Romeo und Julia

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GREGORIO Nur gut, daß du nicht Fisch bist, sonst wärst du ein ärmlicher Dörr-Hering.--Zieh nur gleich vom Leder: Da kommen zwei aus dem Hause der Montagues.

(Abraham und Balthasar treten auf.)

SIMSON Hier, meine Waffe ist blank. Fang nur Händel an, ich will den Rücken decken.

GREGORIO Den Rücken? Willst du Reißaus nehmen?

SIMSON Fürchte nichts von mir!

GREGORIO Ne, wahrhaftig! Ich dich fürchten?

SIMSON Laß uns das Recht auf unsrer Seite behalten, laß sie anfangen!

GREGORIO Ich will ihnen im Vorbeigehn ein Gesicht ziehen, sie mögens nehmen, wie sie wollen.

SIMSON Wie sie wagen, lieber. Ich will ihnen einen Esel bohren; wenn sie es einstecken, so haben sie den Schimpf.

(Abraham und Balthasar treten auf.)

ABRAHAM Bohrt Ihr uns einen Esel, mein Herr?

SIMSON Ich bohre einen Esel, mein Herr.

ABRAHAM Bohrt Ihr uns einen Esel, mein Herr?

SIMSON Ist das Recht auf unsrer Seite, wenn ich ja sage?

GREGORIO Nein.

SIMSON Nein, mein Herr! Ich bohre Euch keinen Esel, mein Herr. Aber ich bohre einen Esel, mein Herr.

GREGORIO Sucht Ihr Händel, mein Herr?

ABRAHAM Händel, Herr? Nein, mein Herr.

SIMSON Wenn Ihr sonst Händel sucht, mein Herr: ich steh zu Diensten. Ich bediene einen ebenso guten Herrn wie Ihr.

ABRAHAM Keinen bessern.

SIMSON Sehr wohl, mein Herr!

(Benvolio tritt auf.)

GREGORIO Sag: einen bessern; hier kommt ein Vetter meiner Herrschaft.

SIMSON Ja doch, einen bessern, mein Herr.

ABRAHAM Ihr lügt!

SIMSON Zieht, falls ihr Kerls seid! Frisch, Gregorio! denk mir an deinen Schwadronierhieb.

(Sie fechten. Benvolio tritt auf.)

BENVOLIO Ihr Narren, fort! Steckt eure Schwerter ein; Ihr wißt nicht, was ihr tut.

(Er schlägt ihre Schwerter nieder. Tybalt tritt auf.)

TYBALT Was? Ziehst du unter den verzagten Knechten? Hieher, Benvolio! Biet die Stirn dem Tode!

BENVOLIO Ich stifte Frieden, steck dein Schwert nur ein! Wo nicht, so führ es, diese hier zu trennen!

TYBALT Was? Ziehn und Friede rufen? Wie die Hölle Haß ich das Wort, wie alle Montagues Und dich! Wehr dich, du Memme!

(Sie fechten. Verschiedene Anhänger beider Häuser kommen und mischen sich in den Streit; dann Bürger mit Knütteln.)

ERSTER BÜRGER He! Spieß' und Stangen her!--Schlagt auf sie los! Weg mit den Capulets!--Weg mit den Montagues!

(Capulet im Schlafrock und Gräfin Capulet.)

CAPULET Was für ein Lärm?--Holla, mein langes Schwert!

GRÄFIN CAPULET Nein, Krücken, Krücken! Wozu soll ein Schwert!

CAPULET Mein Schwert, sag ich! Der alte Montague Kommt dort und schwingt die Klinge mir zum Hohn.

(Montague und Gräfin Montague.)

MONTAGUE Du Schurke Capulet!--

MONTAGUE Schon manchen Morgen ward er dort gesehn, Wie er den frischen Tau durch Tränen mehrte Und, tief erseufzend, Wolk an Wolke drängte. Allein sobald im fernsten Ost die Sonne, Die allerfreunde, von Auroras Bett Den Schattenvorhang wegzuziehn beginnt, Stiehlt vor dem Licht mein finstrer Sohn sich heim Und sperrt sich einsam in sein Kämmerlein, Verschließt dem schönen Tageslicht die Fenster Und schaffet künstlich Nacht um sich herum. In schwarzes Mißgeschick wird er sich träumen, Weiß guter Rat den Grund nicht wegzuräumen.

BENVOLIO Mein edler Oheim, wisset Ihr den Grund?

MONTAGUE Ich weiß ihn nicht und kann ihn nicht erforschen.

BENVOLIO Lagt Ihr ihm jemals schon deswegen an?

MONTAGUE Ich selbst sowohl als mancher andre Freund. Doch er, der eignen Neigungen Vertrauter, Ist gegen sich, wie treu, will ich nicht sagen, Doch so geheim und in sich selbst gekehrt, So unergründlich forschendem Bemühn Wie eine Knospe, die ein Wurm zernagt, Eh sie der Luft ihr zartes Laub entfalten Und ihren Reiz der Sonne weihen kann. Erführen wir, woher sein Leid entsteht, Wir heilten es so gern, als wirs erspäht.

(Romeo erscheint in einiger Entfernung.)

BENVOLIO Da kommt er, seht! Geruht, uns zu verlassen; Galt ich ihm je was, will ich schon ihn fassen.

MONTAGUE O beichtet' er für dein Verweilen dir Die Wahrheit doch!--Kommt, Gräfin, gehen wir!

(Montague und Gräfin Montague gehen ab.

William Shakespeare
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