Timon von Athen

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Caphis. Ich wollte, wir wären alle bezahlt.

Varro. Mir ist nicht wohl bey der Sache.

Caphis. Hier kommt der Lord. (Timon und sein Gefolge treten auf.)

Timon. Sobald wir zu Mittag gegessen haben, wollen wir wieder fort. Mein Alcibiades--Nun, was ist euer Begehren.

(Sie bieten ihm ihre Handschriften hin.)

Caphis. Gnädiger Herr, hier ist eine Rechnung von gewissen Schulden --

Timon. Schulden? Woher seyd ihr?

Caphis. Von Athen, hier, Gnädiger Herr.

Timon. Geht zu meinem Verwalter.

Caphis. Euer Gnaden wollen mir's zu gut halten, er hat mich diesen ganzen Monat durch von einem Tag auf den andern vertröstet; mein Herr wird durch eine dringende Veranlassung genöthiget, das Seinige einzufordern, und bittet demüthig, Euer Gnaden möchte, nach dero bekannten Großmuth ihm sein Recht angedeyhen lassen.

Timon. Mein ehrlicher Freund, komm den nächsten Morgen wieder.

Caphis. Nein, Gnädiger Herr--

Timon. Mäßige dich, guter Freund.

Varro. Eines gewissen Varro's Bedienter, gnädiger Herr.

Isidor. Von Isidor, er bittet um schleunige Bezahlung.

Caphis. Wenn Euer Gnaden die Noth wüßte, worinn mein Herr stekt. --

Varro. Die Verschreibung, gnädiger Herr, ist schon vor sechs Wochen verfallen --

Isidor. Euer Haushofmeister weißt mich ab, und ich bin ausdrüklich zu Euer Gnaden geschikt worden.

Timon. Laßt mich nur zu Athem kommen,--

(zu seinen Begleitern)

Ich bitte euch, meine werthesten Herren, gehet hinein, ich werde euch in einem Augenblik aufwarten--

(Die Lords gehen ab.)

Kommt hieher;

(zu Flavius)

Wie geht das zu, daß ich auf eine so schimpfliche Art mit ungestümen Anfordrungen wegen Schulden, verfallnen Handschriften, und Vorenthaltung längst richtig zumachender Zahlungen angefallen werde?

Flavius. Mit eurer Erlaubniß, meine Herren; es ist izt keine gelegne Zeit für euer Geschäfte; wartet bis nach Mittag, damit ich Seiner Gnaden inzwischen begreiflich machen kan, warum ihr noch nicht bezahlt seyd.

Timon. Thut das, meine Freunde.

(zu Flavius.)

Seht, daß ihnen wohl begegnet werde.

(Timon geht ab.)

Flavius. Ich bitte euch, kommt herein.

(Flavius geht ab.)

Dritte Scene. (Apemanthus und ein Harlequin zu den Vorigen.)

Caphis. Wartet, wartet, hier kommt der Narr mit Apemanthus, wir wollen ein wenig Spaß mit ihnen haben.

Varro. An den Galgen mit ihm, er wird uns eins anhängen.

Isidor. Daß ihn die Pest,--den Hund!

Varro. Wie geht's, Narr?

Apemanthus. Redst du mit deinem Schatten?

Varro. Ich rede nicht mit dir.

Apemanthus. Das ist wahr, du redst mit dir selbst. Komm, laß uns gehn.

(Zum Narren.)

Isidor. Der Narr hangt schon an deinem Rüken.

Apemanthus. Nein, du stehst einzeln.

Caphis. Weil du noch nicht an ihm bist. Wo ist der Narr hingekommen?

Apemanthus. Er hat die lezte Frage gethan. Arme Schelme und Wucherers Sclaven! Kuppler zwischen Geld und Mangel!

Alle. Was sind wir, Apemanthus?

Apemanthus. Esel.

Alle. Was?

Apemanthus. Wenn ihr euch selbst kenntet, so brauchtet ihr mich nicht zu fragen. Rede du mit ihnen, Narr.

Harlequin. Was lebt ihr gutes, meine Herren?

Alle. Grossen Dank, Narr; was macht eure Frau?

Narr. Sie sezt eben Wasser über, um solche Hühnchen abzubrühen, wie ihr seyd. Ich wünschte wir könnten das Vergnügen haben, euch zu Corinth* zu sehen.

{ed.-* Ein unter gewissen Leuten übliches Wort anstatt Bordell, vermuthlich von der Ausgelassenheit dieser alten Griechischen Stadt hergenommen; wovon (Alexander ab Alexandro) sagt:(Corinthi super mille Prostitutae in templo Veneris assiduae degere & inflammata libidine quaestui meretricio operam dare & velut Sacrorum ministrae Deae famulari solebant.) Warbürton.}

Apemanthus. Grossen Dank für den guten Wunsch! (Ein Page zu den Vorigen.)

Narr. Seht, hier kommt meiner Frauen Page.

Page. Wie geht's, Capitain, Was macht ihr in dieser weisen Gesellschaft? Wie befindst du dich, Apemanthus?

Apemanthus. Ich wollt', ich hätte eine Ruthe in meinem Maul, um dir eine heilsame Antwort geben zu können.

William Shakespeare
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