Aufidius. Wohl weiß ich, was du meinst; und, sei versichert, Wenn's zur Erklärung kommt, so denkt er nicht, Wes ich ihn kann beschuldgen. Scheint es gleich, Und glaubt er selbst, und überzeugt sich auch Das Volk, daß er in allem redlich handelt Und guten Haushalt für die Volsker führt; Ficht, gleich dem Drachen, siegt, sobald er nur Das Schwert gezückt; doch blieb noch ungetan, Was ihm den Hals soll brechen oder meinen Gefährden, wenn wir miteinander rechnen.
Hauptmann. Herr, glaubt Ihr, daß er Roms sich wird bemeistern?
Aufidius. Jedwede Stadt ist sein, eh er belagert, Und ihm ergeben ist der Adel Roms; Patrizier lieben ihn und Senatoren. Den Krieg versteht nicht der Tribun. Das Volk Wird schnell zurück ihn rufen, wie's ihn eilig Von dort verstieß. Ich glaub, er ist für Rom, Was für den Fisch der Meeraar, der ihn fängt Durch angeborne Macht. Erst war er ihnen Ein edler Diener; doch er konnte nicht Die Würden mäßig tragen. Sei's nun Stolz, Der immer, bleibt das Glück unwandelbar, Den Glücklichen befleckt; sei's Urteilsmangel, Wodurch er nicht den Zufall klug genutzt, Den er beherrschte; oder sei's Natur, Die ihn aus einem Stück schuf--stets derselbe Im Helme wie im Rat, herrscht' er im Frieden Mit unbeugsamer Streng und finsterm Ernst, Wie er dem Krieg gebot. Schon eins von diesen (Von jedem hat er etwas, keines ganz, So weit sprech ich ihn frei) macht' ihn gefürchtet, Gehaßt, verbannt.--Doch so ist sein Verdienst, Daß es im Übermaß erstirbt. So fällt Stets unser Wert der Zeiten Deutung heim; Und Macht, die an sich selbst zu loben ist, Hat kein so unverkennbar Grab, als wenn Von Rednerbühnen wird ihr Tun gepriesen. Der Nagel treibt den Nagel, Brand den Brand, Kraft sinkt durch Kraft, durch Recht wird Recht verkannt. Kommt, laßt uns gehn. Ist, Cajus, Rom erst dein, Dann bist der Ärmste du und dann bald mein.
(Sie gehn ab.)
Fünfter Aufzug
Erste Szene
Rom, ein öffentlicher Platz Es treten auf Menenius, Cominius, Sicinius, Brutus und andere
Menenius. Nein, ich geh nicht.--Ihr hört, was dem er sagte, Der einst sein Feldherr war; der ihn geliebt Aufs allerzärtlichste. Mich nannt er Vater; Doch was tut das?--Geht ihr, die ihn verbannt, 'ne Meile schon vor seinem Zelt fallt nieder Und schleicht so kniend in seine Gnade.--Nein: Wollt er nichts von Cominius hören, bleib ich Zu Haus.
Cominius. Er tat, als kennte er mich nicht.
Menenius. Hört ihr's?
Cominius. Doch einmal nannt er mich bei meinem Namen: Die alte Freundschaft macht ich geltend, Blut, Gemeinsam sonst vergossen. Coriolan Wollt er nicht sein, verbat sich jeden Namen: Er sei ein Nichts, ein ungenanntes Wesen, Bis er sich einen Namen neu geschmiedet Im Brande Roms.
Menenius. Ah! so. Ihr machtet's gut. Ein Paar Tribunen, die für Rom sich quälten, Wohfeil zu machen Kohlen.--Edler Ruhm!
Cominius. Ich mahnt ihn, wie so königlich Verzeihung, Je minder sie erwartet sei. Er sprach, Das sei vom Staat ein kahles Wort an ihn, Den selbst der Staat bestraft.
Menenius. Das war ganz recht. Was konnt er anders sagen?
Cominius. Ich suchte dann sein Mitleid zu erwecken Für die besondern Freund'. Er gab zur Antwort: Nicht lesen könn er sie aus einem Haufen Verdorbner, schlechter Spreu, auch sei es Torheit, Um ein zwei arme Körner stinken lassen Den Unrat unverbrannt.
Menenius. Um ein paar Körner? Davon bin ich eins, seine Frau und Mutter, Sein Kind, der wackre Freund, wir sind die Körner: Ihr seid die dumpfe Spreu, und eur Gestank Dringt bis zum Mond; wir müssen für euch brennen.
Sicinius. Seid milde doch, wenn ihr zu helfen weigert In so ratloser Zeit. Verhöhnt uns mindestens Mit unserm Elend nicht; denn sprächet Ihr Für Euer Vaterland, Eur gutes Wort, Mehr als ein eilig aufgerafftes Heer, Hemmt' unsern Landsmann.
Menenius. Nein ich bleib davon.
Sicinius. Ich bitt Euch, geht zu ihm.
Menenius. Was soll es nutzen?
Brutus. Versuchen nur, was Eure Liebe kann Für Rom bei Marcius.
Menenius. Und gesetzt, daß Marcius Zurück mich schickt, wie er Cominius tat, Ganz ungehört.--Die Folge? Noch ein gekränkter Freund, von Gram durchbohrt Durch seine Härte.