Sobald wir ihre Antwort haben, wollen wir den Angriff thun; und Gott sey auf unsrer Seite, wie unsre Sache gerecht ist!

(Sie gehen ab.)

Zweyte Scene. (Der Prinz und Falstaff bleiben zurük.)

Falstaff. Hal, wenn du mich im Treffen ligen siehst, so sey so gut und leg mich so zu rechte; es ist ein Freundschafts-Dienst--

Prinz Heinrich. Den dir niemand, als ein Colossus leisten kan. Sprich dein Gebet und leb wohl.

Falstaff. Ich wollt' es wäre Bettzeit, Hall, und alles wäre vorbey.

Prinz Heinrich. Wie? du bist dem Himmel deinen Tod schuldig, und du must doch einmal bezahlen.

Falstaff. Aber nicht izt; und es sollte mir leid seyn, wenn ich ihn vor meinem Termin bezahlte. Was brauch' ich so voreilig zu seyn, da er mich nicht anfordert? Gut, was thut das zur Sache, die Ehre fordert mich auf--Ganz recht, und wenn mich also die Ehre auffordert und ich komme um, wie dann? Kan die Ehre mir ein Bein ansezen? Nein: Oder einen Arm? Nein: Oder kan sie mir den Schmerz einer Wunde wegnehmen? Nein: Die Ehre versteht sich also nicht auf die Chirurgie? Nein: Was ist dann die Ehre? Ein Wort: Was ist das Wort Ehre? Luft. Wer hat sie? Der arme Jak, der an einer Mittwoche starb. Fühlt er sie dann? Nein. Hört er sie? Nein. Sie fällt also nicht in die Sinnen? Nicht in die Sinnen eines Todten. Aber lebt sie etwann mit den Lebenden? Nein, das läßt ihr der Neid nicht zu. Ich verlange also nichts davon; die Ehre ist nichts mehr als ein gemahlter Wappenschilt an einem Sarge, und hier endet sich mein Catechismus.

(Er geht ab.)

Dritte Scene. (Verwandelt sich in Percys Lager.) (Worcester und Vernon treten auf.)

Worcester. O nein, mein Neffe muß das gütige Anerbieten des Königs nicht erfahren, Sir Richard.

Vernon. Und doch wär's am besten, er wißt' es.

Worcester. Dann wären wir alle verlohren. Es ist unmöglich, es kan nicht seyn, daß der König sein Versprechen halte, wieder unser Freund zu seyn; er wird uns nimmer trauen, und bald genug Mittel gefunden haben, uns neuer Verbrechen zu beschuldigen, um dieses bestraffen zu können. Ein niemals einschlummernder Verdacht wird, so lange wir leben, hundert spähende Augen auf uns geheftet halten; denn der Verrätherey traut man nicht mehr als einem Fuchs, der, so zahm er sich stellt, und so freundlich man mit ihm umgeht, doch immer einen Rest von seinen angebohrnen Tüken behält. Wir möchten aussehen wie wir wollten, frölich oder düster, so würd' es uns übel ausgedeutet werden; kurz, wir würden gehalten werden wie die Ochsen im Stall, je besser gefüttert, desto näher dem Tode. Meines Neffen Vergehen könnte noch vergessen werden; ihm kömmt die Entschuldigung der Jugend und des Bluts zustatten; sein Beyname Hot-Spur giebt ihm schon ein Privilegium, und man schreibt bey ihm alles auf die Rechnung des cholerischen Temperaments, von dem er beherrscht wird; ich und sein Vater müßten für seine Sünde büssen. Wir hätten ihn verleitet, würd' es heissen; wir als die Quelle von allem, müßten für alles bezahlen. Laßt ihn also, mein lieber Vetter, ja nichts von dem Anerbieten des Königs wissen, es mag gehen wie es will.

Vernon. Sagt ihm was ihr für gut haltet, ich will es bekräftigen. Hier kommt euer Neffe.

Vierte Scene. (Hot-Spur und Dowglas zu den Vorigen.)

Hot-Spur. Mein Oheim ist wieder da: Sezt den Lord von Westmorland in Freyheit. Oheim, was giebt's Neues?

Worcester. Der König ist entschlossen, es auf ein Treffen ankommen zu lassen.

Dowglas. So wollen wir ihn durch den Lord von Westmorland heraus fordern.

Hot-Spur. Lord Dowglas, geht und sagt ihm das.

Dowglas. Das will ich, und mit Freuden.

(Dowglas geht ab.)

Worcester. Der König scheint gar nicht zum Verzeihen geneigt.

Hot-Spur. Batet ihr darum? Das verhüte Gott!

Worcester. Ich sagte ihm ganz glimpflich von unsern Beschwerungen, von seinem gebrochnen Eid; und er wußte sich nicht besser zu helfen, als daß er seinen Meineid mit einem zweyten läugnete. Er nennt uns Rebellen, Verräther, und droht ganz trozig, uns nach der Schärfe davor zu züchtigen.

William Shakespeare
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