Die Irrungen

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Die Idee von einem Globus hat unserm Autor so kurzweilig gedäucht, daß Dromio seinem Herrn beynahe alle Länder des Erdbodens auf dieser seltsamen Weltkugel aufsuchen muß; welches er dann auf eine so ekelhafte und schmuzige Art thut, als der Gegenstand ist, der seinem pöbelhaften Wiz diesen schönen Anlas giebt, sich zu zeigen.}

--Mit einem Wort, diese Unholde machte Anspruch an mich, nannte mich Dromio, schwur daß ich mit ihr verheurathet sey, sagte mir was für geheime Merkmale ich an mir habe, als die Fleken auf meiner Schulter, das Gewächs an meinem Hals, die grosse Warze an meinem linken Arm; so daß ich voller Schreken davon lief, weil ich wol sah, daß sie eine Hexe seyn mußte. Ich glaube, meiner Treu, wenn ich nicht ein so guter Christ wäre, sie hätte mich in einen Hund ohne Schwanz verwandelt, und mich gezwungen, die Braten in ihrer Küche zu wenden.

Antipholis von Syracus. Geh', so schnell als du kanst, lauf an die Rhede, und wenn irgend ein Wind vom Ufer wegtreibt, so will ich keine Nacht mehr in dieser Stadt zubringen. Wenn du ein Schiff findest, das abfahren will, so komm auf den Markt; ich will dort auf und ab gehen, bis du wieder kommst; wenn uns jedermann kennt, und wir kennen niemand, so ist es hohe Zeit, denk' ich, seinen Bündel zu machen, und davon zu gehen.

(Dromio geht ab.)

Vierte Scene.

Antipholis von Syracus. Das ist gewiß, daß lauter Zaubervolk hier wohnt, und es ist also nicht gut, sich hier lang aufzuhalten. Es graut mir in der Seele vor dem Gedanken, daß diejenige mein Weib seyn sollte, die mich als ihren Mann anspricht. Aber ihre schöne Schwester hat ein so unwiderstehlich angenehmes Wesen, und einen so bezaubernden Umgang, daß sie mich beynahe zum Verräther an mir selbst gemacht hat. Aber wenn ich mich selbst nicht in Unglück stürzen will, muß ich meine Ohren gegen den Gesang dieser Syrene verstopfen. (Angelo tritt mit einer goldnen Kette auf.)

Angelo. Herr Antipholis--

Antipholis von Syracus. Ja, so heiß' ich.

Angelo. Das weiß ich wohl, mein Herr: seht, hier ist die Kette; ich dachte ich wollte euch im Stachelschwein antreffen, ich mußte so lange ausbleiben, weil die Kette noch nicht fertig war.

Antipholis von Syracus. Was wollt ihr daß ich damit thun soll?

Angelo. Was ihr selbst wollt, mein Herr; ich habe sie für euch gemacht.

Antipholis von Syracus. Für mich gemacht, mein Herr?Ich bestellte sie ja nicht.

Angelo. Nicht ein oder zweymal, wohl zwanzig mal habt ihr sie bestellt, geht heim und macht eurer Frauen eine Freude damit; gleich nach dem Nachtessen will ich zu euch kommen, und das Geld dafür abholen.

Antipholis von Syracus. Ich bitte euch, mein Herr, nehmt das Geld lieber izt ein, ihr möchtet sonst weder Geld noch Kette wieder sehen.

Angelo. Es beliebt euch zu spassen, mein Herr; lebet wohl.

(Er geht ab.)

Antipholis von Syracus. Was ich hievon denken soll, kan ich nicht sagen; aber das denk ich, es ist niemand so albern, der eine so schöne Kette nicht annehme, wenn man sie ihm anbietet. Ich sehe wohl, es hat einer hier keine Kunstgriffe nöthig, um leben zu können, da einem auf der Strasse so kostbare Geschenke in die Hände lauffen. Ich will nun auf den Markt, und den Dromio erwarten, und wenn irgend ein Schiff abgeht, auf und davon!

Vierter Aufzug.

Erste Scene. (Die Strasse.) (Ein Kauffmann, Angelo und ein Gerichtsdiener treten auf.)

Kauffmann. Ihr wißt, die Summe war schon um Pfingsten verfallen, und ich hab' euch seither nicht viel beunruhiget, und würd' es auch izt nicht thun, wenn ich nicht eine Reise nach Persien vor mir hätte, wozu ich Geld brauche; befriedigt mich also auf der Stelle, oder hier ist ein Gerichtsdiener, der sich eurer versichern wird.

Angelo. Die nemliche Summe, die ihr an mich zu fodern habt, ist Antipholis mir schuldig, für eine goldne Kette, die ich ihm einen Augenblik eh ich euch antraf, zugestellt hatte; diesen Abend um fünfe soll ich das Geld davor einnehmen; seyd nur so gut mit mir zu seinem Hause zu gehen, und ich will euch mit Dank bezahlen.

William Shakespeare
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