Hermia. Mein Lysander! Ich schwör es dir bei Amors stärkstem Bogen, Bei seinem besten, goldgespitzten Pfeil Und bei der Unschuld von Cytherens Tauben; Bei dem, was Seelen knüpft in Lieb und Glauben; Bei jenem Feur, wo Dido einst verbrannt, Als der Trojaner falsch sich ihr entwand; Bei jedem Schwur, den Männer je gebrochen, Mehr an der Zahl, als Frauen je gesprochen; Du findest sicher morgen mitternacht Mich an dem Platz, wo wir es ausgemacht.

Lysander. Halt, Liebe, Wort! Sieh, da kommt Helena.

(Helena tritt auf.)

Hermia. Gott grüß Euch, schönes Kind! Wohin soll's gehn?

Helena. Schön nennt Ihr mich?--Nein, widerruft dies Schön! Euch liebt Demetrius, beglückte Schöne!-- Ein Angelstern ist Euer Aug; die Töne Der Lippe süßer, als der Lerche Lied Dem Hirten scheint, wenn alles grünt und blüht. Krankheit steckt an; o tät's Gestalt und Wesen! Nie wollt ich, angesteckt von Euch, genesen. Mein Aug lieh' Euren Blick, die Zunge lieh' Von Eurer Zunge Wort und Melodie. Wär mein die Welt, ich ließ damit Euch schalten, Nur diesen Mann wollt ich mir vorbehalten. O lehrt mich, wie Ihr blickt! Durch welche Kunst Hängt so Demetrius an Eurer Gunst?

Hermia. Er liebt mich stets, trotz meinen finstern Mienen.

Helena. O lernte das mein Lächeln doch von ihnen!

Hermia. Ich fluch ihm, doch das nährt sein Feuer nur.

Helena. Ach, hegte solche Kraft mein Liebesschwur!

Hermia. Je mehr gehaßt, je mehr verfolgt er mich.

Helena. Je mehr geliebt, je ärger haßt er mich.

Hermia. Soll ich denn schuld an seiner Torheit sein?

Helena. Nur Eure Schönheit: wär die Schuld doch mein!

Hermia. Getrost! ich werd ihm mein Gesicht entziehen. Lysander wird mit mir von hinnen fliehen. Vor jener Zeit, als ich Lysandern sah, Wie schien Athen ein Paradies mir da! Nun denn, wofür sind Reize wohl zu achten, Die einen Himmel mir zur Hölle machten?

Lysander. Laß, Helena, dir unsern Schluß vertrauen: Wenn morgen Phöbe die begrünten Auen Mit ihrer Perlen feuchtem Schmuck betaut Und ihre Stirn im Wellenspiegel schaut, Wann Still' und Nacht verliebten Raub verhehlen, Dann wollen wir zum Tor hinaus uns stehlen.

Hermia. Und in dem Wald, wo oftmals ich und du Auf Veilchenbetten pflogen sanfter Ruh, Wo unsre Herzen schwesterlich einander Sich öffneten, da trifft mich mein Lysander. Wir suchen, von Athen hinweggewandt, Uns neue Freunde dann in fremdem Land. Leb wohl, Gespielin, bete für uns beide! Demetrius sei deines Herzens Freude! Lysander, halte Wort!--Was Lieb erquickt, Wird unserm Blick bis morgen nacht entrückt.

(Ab.)

Lysander. Das will ich!--Lebet wohl nun, Helena! Der Liebe Lohn sei Eurer Liebe nah.

(Ab.)

Helena. Wie kann das Glück so wunderlich doch schalten! Ich werde für so schön als sie gehalten. Was hilft es mir, solang Demetrius Nicht wissen will, was jeder wissen muß? Wie Wahn ihn zwingt, an Hermias Blick zu hangen, Vergöttr ich ihn, von gleichem Wahn befangen. Dem schlechteren Ding an Art und an Gehalt Leiht Liebe dennoch Ansehn und Gestalt. Sie sieht mit dem Gemüt, nicht mit den Augen, Und ihr Gemüt kann nie zum Urteil taugen. Drum nennt man ja den Gott der Liebe blind. Auch malt man ihn geflügelt und als Kind, Weil er, von Spiel zu Spielen fortgezogen, In seiner Wahl so häufig wird betrogen. Wie Buben oft im Scherze lügen, so Ist auch Cupido falscher Schwüre froh. Eh Hermia meinen Liebsten mußt entführen, Ergoß er mir sein Herz in tausend Schwüren; Doch kaum erwärmt von jener neuen Glut, Verrann, versiegte diese wilde Flut. Jetzt geh ich, Hermias Flucht ihm mitzuteilen; Er wird ihr nach zum Walde morgen eilen. Zwar, wenn er Dank für den Bericht mir weiß, So kauf ich ihn um einen teuren Preis. Doch will ich, mich für meine Müh zu laben, Hin und zurück des Holden Anblick haben.

(Ab.)

Zweite Szene

Eine Stube in einer Hütte (Squenz, Schnock, Zettel, Flaut, Schnauz und Schlucker kommen)

Squenz. Ist unsre ganze Kompanie beisammen?

Zettel. Es wäre am besten, Ihr riefet sie auf einmal Mann für Mann auf, wie es die Liste gibt.

William Shakespeare
Classic Literature Library

All Pages of This Book
Coriolanus
Der Erste Theil von K?nig Heinrich dem vierten
Der Kaufmann Von Venedig
Der Sturm
Der Zweyte Theil von K?nig Heinrich dem vierten
Die Irrungen
Ein Sommernachtstraum
Hamlet, Prinz von D?nnemark
Julius C?sar
Leben und Tod des K?nigs Johann
Leben und Tod Konigs Richard des zweyten
Maa? f?r Maa?
Macbeth
Othello, der Mohr von Venedig
Romeo und Julia
Romeo und Juliette
Timon von Athen
Was ihr wollt
Wie es euch Gefallt