Erster Senator. Cominius, sprich. Laß, als zu lang, nichts aus. Wir glauben eh', Daß unserm Staat die Macht zu lohnen fehlt, Als uns der weitste Wille. Volksvertreter, Wir bitten euer freundlich Ohr und dann Eur günstig Fürwort beim gemeinen Volk, Daß gelte, was wir wünschen.
Sicinius. Wir sind hier Zu freundlichem Vergleiche; unsre Herzen Nicht abgeneigt zu ehren, zu befördern Ihn, der uns hier versammelt.
Brutus. Um so lieber Tun wir dies freudgen Muts, gedenkt er auch Des Volks mit beßrem Sinn, als er bisher Es hat geschätzt.
Menenius. Das paßt nicht, paßt hier nicht. Ihr hättet lieber schweigen sollen. Gefällt's euch, Cominius anzuhören?
Brutus. Herzlich gern. Doch war mein Warnen besser hier am Platz Als der Verweis.
Menenius. Er liebt ja euer Volk; Doch zwingt ihn nicht, ihr Schlafgesell zu sein. Edler Cominius, spricht
(Coriolanus steht auf und will gehn.)
Nein, bleib nur sitzen.
Erster Senator. Bleib, Coriolanus, schäm dich nicht, zu hören, Was edel du getan.
Coriolanus. Verzeiht mir, Väter, Eh will ich noch einmal die Wunden heilen, Als hören, wie ich dazu kam.
Brutus. Ich hoffe, Mein Wort vertrieb Euch nicht.
Coriolanus. O nein! doch oft Hielt ich den Streichen stand und floh vor Worten. Nicht schmeichelt und drum kränkt Ihr nicht. Eur Volk, Das lieb ich nach Verdienst.
Menenius. Setzt Euch.
Coriolanus. Eh ließ ich Im warmen Sonnenschein den Kopf mir kratzen, Wenn man zum Angriff bläst, als, müßig sitzend, Mein Nichts zum Fabelwerk vergrößert hören.
(Geht ab.)
Menenius. Volksvertreter! Wie könnt er euer scheckgen Brut' wohl schmeicheln, Wo einer gut im Tausend? wenn ihr seht, Er wagt eh alle Glieder für den Ruhm, Als eins von seinen Ohren, ihn zu hören? Cominius, fahre fort.
Cominius. Mir fehlt's an Stimme. Coriolanus' Taten Soll man nicht schwach verkünden. Wie man sagt, Ist Mut die erste Tugend und erhebt Zumeist den Eigner; ist es so, dann wiegt Den Mann, von dem ich sprech, in aller Welt Kein andrer auf. Mit sechzehn Jahren schon, Da, als Tarquin Rom überzog, da focht er Voraus den Besten. Der Diktator, hoch Und groß gepriesen stets, sah seinen Kampf; Wie mit dem Kinn der Amazon er jagte Die bärtgen Lippen; zog aus dem Gedränge Den hingestürzten Römer; schlug drei Feinde Im Angesicht des Konsuls; traf Tarquin Und stürzt' ihn auf das Knie. An jenem Tag, Als er ein Weib konnt auf der Bühne spielen, Zeigt' er sich ganz als Mann im Kampf; zum Lohn Ward ihm der Eichenkranz. Sein zartes Alter Gereift zum Manne, wuchs er, gleich dem Meer, Und seit der Zeit, im Sturm von siebzehn Schlachten, Streift' er den Kranz von jedem Schwert. Sein Letztes, Erst vor, dann in Corioli, ist so, Daß jedes Lob verarmt. Die Fliehnden hemmt' er, Und durch sein hohes Beispiel ward dem Feigsten Zum Spiel das Schrecknis. So wie Binsen tauchen Dem Schiff im Segeln, wichen ihm die Menschen Und schwanden seinem Streich. Sein Schwert, Todstempel, Schnitt, wo es fiel, von Haupt zu Füßen nieder. Vernichtung war er; jeglicher Bewegung Hallt Sterberöcheln nach. Allein betrat er Das Todestor der Stadt, das er bemalt Mit unentrinnbarm Weh, und ohne Beistand Entkommt er, trifft mit plötzlicher Verstärkung Die Stadt, wie 'n Meteor; und sein ist alles, Da plötzlich weckt ihm Schlachtgetöse rufend Den wachen Sinn, und schnell den Mut verdoppelnd Belebt sich frisch sein arbeitmüder Leib: Er stürzt in neuen Kampf und schreitet nun Blutdampfend über Menschenleben hin, Als folg ihm Mord und Tod. Und bis wir Stadt Und Schlachtfeld unser nannten, ruht' er nicht, Um Atem nur zu schöpfen.
Menenius. Würdger Mann!
Erster Senator. Im vollsten Maß ist er der Ehre wert, Die seiner harrt.
Cominius. Die Beute stieß er weg. Kostbare Dinge sah er an, als wär's Gemeiner Staub und Kehricht; wen'ger nimmt er, Als selbst der Geiz ihm gäbe. Ihm ist Lohn Für Großtat, sie zu tun. Zufrieden ist er, Sein Leben so zu opfern ohne Zweck.
Menenius. Er ist von wahrem Adel. Ruft ihn her.
Erster Senator. Ruft Coriolanus.