Ich ersuch Euch: Lehnt nicht den Auftrag ab, den meine Liebe Und eine Nötigung des Zufalls jetzt Euch auferlegt.

Lorenzo. Von ganzem Herzen, Fräulein; In allem ist mir Euer Wink Befehl.

Porzia. Schon wissen meine Leute meinen Willen Und werden Euch und Jessica erkennen An meiner eignen und Bassanios Statt. So lebt denn wohl, bis wir uns wiedersehn!

Lorenzo. Sei froher Mut mit Euch und heitre Stunden!

Jessica. Ich wünsch Eur Gnaden alle Herzensfreude.

Porzia. Ich dank Euch für den Wunsch und bin geneigt, Ihn Euch zurückzuwünschen.--Jessica, lebt wohl!

(Jessica und Lorenzo ab.)

Nun, Balthasar, Wie ich dich immer treu und redlich fand, Laß mich auch jetzt dich finden. Nimm den Brief Und eile, was in Menschenkräften steht, Nach Padua; gib ihn zu eignen Händen An meinen Vetter ab, Doktor Bellario. Sieh zu, was er dir für Papiere gibt Und Kleider; bringe die in höchster Eil Zur Überfahrt an die gemeine Fähre, Die nach Venedig schifft. Verlier die Zeit Mit Worten nicht; geh, ich bin vor dir da.

Balthasar. Fräulein, ich geh mit aller schuldigen Eil.

(Balthasar ab.)

Porzia. Nerissa, komm. Ich hab ein Werk zur Hand, Wovon du noch nicht weißt; wir wollen unsre Männer, Eh sie es denken, sehn.

Nerissa. Und sie auch uns?

Porzia. Jawohl, Nerissa, doch in solcher Tracht, Daß sie mit dem versehn uns denken sollen, Was uns gebricht. Ich wette, was du willst: Sind wir wie junge Männer aufgestutzt, Will ich der feinste Bursch von beiden sein Und meinen Degen mit mehr Anstand tragen Und sprechen wie im Übergang vom Knaben Zum Mann und einem heiseren Diskant. Ich will zwei jüngferliche Tritte dehnen Zu (einem) Männerschritt; vom Raufen sprechen Wie kecke junge Herrn; und artig lügen, Wie edle Frauen meine Liebe suchten Und, da ich sie versagt, sich tot gehärmt.-- Ich konnte nicht mit allen fertig werden; Und dann bereu ich es und wünsch, ich hätte Bei alledem sie doch nicht umgebracht. Und zwanzig solcher kleinen Lügen sag ich, So daß man schwören soll, daß ich die Schule Schon seit dem Jahr verließ.--Ich hab im Sinn Wohl tausend Streiche solcher dreisten Gecken, Die ich verüben will.

Nerissa. So sollen wir in Männer uns verwandeln?

Porzia. Ja, komm, ich sag dir meinen ganzen Anschlag, Wenn wir im Wagen sind, der uns am Tor Des Parks erwartet; darum laß uns eilen, Denn wir durchmessen heut noch zwanzig Meilen.

(Ab.)

Fünfte Szene

Belmont. Ein Garten

(Lanzelot und Jessica kommen)

Lanzelot. Ja, wahrhaftig! Denn seht Ihr, die Sünden der Väter sollen an den Kindern heimgesucht werden: darum glaubt mir, ich bin besorgt für Euch. Ich ging immer gerade gegen Euch heraus, und so sage ich Euch meine Deliberation über die Sache. Also seid gutes Mutes, denn wahrhaftig, ich denke, Ihr seid verdammt. Es ist nur (eine) Hoffnung dabei, die Euch zustatten kommen kann, und das ist auch nur so eine Art von Bastardhoffnung.

Jessica. Und welche Hoffnung ist das?

Lanzelot. Ei, Ihr könnt gewissermaßen hoffen, daß Euer Vater Euch nicht erzeugt hat, daß Ihr nicht des Juden Tochter seid.

Jessica. Das wäre in der Tat eine Art von Bastardhoffnung, dann würden die Sünden meiner Mutter an mir heimgesucht werden.

Lanzelot. Wahrhaftig, dann fürchte ich, Ihr seid von Vater und Mutter wegen verdammt. Wenn ich die Scylla, Euren Vater, vermeide, so falle ich in die Charybdis, Eure Mutter; gut, Ihr seid auf eine und die andre Art verloren.

Jessica. Ich werde durch meinen Mann selig werden; er hat mich zu einer Christin gemacht.

Lanzelot. Wahrhaftig, da ist er sehr zu tadeln. Es gab unser vorher schon Christen genug, grade soviel, als nebeneinander gut bestehen konnten. Dies Christenmachen wird den Preis der Schweine steigern; wenn wir alle Schweinefleischesser werden, so ist in kurzem kein Schnittchen Speck in der Pfanne für Geld mehr zu haben.

(Lorenzo kommt.)

Jessica. Ich will meinem Mann erzählen, was Ihr sagt, Lanzelot; hier kommt er.

Lorenzo. Bald werde ich eifersüchtig auf Euch, Lanzelot, wenn Ihr meine Frau so in die Ecken zieht.

William Shakespeare
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