(Musikanten kommen.)

He! kommt und weckt Dianen auf mit Hymnen, Rührt euer Herrin Ohr mit zartem Spiel,

(Musik)

Zieht mit Musik sie heim.

Jessica. Nie macht die liebliche Musik mich lustig.

Lorenzo. Der Grund ist, Eure Geister sind gespannt. Bemerkt nur eine wilde flüchtge Herde, Der ungezähmten jungen Füllen Schar: Sie machen Sprünge, brüllen, wiehern laut, Wie ihres Blutes heiße Art sie treibt; Doch schaut nur die Trompete oder trifft Sonst eine Weise der Musik ihr Ohr, So seht Ihr, wie sie miteinander stehn; Ihr wildes Auge schaut mit Sittsamkeit, Durch süße Macht der Töne. Drum lehrt der Dichter, Gelenkt hab Orpheus Bäume, Felsen, Fluten, Weil nichts so stöckisch, hart und voll von Wut, Das nicht Musik auf eine Zeit verwandelt. Der Mann, der nicht Musik hat in ihm selbst, Den nicht die Eintracht süßer Töne rührt, Taugt zu Verrat, zu Räuberei und Tücken; Die Regung seines Sinns ist dumpf wie Nacht, Sein Trachten düster wie der Erebus. Trau keinem solchen!--Horch auf die Musik!

(Porzia und Nerissa in der Entfernung)

Porzia. Das Licht, das wir da sehen, brennt im Saal; Wie weit die kleine Kerze Schimmer wirft! So scheint die gute Tat in arger Welt.

Nerissa. Da der Mond schien, sahn wir die Kerze nicht.

Porzia. So löscht der größre Glanz den kleinern aus. Ein Stellvertreter strahlet wie ein König, Bis ihm ein König naht; und dann ergießt Sein Prunk sich, wie vom innern Land ein Bach Ins große Bett der Wasser. Horch, Musik!

Nerissa. Es sind die Musikanten Eures Hauses.

Porzia. Ich sehe, nichts ist ohne Rücksicht gut; Mich dünkt, sie klingt viel schöner als bei Tag.

Nerissa. Die Stille gibt den Reiz ihr, gnädge Frau.

Porzia. Die Krähe singt so lieblich wie die Lerche, Wenn man auf keine lauschet; und mir deucht, Die Nachtigall, wenn sie bei Tage sänge, Wo alle Gänse schnattern, hielt' man sie Für keinen bessern Spielmann als den Spatz. Wie manches wird durch seine Zeit gezeitigt Zu echtem Preis und zur Vollkommenheit!-- Still! Luna schläft ja beim Endymion Und will nicht aufgeweckt sein.

(Die Musik hört auf.)

Lorenzo. Wenn nicht alles Mich trügt, ist das die Stimme Porzias.

Porzia. Er kennt mich, wie der blinde Mann den Kuckuck, An meiner schlechten Stimme.

Lorenzo. Gnädge Frau, willkommen!

Porzia. Wir beteten für unsrer Männer Wohlfahrt Und hoffen, unsre Worte fördern sie: Sind sie zurück?

Lorenzo. Bis jetzt nicht, gnädge Frau. Allein ein Bote ist vorausgekommen, Sie anzumelden.

Porzia. Geh hinein, Nerissa, Sag meinen Leuten, daß sie gar nicht tun, Als wären wir vom Haus entfernt gewesen;-- Auch Ihr, Lorenzo! Jessica, auch Ihr!

(Trompetenstoß.)

Lorenzo. Da kommt schon Eur Gemahl, ich höre blasen; Wir sind nicht Plaudertaschen, fürchtet nichts.

Porzia. Mich dünkt, die Nacht ist nur ein krankes Tagslicht, Sie sieht ein wenig bleicher; 's ist ein Tag Wie's Tag ist, wenn die Sonne sich verbirgt. (Bassanio, Antonio, Graziano treten auf mit ihrem Gefolge.)

Bassanio. Wir hielten mit den Antipoden Tag, Erschient Ihr, während sich die Sonn entfernt.

Porzia. Wenn mein Betragen nur das Licht nicht scheut, So mag mein Fußtritt wohl im Dunkeln wandeln: Ihr seid zu Haus willkommen, mein Gemahl!

Bassanio. Ich dank Euch, heißt willkommen meinen Freund! Dies ist der Mann, dies ist Antonio, Dem ich so grenzenlos verpflichtet bin.

Porzia. Ihr müßt in allem ihm verpflichtet sein; Ich hör, er hat sich sehr für Euch verpflichtet.

Antonio. Zu mehr nicht, als ich glücklich bin gelöst.

Porzia. Herr, Ihr seid unserm Hause sehr willkommen! Es muß sich anders zeigen als in Reden, Drum kürz ich diese Wortbegrüßung ab.

(Graziano und Nerissa haben sich unterdessen besonders unterredet.)

Graziano. Ich schwör's bei jenem Mond, Ihr tut mir Unrecht! Fürwahr, ich gab ihn an des Richters Schreiber: Wär er verschnitten, dem ich ihn geschenkt, Weil Ihr Euch, Liebste, so darüber kränkt!

Porzia. Wie? schon ein Zank? worüber kam es her?

Graziano. Um einen Goldreif, einen dürftgen Ring, Den sie mir gab; der Denkspruch war daran Genau der Art, wie Vers' auf einer Klinge Vom Messerschmied: "Liebt mich und laßt mich nicht."

Nerissa. Was redet Ihr vom Denkspruch und dem Wert? Ihr schwurt mir, da ich ihn Euch gab, Ihr wolltet Ihn tragen bis zu Eurer Todesstunde; Er sollte selbst im Sarge mit Euch ruhn. Ihr mußtet ihn um Eurer Eide willen, Wo nicht um mich, verehren und bewahren. Des Richters Schreiber!--o ich weiß, der Schreiber, Der ihn bekam, trägt niemals Haar am Kinn.

William Shakespeare
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