Coriolanus

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Wollt ich nun sagen--

Sicinius. Wir wissen, was Ihr wollt. Was könnt Ihr sagen?

Brutus. Zu sagen ist nichts mehr. Er ist verbannt Als Feind des Volks und seines Vaterlands. So soll's sein.

Die Bürger. So soll's sein! So soll es sein!

Coriolanus. Du schlechtes Hundepack! des Hauch ich hasse Wie fauler Sümpfe Dunst; des Gunst mir teuer Wie unbegrabner Männer totes Aas, Das mir die Luft vergift't.--Ich banne dich! Bleibt hier zurück mit eurem Unbestand, Der schwächste Lärm mach euer Herz erbeben, Eur Feind mit seines Helmbuschs Nicken fächle Euch in Verzweiflung; die Gewalt habt immer, Zu bannen eure Schützer--bis zuletzt Eur stumpfer Sinn, der glaubt, erst wenn er fühlt, Der nicht einmal euch selbst erhalten kann, Stets Feind euch selbst, euch endlich unterwerfe Als höchst verworfne Sklaven einem Volk Das ohne Schwertstreich euch gewann. Verachtend Um euch die Stadt--wend ich so meinen Rücken-- Noch anderswo gibt's eine Welt.

(Coriolanus, Cominius, Menenius, Senatoren und Patrizier gehn ab.)

Ädilen. Des Volkes Feind ist fort! ist fort! ist fort!

Die Bürger. Verbannt ist unser Feind! ist fort! Ho! Ho!

(Sie jauchzen und werfen ihre Mützen.)

Sicinius. Geht, seht ihm nach zum Tor hinaus und folgt ihm, Wie er euch sonst mit bitterm Schmähn verfolgte, Kränkt ihn, wie er's verdient.--Laßt eine Wache Uns durch die Stadt begleiten.

Die Bürger. Kommt, kommt! ihm nach! zum Tor hinaus, so kommt! Edle Tribunen, euch der Götter Schutz!

(Alle ab.)

Vierte Szene

Rom, vor einem Tore der Stadt Es treten auf Coriolanus, Volumnia, Virgilia, Menenius, Cominius und mehrere junge Patrizier

Coriolanus. Nein, weint nicht mehr. Ein kurz Lebwohl. Das Tier Mit vielen Köpfen stößt mich weg. Ei, Mutter! Wo ist dein alter Mut! Du sagtest oft: Es sei das Unglück Prüfstein der Gemüter, Gemeine Not trag ein gemeiner Mensch. Es segl' auf stiller See mit gleicher Kunst Ein jedes Boot; doch bei den schwersten Schlägen Des Glücks gelassen bleiben, das erheische Den höchsten Sinn.--Du ludest oft mir auf Belehrungen, die unbezwinglich machten Die Herzen, die sie ganz durchdrangen.

Virgilia. O Himmel! Himmel!

Coriolanus. Nein, ich bitte, Frau--

Volumnia. Die Pestilenz treff alle Zünfte Roms Und die Gewerke Tod!

Coriolanus. Was, was! Ich werde Geliebt sein, wenn ich bin gemißt. Nun Mutter! Wo ist der Geist, der sonst dich sagen machte, Wärst du das Weib des Herkules gewesen, Sechs seiner Taten hättest du getan, Und deinem Mann so vielen Schweiß erspart? Cominius! Frisch auf! Gott schütz euch!--Lebt wohl, Frau und Mutter! Mir geht's noch gut.--Menenius, alter, treuer, Salzger als jüngern Manns sind deine Tränen, Und giftig deinem Aug. Mein weiland Feldherr, Ich sah dich finster, und oft schautest du Herzhärtend Schauspiel; sag den bangen Frauen: Beweinen Unvermeidliches sei Torheit Sowohl als drüber lachen.--Weißt du, Mutter, Mein Wagnis war dein Trost ja immer! und, Das glaube fest, geh ich auch jetzt allein, So wie ein Drache einsam, den die Höhle Gefürchtet macht, besprochen mehr, weil nicht gesehn, Dein Sohn ragt über dem Gemeinen stets; Wo nicht, fällt er durch Tück und niedre List.

Volumnia. Mein großer Sohn! Wo willst du hin? Nimm für die erste Zeit Cominius mit, bestimme dir den Lauf, Statt wild dich jedem Zufall preiszugeben, Der auf dem Weg dich anfällt.

Coriolanus. O ihr Götter!

Cominius. Den Monat bleib ich bei dir; wir bedenken, Wo du magst weilen, daß du von uns hörest Und wir von dir; daß, wenn die Zeit den Anlaß Für deine Rückberufung reift, wir nicht Nach einem Mann die Welt durchsuchen müssen, Die Gunst verlierend, welche stets erkaltet, Ist jener fern, der sie bedarf.

Coriolanus. Leb wohl! Du trägst der Jahre viel, hast übersatt Kriegsschwelgerei, mit einem umzutreiben, Des Gier noch frisch. Bringt mich nur aus dem Tor; Komm, süßes Weib, geliebte Mutter und Ihr wohlerprobten Freunde.--Bin ich draußen, Sagt: Lebe wohl! und lächelt. Bitte, kommt-- Solang ich überm Boden bin, sollt ihr Stets von mir hören und nie etwas andres, Als was dem frühern Marcius gleicht.

William Shakespeare
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