Macbeth

Page 19

Doch Stille! denn um etlicher freymüthiger Worte willen, und weil er bey des Tyrannen Gastmal nicht erschienen ist, fiel, wie ich höre, Macduff in Ungnade. Könnt ihr mir sagen, Sir, wo er sich dermalen aufhält?

Lord. Duncans Sohn, dessen angebohrnes Recht der Tyrann vorenthält, lebt am Englischen Hof, und empfängt von dem frommen Eduard so viele Freundschaft und Ehren-Bezeugungen, daß die Mißgunst des Glüks ihm nichts von seinem hohen Ansehen entwendet zu haben scheint. Dahin ist nun auch Macduff abgegangen, um den König zu bitten, daß er Northumberland und den tapfern Siward zu seinem Beystand weken möchte, damit wir, nächst dem, der über uns seinen allmächtigen Beyfall dazu geben wird, mit ihrer Hülfe unsern Tischen wieder Speise, und unsern Nächten Schlaf geben, mördrische Dolche von unsern Festen und Gastmählern entfernen, einem rechtmäßigen Herrn dienen, und ehrenvolle Belohnungen empfangen mögen. Die Nachricht von allem diesem hat den Tyrannen so erbittert, daß er schleunige Kriegs-Zurüstungen macht.

Lenox. Schikte er nach Macduff?

Lord. Ja, und mit einem unbedingten "Sir, ich nicht", dreht mir der mißvergnügte Abgeschikte seinen Rüken und murmelt, als wollt' er sagen: ihr werdet euch die Stunde reuen lassen, da ihr mich mit dieser Antwort beladen zurükschiktet.

Lenox. Er mag sich das zu einer Erinnerung dienen lassen, sich so weit zu entfernen, als er immer kan. Irgend ein heiliger Engel fliege nach Englands Hof, und entfalte sein Anbringen eh er kommt; damit schleunige Rettung diesem unserm leidenden Vaterland zu Hülf eile, dem eine verfluchte Hand Verderben droht.

Lord. Ich will ihm mein Gebet nachsenden.

(Sie gehen ab.)

Vierter Aufzug.

Erste Scene. (Eine finstre Höle; in deren Mitte ein grosser Kessel über einem Feuer steht.)

(Donner und Blize. Die drey Hexen treten auf, und ermuntern sich zu ihrem Vorhaben; alsdann gehen sie unter einem seltsamen Zauber- Spruch rund um den Kessel herum, und werfen die mancherley Ingredienzien zu ihrer Bezauberung, (z. ex. Frosch-Zehen, Otter- Zungen, Eidexen-Beine, Fledermaus-Haar, Wolfs-Zahn, Schierlings- Wurzeln, Ziegen-Galle, die Leber von einem Juden, die Nase von einem Türken, und die Lippe von einem Tartar u.s.w.) in den Kessel; nachdem alles genug gekocht hat, wird das) Decoctum (mit eines Säuglings Blut abgekühlt, und das Zauberwerk ist fertig. Hierauf erscheint Hecate mit drey andern Hexen, giebt ihren Beyfall zu dem was gemacht worden, und befiehlt ihnen, einen Tanz und Gesang um den Kessel anzufangen; dieses geschieht mit Musik, und hierauf erscheint in der)

Zweyten Scene (Macbeth.)

Macbeth. Wie geht's, ihr geheimnißreichen, schwarzen, mitternächtlichen Unholden? Was macht ihr da?

Alle. Ein Werk ohne Namen.

Macbeth. Ich beschwöre euch bey dem, den ihr verehrt, antwortet mir, durch was für Mittel ihr auch dazu gelangen möget; müßtet ihr gleich die Winde entfesseln, und sie gegen Kirchen kämpfen lassen; müßten gleich die schäumenden Wellen im allgemeinen Sturm die ganze Schiffahrt verschlingen, Schlösser über die Häupter ihrer Hüter einstürzen, und Paläste und Pyramiden ihren Gipfel bis zu ihrem Grund niederbeugen; ja müßte die ganze Natur darüber zusammenfallen. Antwortet mir auf das, was ich euch frage.

1. Hexe. Rede!

2. Hexe. Frage!

3. Hexe. Wir wollen antworten.

1. Hexe. Sag, ob du die Antwort lieber aus unserm Mund, oder von unsern Meistern hören willt?

Macbeth. Ruft sie, ich will sie sehen.

1. Hexe. Nehmt Blut von einer Sau, die ihre neun Ferkel gefressen hat, und Fett, das vom Galgen eines Mörders getrieft, und werft es in die Flamme.

Alle. Komm, wer du auch seyst, und zeige dich und deine Schuldigkeit.

(Donner und Bliz.)

(Eine Erscheinung von einem bewafneten Haupt steigt aus dem Boden empor.)

Macbeth. Sage mir, du unbekannte Macht--

1. Hexe. Er weiß schon deine Gedanken; höre was er sagt, aber du rede nichts.

Erscheinung. Macbeth! Macbeth! Macbeth! Hüte dich vor Macduff ! Hüte dich vor dem Than von Fife!--Entlaßt mich--Genug!

(Die Erscheinung steigt wieder herab.)

Macbeth. Wer du auch seyn magst, ich danke dir für deine Warnung.

William Shakespeare
Classic Literature Library

All Pages of This Book