Tybalt. Sie schiken sich, wenn ein solcher Bube sich zum Gast aufdringt: ich will ihn nicht dulden!

Capulet. Das sollt ihr aber! Wie, Herr Junge?--Ihr sollt, sag ich--Geht, geht, bin ich hier Meister oder ihr? Geht, geht--Ihr wollt ihn nicht dulden? Hol mich Gott, ihr würdet mir einen feinen Lermen unter meinen Gästen anrichten! Ihr wollt mir hier den Eisenfresser machen? Gelt, das wollt ihr?

Tybalt. Wie, Oehm, es ist eine Schande--

Capulet. Geht, geht, ihr seyd ein abgeschmakter Knabe--

(auf die Seite zu einem von der Gesellschaft.)

Ist es so, in der That?--

(zu Tybalt)

ihr könnt was anfangen, das euch gereuen wird, ich weiß was ich sage--

(Seitwärts;)

wohl gesprochen, meine Kinder--

(zu Tybalt,)

Ihr seyd ein Hasenfuß, geht--seyd ruhig, oder--

(seitwärts.)

Mehr Lichter, mehr Lichter, es ist eine Schande, so dunkel ist's--

(zu Tybalt)

ich will euch ruhig machen--

(Seitwärts:)

Wie, munter, meine Herzen!

Tybalt. Geduld und Zorn vertragen sich nicht wohl bey mir zusammen; sie stossen, indem sie sich begegnen, die Köpfe so hart an einander an, daß mir alle Glieder davon wakeln. Ich will mich entfernen, aber er soll mir diese Zudringlichkeit bezahlen!

(Tybalt geht ab.)

Romeo (zu Juliette.) * [Wenn meine unwürdige Hand diesen heiligen Leib entweiht hat, so laß dir diese Busse gefallen: Meine Lippen, zween erröthende Pilgrimme, stehen bereit den Frefel, mit einem zärtlichen Kuß abzubüssen.

{ed.-* Dieser Dialogus ist im Original eine Elegie mit verschränkten Reimen.}

Juliette. Ihr thut eurer Hand unrecht, mein lieber Pilgrim; sie hat nichts gethan, als was die bescheidenste Andacht zu thun pflegt; Heilige haben Hände, die von den Händen der Wallfahrenden berührt werden, und Hand auf Hand ist eines Pilgrims Kuß.

Romeo. Haben Heilige nicht Lippen, und andächtige Pilgrimme auch?

Juliette. Ja, Pilgrim, sie haben Lippen, aber zum Beten.

Romeo. O so erlaube, theure Heilige, erlaube den Lippen nur, was du den Händen gestattest; sie bitten, (und du, erhöre sie,) daß du den Glauben nicht in Verzweiflung fallen lassest.

Juliette. Heilige rühren sich nicht, wenn sie gleich unser Gebet erhören.

Romeo. O so rühre du dich auch nicht, indem ich mich der Würkung meines Gebets versichre--

(Er küßt sie.)

Die Sünde meiner Lippen ist durch die deinige getilgt.]

Juliette. Also tragen nun meine Lippen die Sünde, die sie von den deinigen weggenommen haben.

Romeo. Sünde von meinen Lippen? O! angenehme Strenge! Gebt mir meine Sünde nur wieder zurük.

Juliette. Ihr habt küssen gelernt; ich verstehe mich nicht darauf.

Amme. Gnädiges Fräulein, eure Frau Mutter möchte gern ein Wort mit euch sprechen--

(Juliette entfernt sich.)

Romeo. Wer ist ihre Mutter?

Amme. Sapperment, junger Herr, ihre Mutter ist hier die Frau vom Hause, und eine brave, gescheidte, tugendsame Frau. Ich säugte ihre Tochter, mit der ihr geredet habt; und ich sag euch, wer sie kriegt, bekommt so gewiß eine Jungfer--

Romeo (indem er sich entfernt, vor sich.) Eine Capulet? O Himmel! Mein Herz und mein Leben sind unwiderbringlich in der Gewalt meiner Feindin.

Benvolio. Weg, wir wollen gehen, der gröste Spaß ist vorbey.

Romeo. Das fürcht' ich selbst, das übrige wird mich mehr als meinen Schlaf kosten.

Capulet. Nein, ihr Herren, geht noch nicht weg, wir haben noch ein kleines schlechtes Nachtessen vor uns--Wie, muß es denn seyn? Nun dann, so dank ich euch allen--Ich dank euch, meine liebe Herren, gute Nacht-- Mehr Fakeln her--

(Zu den übrigen:)

Kommt hinein, und dann zu Bette.--Ah, guter Freund, bey meiner Treu, es ist schon späte. Ich will in mein Bette.

(Sie gehen nach einander ab.)

Juliette. Ein wenig hieher, Amme--Wer ist der junge Herr dort?

Amme. Der einzige Sohn des alten Tiberio.

Juliette. Wer ist der, der eben izt zur Thüre hinausgeht?

Amme. Das ist der junge Petrucchio, bild' ich mir ein.

Juliette. Wer ist der, der ihm folgt, der nicht tanzen wollte?

Amme. Ich kenn' ihn nicht.

William Shakespeare
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