Die Irrungen

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Aber hier ist ein Galgenschwengel, der mir ins Gesicht behaupten will, er habe mich auf dem Markt angetroffen; und ich hab' ihm Schläge gegeben, und tausend Mark an Gold von ihm gefodert, und ich hab' ihm meine Frau und mein Haus abgeläugnet: Du besoffener Kerl, du, was meyntest du mit allem diesem Gewäsche?

Dromio von Ephesus. Sagt was ihr wollt, Herr, ich weiß doch was ich weiß; daß ihr mich auf dem Markt geschlagen habt, das kan ich mit eurer Hand beweisen; wäre mein Fell Pergament, und die Ohrfeigen die ihr mir gegeben habt, Dinte, so würde eure eigne Handschrift sagen was ich denke.

Antipholis von Ephesus. Ich denke, du bist ein Esel.

Dromio von Ephesus. Mein Six, das erhellet aus den Schlägen, die ich ohne Ursache gekriegt habe.

Antipholis von Ephesus. Ihr seyd düster, Herr Balthasar?Der Himmel gebe, daß unsre Mahlzeit meinem guten Willen entspreche. Wenn ihr nicht gut bewirthet werdet, so seyd wenigstens versichert, daß ihr nicht willkommner seyn könntet.

(Er will die Thür aufmachen.)

Sachte! die Thür ist verriegelt; geh', Dromio, sag' ihnen, daß sie uns einlassen.

Dromio von Ephesus. Mathilde, Brigitte, Marian, Cäcile, Cathrine, Susanne!

Dromio von Syracus (hinter der Thür.) Flegel, Schlingel, Bengel, Gek, Mauskopf, Frazen-Gesicht! Entweder scherr dich von der Thüre, oder siz' auf die Zaken; was für eine verzweifelte Menge Menscher beschwörst du da zusammen, da es an einer zuviel gegen einem ist; scherr dich von der Thür.

Dromio von Ephesus. Was für ein Flegel ist Thürhüter bey uns worden?Mein Herr wartet hier auf der Strasse, mach auf.

Dromio von Syracus. Laß ihn gehn woher er gekommen ist, oder er möchte sich die Füsse, hier erkälten.

Antipholis von Ephesus. Wer redt da drinnen?holla; macht die Thür auf.

Dromio von Syracus. Gleich, Herr, wenn ihr mir nur erst sagen wollt, warum?

Antipholis von Ephesus. Warum, Schurke?Weil ich zu mittag essen will; ich habe heute noch nichts gegessen.

Dromio von Syracus. Und werdet heute auch in diesem Hause nichts zu essen kriegen; kommt ein ander mal wieder.

Antipholis von Ephesus. Wer bist du, der mich zu meinem eignen Hause hinausschließt?

Dromio von Syracus. Der zeitige Thürhüter, Herr, und mein Nam ist Dromio, wenn's euch lieb ist.

Dromio von Ephesus. O du Galgenvogel, hast du mir meinen Namen zusammt meinem Amt gestohlen?Bist du Dromio?Ich wollte du wärst es heute gewesen; es war ein Anlas, wo ich meinen Namen wohlfeil gegeben hätte.*

{ed.-* Man ist genöthiget, hier einen guten Theil von kleinen sinnreichen Reden auszulassen, die zwischen den Bedienten und einer Magd vorfallen, und in lauter Wortspielen bestehen, so sie einander zuwerfen.}

(Weil man den Antipholis nicht einlassen will, fangt dieser an ungeduldig werden, und will die Thür mit Gewalt einstossen, worüber ein grosser Lerm entsteht.)

Adriana (hinter der Scene.) Wer ist da vor der Thür, der einen solchen Lermen macht?

Dromio von Syracus. Bey meiner Six, es giebt böse Buben in eurer Stadt.

Antipholis von Ephesus. Seyd ihr da, Frau?Ihr hättet wol bälder kommen können.

Adriana. Eure Frau, Herr Spizbube?Geht, pakt euch von der Thüre fort.

Angelo. Mein Herr, ich sehe wol, hier ist weder was gutes zu essen, noch ein freundlicher Willkomm zu haben--wir halten uns vergeblich auf.

Antipholis von Ephesus. Geh', hole mir was, daß ich die Thür aufbrechen kan.

Dromio von Syracus. Versuchts, und brecht hier was, wenn ihr wollt daß ich euch den Schädel zerbrechen soll.

Antipholis von Ephesus. Geh', sag' ich, hole mir ein Stemm-Eisen --

Balthasar. Habt Geduld, mein Herr; ich bitte euch, fangt nichts dergleichen an; ihr würdet einen Anfall auf euren eignen guten Namen thun, und die nie verlezte Ehre eurer Frauen in Verdacht bringen. Bedenket nur das; die lange Erfahrung, die ihr von ihrer klugen Aufführung und von ihrer Tugend habt, ihre bekannte Sittsamkeit, und selbst ihr geseztes Alter rechtfertigen sie gegen allen Verdacht; es muß irgend eine gute Ursache seyn, wenn ihr sie gleich nicht wißt, warum die Thüren dißmal so vor euch verriegelt sind; und zweifelt nicht, mein Herr, daß sie sich vollkommen deßwegen wird rechtfertigen können.

William Shakespeare
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