Der Sturm

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Antonio. Der junge.

Sebastian. Gut, was wetten wir?

Antonio. Ein Gelächter.

Sebastian. Es bleibt darbey.

Adrian. Obgleich diese Insel wüste scheint--

Sebastian. Ha, ha, ha--So, ihr seyd bezahlt.

Adrian. Unbewohnbar, und in der That ganz unzugangbar--

Sebastian. So kan sie doch--

Adrian. So kan sie doch--

Antonio. So kan er doch nicht weiter--

Adrian. Nicht anders, als von einer subtilen zärtlichen und angenehmen Temperatur seyn.

Antonio. (Temperantia) war ein hübsches Mensch.

Sebastian. Ja, und subtil, wie er auf eine sehr gelehrte Art angemerkt hat.

Adrian. Die Luft weht uns hier recht lieblich an--

Sebastian. So lieblich, als ob sie eine faule Lunge hätte.

Antonio. Oder als ob sie von einem Morast parfümirt würde.

Gonsalo. Man findet alles hier, was zu einem angenehmen Leben gehört.

Antonio. In der That, ausser nichts zu essen.

Sebastian. Nun, das eben nicht.

Gonsalo. Wie frisch und anmuthig das Gras aussieht! wie grün!

Antonio. In der That, der Boden ist braungelb.

Sebastian. Mit einem Gedanken von grün vermengt.

Antonio. Er trift es doch nicht übel.

Sebastian. Nicht übel; es ist weiter nichts, als daß er die Wahrheit ganz und gar verfehlt.

Gonsalo. Das seltsamste aber, und was in der That allen Glauben übersteigt--

Sebastian. Wie manche Raritäten der Reisebeschreiber--

Gonsalo. Ist, daß unsre Kleider, ungeachtet sie im Meer wohl durchnezt worden, nichts destoweniger Farbe und Glanz behalten haben; man sollte eher denken, sie seyen noch einmal gefärbt, als vom Seewasser beflekt worden.

Antonio. Wenn nur eine von seinen Taschen reden könnte, würde sie ihn nicht Lügen strafen?

Gonsalo. Mich dünkt, unsre Kleider sehen so neu aus, als wie wir sie in Africa das erstemal anzogen, da der König seine schöne Tochter Claribella mit dem Könige von Tunis vermählte.

Sebastian. Es war eine lustige Hochzeit, und die Heimreise schlägt uns recht wohl zu.

Adrian. Tunis hat noch nie die Ehre gehabt, eine Königin von so seltnen Vollkommenheiten zu haben.

Gonsalo. Seit der Wittwe Dido Zeiten nicht.

Antonio. Wittwe? daß der Henker die Wittwe! Wie kommt diese Wittwe hieher? warum Wittwe Dido?

Sebastian. Und wie, wenn er noch gesagt hätte: Wittwer Äneas? Euer Gnaden nehmen ihm auch alles zum schlimmsten auf.

Adrian. Wittwe Dido, sagtet ihr? Dabey fällt mir auch etwas aus der Schule ein. Dido war von Carthago, nicht von Tunis.

Gonsalo. Aber Tunis, mein guter Herr, war einst Carthago.

Adrian. Carthago?

Gonsalo. Das versichre ich euch, Carthago.

Antonio. Sein Wort ist über die wunderthätige Harfe Amphions.

Sebastian. Es richtet die Mauren mit samt den Häusern auf.

Antonio. Was für unmögliche Dinge wird er nun zustande bringen?

Sebastian. Ich denke, er wird auf der Heimreise diese Insel in seine Tasche steken, und sie seinem Buben statt eines Apfels nach Hause bringen.

Antonio. Und die Kerne davon in das Meer säen, damit er eine junge Zucht von Inseln kriegt.

Alonso. Wie, wovon sprecht ihr?

Gonsalo. Gnädigster Herr, wir redten davon, daß unsre Kleider noch so neu aussehen, als wie wir sie zu Tunis auf eurer Tochter Vermählungsfest trugen.]

Alonso. Ihr erinnert mich zur Unzeit an das, worüber ich mir selbst nur allzuviel Vorwürfe mache--Wollte der Himmel, ich hätte meine Tochter nie zu Tunis verheurathet! Weil ich dahin reißte, hab ich meinen Sohn verlohren, und meiner Rechnung nach, sie dazu; da sie soweit von Italien entfernt ist, daß ich sie nimmer wiedersehen werde. O du mein Erbe von Neapel und Meiland, was für einem Meer- Ungeheuer bist du zur Speise geworden!

Francisco. Sire, verhoffentlich lebt er noch. Ich sah ihn die entgegenschwellenden Wellen unter ihm wegschlagen, und auf ihrem bezwungenen Rüken reiten; er erhielt sein kühnes Haupt immer über ihnen empor, und steurte sich selbst mit starken Armen ans Ufer, welches sich über seine von den Wellen abgespülte Basis in die See hinaus bog, als ob es ihm eine Zuflucht darbieten wollte.

William Shakespeare
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