Der Sturm

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Ihre Pfauen sind in vollem Anzug. Nähere dich, reiche Ceres, sie zu unterhalten.

{ed.-* Dieses ganze Spiel ist im Original in Reimen.}

(Ceres tritt auf.)

Ceres. Heil dir, vielfarbichte Bötin und Aufwärterin der Gemahlin des Jupiters, die du von deinen saffrangelben Schwingen honigtriefende, erfrischende Regen auf meine Blumen schüttest, und mit jedem Ende deines blauen Bogens, einer reichen Schärpe für meine stolze Erde, meine schwellenden Felder und meine nakten Sandhügel bekrönst; warum hat deine Königin mich hieher beruffen?

Iris. Ein Bündniß treuer Liebe zu begehen, und die glüklichen Liebhaber mit einem freywilligen Geschenke zu begaben.

Ceres. Sage mir, himmlischer Bogen, ist dir nicht bekannt, ob Venus oder ihr Sohn die Königin begleiten? Denn seitdem sie dem düstern Pluto Vorschub gethan haben, meine Tochter zu entführen, hab' ich ihre und ihres blinden Buben ärgerliche Gesellschaft verschworen.

Iris. Fürchte dich nicht vor ihrer Gesellschaft. Ich begegnete ihrer Deität, wie sie die Wolken gegen Paphos zu durchschnitt, sie und ihr Sohn, von Dauben mit ihr gezogen; sie bildeten sich ein, durch irgend ein leichtfertiges Zauberwerk diesen Jüngling und diß Mädchen zu bethören, die das Gelübde gethan haben, sich der Rechte des Ehebettes zu enthalten, bis Hymens Fakel ihnen angezündet wird; aber die heisse Buhlerin des Kriegs-Gottes ist unverrichter Dingen zurük gekommen, und ihr wespen-mässiger Sohn hat seinen Bogen zerbrochen, und schwört, er wolle keinen Pfeil mehr anrühren, sondern mit Spazen spielen und geradezu ein kleiner Junge seyn.

Ceres. Die hohe Königin des Götter-Staats, die grosse Juno kommt; ich erkenne sie an ihrem Gang.

(Juno steigt von ihrem Wagen und tritt auf.)

Juno. Wie befindet sich meine mildreiche Schwester? Komm mit mir, dieses Paar zu segnen, daß sie glüklich seyn, und eine ehrenvolle Nachkommenschaft sehen mögen.

(Juno und Ceres singen ein Lied, worinn jede die Verlobten mit ihren eignen Gaben beschenkt.)

Ferdinand. Diß ist ein höchst majestätisches Gesicht, und eine bezaubernde Harmonie; und darf ich kühnlich glauben, daß es Geister sind?

Prospero. Geister, die ich durch meine Kunst aus ihren Bezirken hiehergerufen habe, meine Phantasien auszuführen.

Ferdinand. O! laßt mich hier ewig leben; ein so wundervoller Vater, und ein solches Weib machen diesen Ort zu einem Paradiese.

Prospero. Stille, mein Wehrter! Juno und Ceres lispeln einander ganz ernsthaft etwas in die Ohren; es wird noch etwas zuthun seyn; husch, seyd stumm, oder unser Spiel wird verdorben.

(Juno und Ceres reden leise mit einander, und schiken Iris mit einem Auftrag ab.)

Iris. Ihr Nymphen der schlängelnden Bäche, Najaden genannt, mit euern Schilf-Kränzen und immer freundlichen Bliken, verlaßt eure kräuselnden Canäle und kommt, Juno befiehlt's, auf diese grüne Flur. Kommt, keusche Nymphen, und helft ein Bündniß treuer Liebe zu feyern; säumt euch nicht!

(Eine Anzahl Nymphen treten auf.)

Iris (fahrt fort.) Ihr von der Sonne verbrannten Schnitter, des Augusts müde, kommt aus euern Furchen, und theilet unsre Lust. Macht Feyertag, sezt eure Strohhüte auf, und jeder gebe einer von diesen frischen Nymphen die Hand zum ländlichen Tanz.

Vierte Scene. (Eine Anzahl von nettgekleideten Schnittern treten auf, und vereinigen sich mit den Nymphen zu einem anmuthigen Tanz: Gegen das Ende des Tanzes fährt Prospero plözlich auf, und spricht die folgende Rede, worauf alles mit einem seltsamen holen und verworrnen Getöse verschwindet.)

Prospero. Ich hatte diese schändliche Zusammenverschwörung des Viehes Caliban und seiner Gesellen gegen mein Leben völlig aus der Acht gelassen; die Minute die sie zur Ausführung erkießt haben, ist beynahe gekommen--Gut gemacht; hinweg, nichts mehr!

Ferdinand (leise zu Miranda.) Diß ist seltsam, unser Vater ist in irgend einem Affect, der mit Macht auf ihn würkt.

Miranda. Niemals bis auf diesen Tag sah ich ihn in einem so heftigen Unwillen.

Prospero. Ihr seht bestürzt aus, mein Sohn; seyd gutes Muths, unsre Spiele sind nun zu Ende.

William Shakespeare
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