Was ihr wollt

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An den Galgen mit dem garstigen Kohlenbrenner!

Maria. Laßt ihn sein Gebet hersagen, lieber Sir Tobias; laßt ihn beten.

Malvolio. Beten, du Affen-Gesicht?

Maria. Da, hört ihr's, er will von nichts gutem reden hören.

Malvolio. Scheret euch alle an den Galgen: Ihr seyd ein einfältiges dummes Pak; ich bin nicht euers Gelichters; ihr werdet mich seiner Zeit schon kennen lernen.

(Er geht ab.)

Sir Tobias. Ist's möglich?

Fabian. Wenn man das in einer Comödie spielen würde, wer würd' es nicht als eine unwahrscheinliche Erdichtung verurtheilen?

(In dem Rest dieser Scene freuen sich Sir Tobias und seine Consorten, daß ihnen ihre Absicht so wol gelungen sey, und entschliessen sich nicht abzulassen, bis sie den armen Malvolio, zur Züchtigung seines Übermuths in ein finstres Gemach und an Bande gebracht haben würden.)

Zehnte Scene. (Sir Andreas kommt mit der Ausforderung, die er indessen aufgesezt hat, zu den Vorigen, und ließt ihnen das abgeschmakteste Zeug vor, das man sich träumen lassen kan. Alle geben ihm ihren Beyfall, und muntern ihn auf, sich wohl zu halten. Sir Tobias nimmt auf sich, die Ausforderung dem Cäsario einzuhändigen und schikt den Sir Andreas in den Garten, wo er seinem Gegner, der sich würklich bey Fräulein Olivia befindet, aufpassen soll. Allein sobald er weggegangen ist, entdekt Tobias dem Fabian daß er weit entfernt sey, einem so feinen jungen Edelmann als Cäsario zu seyn scheine, ein so vollgültiges Document der verächtlichen Schwäche seines Gegners zu geben; denn so würde der Spaß gleich ein Ende haben: er finde also besser, seine Comission mündlich abzulegen, und dem jungen Cäsario einen ganz entsezlichen Begriff von Sir Andreassen Tapferkeit, und unbezwingbarer Wuth beyzubringen; auf diese Art, sezt er hinzu, werden beyde in eine solche Furcht gesezt werden, daß sie einander nur durch Blike tödten werden, wie die Basilisken.)

Eilfte Scene. (Olivia und Viola treten auf.)

Olivia. Zu einem Herzen von Stein hab' ich zuviel gesagt, und meine Ehre zu wohlfeil ausgelegt. Es ist etwas in mir, das mir meinen Fehler vorrükt; aber es ist ein so eigensinniger hartnäkiger Fehler, daß ihm Vorwürfe nichts abgewinnen können.

Viola. Der Herzog, mein Herr befindet sich in dem nemlichen Falle.

Olivia. Hier, tragt dieses Kleinod zu meinem Andenken; es enthält mein Bild; schlagt es nicht aus, es hat keine Zunge euch zu plagen; und ich bitte euch, kommt morgen wieder. Was könntet ihr von mir begehren, das mit Ehren gegeben werden kan, und ich euch abschlagen würde?

Viola. Ich bitte um nichts als eure Liebe für meinen Herrn.

Olivia. Wie kan ich ihm mit Ehren geben, was ich euch schon gegeben habe?

Viola. Ich will euch dessen quitt halten.

Olivia. Gut, komm morgen wieder; lebe wohl--

(Sie geht ab--)

Ein Teufel der deine Gestalt hätte, könnte meine Seele bis in die Hölle loken--

Zwölfte und dreyzehnte Scene. (Sir Tobias kündigt den Zorn des furchtbaren Sir Andreas und seine Ausforderung dem verkappten Cäsario an, der Mühe genug hat seinen wenigen Muth zu einem solchen Zweykampf zu verbergen. Tobias verspricht ihm endlich seine guten Dienste, um wenigstens die Ursache der grausamen Ungnade zu erkundigen, welche Cäsario durch nichts verdient zu haben sich bewußt ist, und wo möglich den wüthenden Sir Andreas in etwas zu besänftigen. Tobias stellt sich als ob er zu diesem Ende abgehe, da indessen Fabian fortfährt der armen Viola Schreken einzujagen, und ihren Gegner als den besten Fechter und den fatalesten Widerpart den man in ganz Illyrien finden könne, abzumahlen. Sie gehen ab, um dem Sir Tobias Plaz zu geben, in der folgenden Scene, seinen Freund Andreas in eine eben so friedliebende Gemüths-Verfassung zu sezen. Er beschreibt ihm den Cäsario als einen eingefleischten Teufel, der des Sophi Hof- Fechtmeister gewesen sey, und keinen Stoß zu thun pflege, der nicht eine tödtliche Wunde mache. Andreas geräth darüber in solche Angst, daß er verspricht er wolle ihm sein bestes Pferd geben, wenn er die Sache auf sich beruhen lassen wolle.

William Shakespeare
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