Nachdem sie nun zu Ausführung dieses Vorhabens eine verrätherische Kriegsschaar zusammen gebracht, öffnete Antonio in einer fatalen Mitternacht die Thore von Meiland, und in der Todesstille der Finsterniß schleppten die Diener seiner bösen That mich und dein schreyendes Selbst hinweg.
Miranda. O weh! Ich will izt über diese Gewaltthat schreyen, da ich mich nicht mehr erinnere, wie ich damals geschrien habe; eine geheime Nachempfindung preßt diese Thränen aus meinen Augen.
Prospero. Hör' ein wenig weiter, und dann will ich dich zu der gegenwärtigen Angelegenheit bringen, die wir vor uns haben, und ohne welche diese Erzählung sehr unbesonnen wäre.
Miranda. Warum nahmen sie uns denn das Leben nicht?
Prospero. Die Frage ist vernünftig, Mädchen; meine Erzählung veranlaset sie. Sie durften es nicht wagen, meine Theureste, so groß war die Liebe die das Volk für mich hatte, sie durften es nicht wagen, ihre Übelthat durch ein blutiges Merkmal der Entdekung auszusezen, sondern strichen ihre boshaftigen Absichten mit schönern Farben an. Kurz, sie schleppten uns auf eine Barke, und führten uns etliche Meilen in die See, wo sie ein ausgeweidetes Gerippe von einem Boot, ohne Thauwerk, ohne Seegel, und ohne Mast zubereiteten, ein so armseliges Ding, das sogar die Razen, vom Instinct gewarnet, es verlassen hatten; und auf diesem elenden Nachen stiessen sie uns in die See, um den Wellen entgegen zu jammern, die uns heulend antworteten; und den Winden zuzuseufzen, deren wieder zurükseufzendes Mitleiden unsre Angst vermehrte, indem es sie lindern zu wollen schien.
Miranda. Himmel! wie viel Unruhe muß ich euch damals gemacht haben!
Prospero. O! Ein Cherubim warst du, der mich beschüzte. Da ich von der Last meines Elends niedergedrükt, einen Strom von trostlosen Thränen in die See hinunter weinte, da lächeltest du mir mit einer vom Himmel eingegoßnen Freudigkeit entgegen, und erwektest dadurch den Muth in mir, alles zu ertragen, was über mich kommen würde.
Miranda. Wie kamen wir denn ans Land?
Prospero. Durch Göttliche Vorsicht! Wir hatten einigen Vorrath von Speise und frischem Wasser, womit uns Gonsalo, ein Neapolitanischer Edelmann, dem die Ausführung dieses Geschäfts anbefohlen war, aus Gutherzigkeit und Mitleiden versehen hatte. Er hatte uns auch mit reichen Kleidern, leinen Geräthe und andern Nothwendigkeiten beschenkt, die uns seither gute Dienste gethan haben; und da er wußte wie sehr ich meine Bücher liebte, so verschafte mir seine Leutseligkeit aus meinem eignen Vorrath einige, die ich höher schäze als mein Herzogthum.
Miranda. Wie wünscht' ich diesen Mann einmal zu sehen!
Prospero. Nun komm ich zur Hauptsache. Bleibe sizen, und höre das Ende meiner Erzählung. Wir kamen in dieses Eiland, und hier hab' ich, durch meine Unterweisungen, dich weiter gebracht als andre Fürsten können, die nur für ihre Lustbarkeiten Musse haben, und die Erziehung ihrer Kinder nicht so sorgfältigen Aufsehern überlassen.
Miranda. Der Himmel danke es euch! Aber nun bitte ich euch mein Herr, (denn ich höre dieses Ungewitter noch immer in meiner Einbildung) was war die Ursache, warum ihr diesen Sturm erreget habt?
Prospero. So wisse denn, daß durch einen höchst seltsamen Zufall, das mir wieder günstige Glük meine Feinde an dieses Ufer gebracht hat: Meine Vorhersehungs-Kunst sagt mir, daß ein sehr glüklicher Stern über meinem Zenith schwebt; allein sie sagt mir auch, daß wenn ich die wenigen Stunden seines günstigen Einflusses ungenüzt entschlüpfen lasse, mein Glük auf immer verscherzt seyn werde--Hier frage nicht weiter; du bist schläfrig; es ist eine heilsame Betäubung, gieb ihr nach; ich weiß daß du nicht anders kanst.
(Miranda schläft ein.)
Herbey, mein Diener, herbey; ich bin fertig. Nähere dich, mein Ariel--Komm!
Dritte Scene. (Ariel zu Prospero.)
Ariel. Heil dir, mein grosser Meister! Ehrwürdiger Herr, Heil dir! ich komme deine Befehle auszurichten; es sey nun zu fliegen oder zu schwimmen, mich in die Flammen zu tauchen, oder auf den krausen Wolken zu reiten; Ariel und alle seine Kräfte sind zu deinem mächtigen Befehl.