Shylock. Ei so, so, so, so! Ein Diamant fort, kostet mich zweitausend Dukaten zu Frankfurt. Der Fluch ist erst jetzt auf unser Volk gefallen, ich hab ihn niemals gefühlt bis jetzt. Zweitausend Dukaten dafür! und noch mehr kostbare, kostbare Juwelen! Ich wollte, meine Tochter läge tot zu meinen Füßen und hätte die Juwelen in den Ohren! Wollte, sie läge eingesargt zu meinen Füßen, und die Dukaten im Sarge! Keine Nachricht von ihnen! Ei, daß dich!--und ich weiß noch nicht, was beim Nachsetzen draufgeht. Ei, du Verlust über Verlust! Der Dieb mit soviel davongegangen, und soviel, um den Dieb zu finden; und keine Genugtuung, keine Rache! Kein Unglück tut sich auf, als was mir auf den Hals fällt; keine Seufzer, als die ich ausstoße, keine Tränen, als die ich vergieße.

Tubal. Ja, andre Menschen haben auch Unglück. Antonio, so hört ich in Genua--

Shylock. Was, was, was? Ein Unglück? ein Unglück?

Tubal. Hat eine Galeone verloren, die von Tripolis kam.

Shylock. Gott sei gedankt! Gott sei gedankt! Ist es wahr? ist es wahr?

Tubal. Ich sprach mit ein paar von den Matrosen, die sich aus dem Schiffbruch gerettet.

Shylock. Ich danke dir, guter Tubal! Gute Zeitung, gute Zeitung!--Wo? in Genua?

Tubal. Eure Tochter vertat in Genua, wie ich hörte, in (einem) Abend achtzig Dukaten!

Shylock. Du gibst mir einen Dolchstich--ich kriege mein Gold nicht wieder zu sehn--Achtzig Dukaten in (einem) Strich! achtzig Dukaten!

Tubal. Verschiedene von Antonios Gläubigern reisten mit mir zugleich nach Venedig; die beteuerten, er müsse notwendig fallieren.

Shylock. Das freut mich sehr! ich will ihn peinigen, ich will ihn martern; das freut mich!

Tubal. Einer zeigte mir einen Ring, den ihm Eure Tochter für einen Affen gab.

Shylock. Daß sie die Pest! Du marterst mich, Tubal. Es war mein Türkis, ich bekam ihn von Lea, als ich noch Junggeselle war; ich hätte ihn nicht für einen Wald von Affen weggegeben.

Tubal. Aber Antonio ist gewiß ruiniert.

Shylock. Ja, das ist wahr! das ist wahr! Geh, Tubal, miete mir einen Amtsdiener, bestell ihn vierzehn Tage vorher. Ich will sein Herz haben, wenn er verfällt; denn wenn er aus Venedig weg ist, so kann ich Handel treiben, wie ich will. Geh, geh, Tubal, und triff mich bei unsrer Synagoge! geh, guter Tubal! bei unsrer Synagoge, Tubal!

(Ab.)

Zweite Szene

Belmont. Ein Zimmer in Porzias Hause

(Bassanio, Porzia, Graziano, Nerissa und Gefolge treten auf Die Kästchen sind aufgestellt)

Porzia. Ich bitt Euch, wartet ein, zwei Tage noch, Bevor Ihr wagt; denn wählt Ihr falsch, so büße Ich Euren Umgang ein; darum verzieht. Ein Etwas sagt mir (doch es ist nicht Liebe), Ich möcht Euch nicht verlieren; und Ihr wißt, Es rät der Haß in diesem Sinne nicht. Allein damit Ihr recht mich deuten möchtet (Und doch, ein Mädchen spricht nur mit Gedanken), Behielt' ich gern Euch ein paar Tage hier, Eh Ihr für mich Euch wagt. Ich könnt Euch leiten Zur rechten Wahl, dann bräch ich meinen Eid; Das will ich nie; so könnt Ihr mich verfehlen. Doch wenn Ihr's tut, macht Ihr mich sündlich wünschen, Ich hätt ihn nur gebrochen. O der Augen, Die so bezaubert mich und mich geteilt! Halb bin ich Eur, die andre Hälfte Euer-- Mein, wollt ich sagen; doch wenn mein, dann Euer, Und so ganz Euer. O die böse Zeit, Die Eignern ihre Rechte vorenthält! Und so, ob Euer schon, nicht Euer.--Trifft es, So sei das Glück dafür verdammt, nicht ich. Zu lange red ich, doch nur um die Zeit Zu dehnen, in die Länge sie zu ziehn, Die Wahl noch zu verzögern.

Bassanio. Laßt mich wählen, Denn wie ich jetzt bin, leb ich auf der Folter.

Porzia. Bassanio, auf der Folter? So bekennt, Was für Verrat in Eurer Liebe steckt.

Bassanio. Allein der häßliche Verrat des Mißtrauns, Der mich am Glück der Liebe zweifeln läßt. So gut verbände Schnee und Feuer sich Zum Leben, als Verrat und meine Liebe.

Porzia. Ja, doch ich sorg, Ihr redet auf der Folter, Wo sie, gezwungen, sagen, was man will.

Bassanio. Verheißt mir Leben, so bekenn ich Wahrheit.

William Shakespeare
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