Coriolanus

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Er war ihm immer zu mächtig, das habe ich ihn selbst sagen hören.

Erster Diener. Er war ihm, kurz und gut, zu mächtig, Vor Corioli hackte und zwackte er ihn wie eine Karbonade.

Zweiter Diener. Und hätte er was von einem Kannibalen gehabt, so hätte er ihn wohl gebraten und aufgegessen dazu.

Erster Diener. Aber dein andres Neues?

Dritter Diener. Nun, da drinnen machen sie soviel Aufhebens von ihm, als wenn er der Sohn und Erbe des Mars wäre. Obenan gesetzt bei Tische, von keinem der Senatoren gefragt, der sich nicht barhäuptig vor ihn hinstellt. Unser Feldherr selbst tut, als wenn er seine Geliebte wäre, segnet sich mit Berührung seiner Hand und dreht das Weiße in den Augen heraus, wenn er spricht. Aber der Grund und Boden meiner Neuigkeit ist: unser Feldherr ist mitten durchgeschnitten und nur noch die Hälfte von dem, was er gestern war; denn der andre hat die Hälfte durch Ansuchen und Genehmigung der ganzen Tafel. Er sagt, er will gehn und den Pförtner von Rom bei den Ohren zerren, er will alles vor sich niedermähen und sich glatten Weg machen.

Zweiter Diener. Und er ist der Mann danach, es zu tun, mehr als irgend jemand, den ich kenne.

Dritter Diener. Es zu tun? Freilich wird er's tun! Denn versteht, Leute, er hat ebensoviel Freunde als Feinde; und diese Freunde, Leute, wagten gleichsam nicht, versteht mich, Leute, sich als seine Freunde, wie man zu sagen pflegt, zu zeigen, solange er in Mißkreditierung war.

Erster Diener. In Mißkreditierung? Was ist das?

Dritter Diener. Aber Leute, wenn sie seinen Kamm wieder hoch sehen werden und den Mann in seiner Kraft, so werden sie aus ihren Höhlen kriechen wie Kaninchen nach dem Regen, und ihm alle nachlaufen.

Erster Diener. Aber wann geht das los?

Dritter Diener. Morgen, heute, sogleich. Ihr werdet die Trommel heute nachmittag schlagen hören, es ist gleichsam noch eine Schüssel zu ihrem Fest, die verzehrt werden muß, ehe sie sich den Mund abwischen.

Zweiter Diener. Nun, so kriegen wir doch wieder eine muntre Welt. Der Friede ist zu nichts gut als Eisen zu rosten, Schneider zu vermehren und Bänkelsänger zu schaffen.

Erster Diener. Ich bin für den Krieg, sage ich, er übertrifft den Frieden wie der Tag die Nacht; er ist lustig, wachsam, gesprächig, immer was Neues; Friede ist Stumpfheit, Schlafsucht, dick, faul, taub, unempfindlich und bringt mehr Bastarde hervor, als der Krieg Menschen erwürgt.

Zweiter Diener. Richtig; und wie man auf gewisse Weise den Krieg Notzucht nennen kann, so macht, ohne Widerrede, der Friede viele Hahnrei'.

Erster Diener. Ja, und er macht, daß die Menschen einander hassen.

Dritter Diener. Und warum? Weil sie dann einander weniger nötig haben. Der Krieg ist mein Mann.--Ich hoffe, Römer sollen noch ebenso wohlfeil werden als Volsker. Sie stehn auf, sie stehn auf!

Alle. Hinein! hinein!

(Alle ab.)

Vierte Szene

Rom. Ein öffentlicher Platz Sicinius und Brutus treten auf

Sicinius. Man hört von ihm nichts, hat ihn nicht zu fürchten. Was ihn gestärkt, ist zahm, wo Friede jetzt Und Ruh im Volke, welches sonst empört Und wild. Wir machen seine Freund' erröten, Daß alles blieb im ruh'gen Gleis. Sie sähen Viel lieber, ob sie selbst auch drunter litten, Aufrührerhaufen unsre Straßen stürmen, Als daß der Handwerksmann im Laden singt Und alle freudig an die Arbeit gehn.

(Menenius tritt auf.)

Brutus. Wir griffen glücklich durch. Ist das Menenius?

Sicinius. Er ist es. O! er wurde sehr geschmeidig Seit kurzem.--Seid gegrüßt!

Menenius. Ich grüß euch beide.

Sicinius. Euer Coriolanus wird nicht sehr vermißt, Als von den Freunden nur; der Staat besteht Und würde stehn, wenn er ihn mehr noch haßte.

Menenius. Gut ist's und könnte noch weit besser sein, Hätt er sich nur gefügt.

Sicinius. Wo ist er? Wißt Ihr's--

Menenius. Ich hörte nichts; auch seine Frau und Mutter Vernehmen nichts von ihm. Es kommen mehrere Bürger.

Die Bürger. Der Himmel schütz euch!

Sicinius. Guten Abend, Nachbarn!

Brutus. Gut

William Shakespeare
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