardin hieher; mit dem einen hab' ich Mitleiden; mit dem andren, der ein Mörder ist, nicht ein Jot, und wenn er mein Bruder wäre.

Sechste Scene. (Claudio kommt herein.)

Kerkermeister. Siehe hier, Claudio, dein Todesurtheil; es ist izt Mitternacht, und bis morgen um acht Uhr must du unsterblich gemacht werden. Wo ist Bernardin?

Claudio. So stark vom Schlaf gefesselt als ob er unschuldig wäre, und nichts zu befürchten hätte. Er wird nicht aufzuweken seyn.

Kerkermeister. Und was würd' es ihm auch helfen; er ist ein verhärteter Bube--Gut, begebt euch wieder weg und bereitet euch.

(Claudio geht ab.)

Still! was für ein Getöse ist das?--der Himmel stärke euch!--Ich komme--Hoffentlich ist es Begnadigung, oder doch einiger Aufschub für den wakern Claudio--Willkommen, Vater. (Der Herzog kommt herein.)

Herzog. Die besten und heilsamsten Geister der Nacht steigen auf euch herab, wakrer Kerkermeister! Wer klopfte seit einiger Zeit hier an?

Kerkermeister. Niemand, seitdem die Nachtgloke geläutet worden.

Herzog. Nicht Isabella?

Kerkermeister. Nein.

Herzog. So wird sie doch nicht lange mehr ausbleiben.

Kerkermeister. Was für Hoffnung haben wir für den Claudio?

Herzog. Es ist noch nicht alle verlohren.

Kerkermeister. Der Statthalter ist ein harter Mann.

Herzog. Nicht so, nicht so; sein Leben lauft mit seiner strengen Gerechtigkeit in gleicher Linie: Mit der Enthaltung eines Heiligen bezwingt er den Trieb in ihm selbst, dessen Ausschweiffungen sein Amt an andern strafen muß. Ja, dann wenn er selbst ausübte, was er an andern straft, dann wär' er tyrannisch; aber so wie er ist, ist er gerecht--Nun kommen sie.

(Man hört an der Thüre klopfen. Der Kerkermeister geht hinaus.)

Dieser Kerkermeister ist ein wakrer Mann; es ist etwas seltnes an einem Mann von seinem Beruf, ein Menschenfreund zu seyn. Aber was giebts? Was für ein Getöse? Das muß ein hastiger Geist seyn, der so ungestüm an der Thüre pocht. (Der Kerkermeister kommt zurük.)

Kerkermeister. Er kan warten, bis der Wächter wieder kommt, der ihn hineinführen soll; er ist abgeruffen worden.

Herzog. Habt ihr noch keinen Gegenbefehl wegen des Claudio? Muß er morgen sterben?

Kerkermeister. Keinen, ehrwürdiger Herr, keinen.

Herzog. Es fängt schon an zu dämmern, Kerkermeister; ihr werdet, eh es Morgen seyn wird, mehr hören.

Kerkermeister. Wie glüklich wär's, wenn ihr etwas wißtet; aber ich fürchte, es kommt kein Gegenbefehl; wir haben kein solch Exempel; und zudem, so hat der Stadthalter, auf dem Thron der Gerechtigkeit selbst, und vor den Ohren des ganzen Volks das Gegentheil versichert.

William Shakespeare
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