Ein ehrlicher Mann, Sir, ist im Stand für sich selbst zu reden, das ist ein Schelm nicht. Ich hab' Euer Herrlichkeit treulich gedient, diese acht Jahr' her; und wenn ich nicht auch ein oder zweymal in einem Quartal einem Schelmen gegen einen Bidermann hinaushelfen kan, so ist wahrlich mein Credit bey Eu. Herrlichkeit nicht groß. Der Schelm ist mein guter Freund, Sir, und ich bitte Euer Herrlichkeit also, laßt ihn durchwischen.
Schallow. Geh, geh, sag' ich, es soll ihm nichts gethan werden: Sieh' zu den Sachen, Davy.--Wo seyd ihr, Sir John? Kommt, herab mit euern Stiefeln! Gebt mir eure Hand, Herr Bardolph.
Bardolph. Es freut mich, Eu. Herrlichkeit wohl zu sehen.
Schallow. Ich danke dir von Herzen, mein wakrer Herr Bardolph;
(zum kleinen Lakayen)
ha, willkommen, mein hübscher Bursche--Kommt, Sir John.
(Sie gehen ab.)
Zweyte Scene. (Verwandelt sich in den Hof zu London.) (Der Graf von Warwik, und der Lord Ober-Richter treten auf.)
Warwik. Wie steht es, Milord Ober-Richter, wohin?
Ober-Richter. Wie befindt sich der König?
Warwik. Vollkommen wohl; seine Sorgen sind nun alle geendigt.
Ober-Richter. Ich hoffe, er ist nicht todt?
Warwik. Er ist den Weg der Natur gegangen, und für uns lebt er nicht mehr.
Ober-Richter. Ich wünschte, Se. Majestät hätte mich mit sich genommen. Die getreuen Dienste, die ich ihm in seinem Leben geleistet, haben mich allen Kränkungen ausgesezt gelassen.
Warwik. In der That, ich denke der junge König ist nicht euer Freund.
Ober-Richter. Ich weiß, daß er's nicht ist; und ich rüste mich auf alles was begegnen kan; es kan nicht schlimmer seyn, als ich's erwarte. (Lord John von Lancaster, Glocester und Clarence zu den Vorigen.)
Warwik. Hier kommen die betrübten Söhne des todten Heinrichs. O hätte der lebende nur die Gemüthsart des schlechtesten unter diesen drey Prinzen, wie viele Männer von Stand und Verdienst würden dann ihre Pläze behalten, die izt vor Leuten von der verächtlichsten Classe die Segel streichen müssen.
Ober-Richter. Ich besorge, leider! es werde alles zu unterst zu oberst gekehrt werden.
Lancaster. Guten Morgen, Vetter Warwik.
Glocester. Clarence. Guten Morgen, Vetter.
Lancaster. Wir kommen zusammen, wie Leute die das Reden vergessen haben.
Warwik. Wir erinnern uns noch wol, aber der Inhalt unsrer Gedanken ist zu schwer, als daß ihn Worte sollten tragen können.
Lancaster. Nun, Friede sey mit dem, der uns diese Schwermuth verursacht hat.
Ober-Richter. Friede sey mit uns, oder wir werden noch schwermüthiger werden.
Glocester. O, mein lieber Lord, ihr habt in der That einen Freund verlohren, und ich darf schwören, ihr borgtet dieses kummervolle Gesicht nicht; es ist ganz gewiß euer eignes.
Lancaster. Obgleich niemand gewiß weiß, wie es ihm ergehen wird, so habt ihr doch am wenigsten gutes zu erwarten; diß vermehrt meinen Kummer, ich wollt' es wär' anders.
Clarence. Gut, ihr müßt izt Sir John Falstaffen gute Worte geben; seine Gunst vermag izt mehr als eure Verdienste.
Ober-Richter. Liebste Prinzen, was ich that, that ich als ein rechtschafner Mann, nach der Vorschrift meines Gewissens und meiner Pflicht; und niemals sollt ihr mich eine niederträchtige Verzeihung erbetteln sehen. Wenn Wahrheit und aufrichtige Unschuld meinen Fall verursachen, so will ich zu dem König meinem abgelebten Herrn, und ihm sagen, wer mich ihm nachgeschikt hat.
Warwik. Hier kommt der Prinz.
Dritte Scene. (Der Prinz Heinrich, nunmehr König Heinrich der fünfte, zu den Vorigen.)
Ober-Richter. Gott erhalte Eu. Majestät.
König Heinrich. Dieses ungewohnte und strozende Kleid, Majestät, sizt mir lange nicht so leicht als ihr euch einbildet. Brüder, eure Traurigkeit ist, wie mich däucht, mit Furcht vermischt; diß ist der Englische, nicht der Türkische Hof; kein Amurath folgt auf einen Amurath, sondern Heinrich auf Heinrich. Und doch seyd immerhin traurig, meine Brüder; aber, da die Ursache dazu uns allen gemein ist, so betrachtet sie auch nicht anders als wie eine Last, die uns gemeinschaftlich zu tragen auferlegt ist.