So, sagte mein Mann, fällst du auf die Nase? Du wirst rükwärts fallen, wenn du älter wirst, wirst du nicht, Julchen? Und da schwieg es, und sagte, Ay.

Juliette. Und schweig du auch, ich bitte dich, Amme, sag ich.

Amme. Still, ich bin fertig: Gott zeichne dich zu seinem Segen aus! Du warst das holdseligste Kind, das ich gesäugt habe; und wenn ich nur so lange lebe, daß ich dich verheurathet sehe, so wünsch' ich mir nichts mehr.

Lady Capulet. Diese Heurath ist eben die Sache, wovon ich reden wollte. Sagt mir, Tochter Juliette, habt ihr Lust zum Heurathen?

Juliette. Es ist eine Ehre, von der ich mir nicht träumen lasse.

Amme. Eine Ehre? Wenn ich nicht deine leibliche Amme wäre, so würd' ich sagen, du habst die Weisheit mit der Milch eingezogen.

Lady Capulet. Gut, es ist nun Zeit daran zu denken; es giebt hier in Verona jüngere als ihr, und Frauenzimmer von Stand und Ansehen, die schon Mütter sind. Bey meiner Ehre, in dem Alter worinn ihr noch ein Mädchen seyd, war ich schon eure Mutter. Ich will's also kurz machen, und euch sagen, daß sich der junge Paris um euch bewirbt.

Amme. Ein Mann, junges Fräulein, ein Mann, dessen gleichen in der ganzen Welt--Sapperment! es ist ein Mann wie in Wachs boßiert.

Lady Capulet. Verona's Sommer hat keine schönere Blume.

Amme. Das ist wahr, er ist eine Blume; mein Treu, eine wahre Blume.

Lady Capulet. Was sagt ihr dazu? Gefällt euch der Cavalier? Ihr werdet ihn diese Nacht bey unserm Gastmahl sehen; beobachtet ihn recht, ihr werdet gestehen müssen, daß nichts liebenswürdigers seyn kan. Er ist eurer würdig, und wird euch glüklich machen*--Doch, ihr habt ihn ja sonst schon gesehen; sagt, mit einem Wort, könnt ihr euch seine Liebe gefallen lassen?

{ed.-* Man hat gut gefunden diese Rede zu verändern und abzukürzen. Sie ist im Original die Grundsuppe der abgeschmaktesten Art von Wiz, und des Characters einer Mutter äusserst unwürdig. Pope scheint zu vermuthen, daß sie von Schauspielern eingeflikt worden sey.}

Juliette. Ich will ihn erst genauer betrachten; alles was ich izt sagen kan, ist, daß meine Augen allezeit durch euern Willen geleitet werden sollen. (Ein Bedienter zu den Vorigen.)

Bedienter. Gnädige Frau, die Gäste sind angekommen, das Essen ist aufgetragen, man wartet auf Euer Gnaden und mein junges Fräulein, man flucht auf die Amme im Speißgewölbe, und alles ist in der Extremität. Ich muß wieder zur Aufwartung; ich bitte euch, kommet augenbliklich.

Lady Capulet. Wir kommen--Juliette, es wird den Grafen nach dir verlangen.

Amme. Geh, Mädchen, und suche zu deinen guten Tagen auch glükliche Nächte. (Sie gehen ab.)

Fünfte Scene. (Eine Strasse vor Capulets Haus.) (Romeo, Mercutio, Benvolio mit fünf oder sechs andern Masken, Fakel-Trägern und Trummeln.)

Romeo. Wie, soll diese Rede unsre Entschuldigung machen, oder wollen wir ohne Apologie auftreten?

Benvolio. Diese Weitläufigkeiten sind nicht mehr Mode. Wir brauchen keinen Cupido, mit einer Schärpe von Flittergold und einem gemahlten Tartar-Bogen von Schindeln, der die armen Mädchen, wie ein Vögel- Schrek die Krähen, zu fürchten macht. Sie mögen von uns halten was sie wollen, wenn wir ihnen nicht gefallen, oder sie uns nicht, so gehen wir wieder.

Romeo. Gebt mir eine Fakel; ich bin nicht im Humor, Sprünge zu machen.

Mercutio. Nicht doch, mein lieber Romeo, ihr müßt eins tanzen.

Romeo. Ich gewiß nicht, das glaubt mir; ihr habt Tanzschuhe mit dünnen Solen, ich habe eine Seele von Bley,* die mich so zu Boden zieht, daß ich nicht von der Stelle kommen kan.

{ed.-* Wortspiel mit Sole, und Soul, welche fast gleich ausgesprochen werden. }

Mercutio. Ihr seyd ein Liebhaber; borgt dem Cupido seine Flügel ab, und schwingt euch damit empor.**

{ed.-** In dieser Rede, der Antwort des Romeo, und etlichen folgenden Zeilen, die man gänzlich weglassen mußte, dreht sich alles um Wortspiele mit (Bound) und (bound, soar) und(sore), und ein paar eben so frostige Antithesen herum. Alles dieses armselige Zeug findet sich, wie Pope bemerkt, nicht in der ersten Ausgabe dieses Stüks von 1597.}

Romeo. Ich bin zu hart von seinem Pfeil verwundet, als daß ich mich auf seinen Flügeln erheben könnte--

Mercutio. Gebt mir ein Futteral, worein ich mein Gesicht steken kan--

(Er nimmt seine Maske ab.)

--Eine Maske für ein Frazen-Gesicht!--wozu brauch ich eine Maske? Es wird niemand so vorwizig seyn, ein Gesicht wie das meinige genau anzusehen.

William Shakespeare
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