Philostrat. Hier, großer Theseus!

Theseus. Was gibt's für Zeitvertreib auf diesen Abend? Was für Musik und Tanz? Wie täuschen wir Die träge Zeit als durch Belustigung?

Philostrat. Der Zettel hier besagt die fertgen Spiele: Wähl Eure Hoheit, was sie sehen will.

(Überreicht ein Papier.)

Theseus (liest). "Das Treffen der Kentauren--wird zur Harfe Von einem Hämling aus Athen gesungen." Nein, nichts hievon! Das hab ich meiner Braut Zum Ruhm des Vetter Herkules erzählt.-- "Der wohlbezechten Bacchanalen Wut, Wie sie den Sänger Thraziens zerreißen." Das ist ein altes Stück; es ward gespielt, Als ich von Theben siegreich wiederkam.-- "Der Musen Neunzahl, traurend um den Tod Der jüngst im Bettelstand verstorbenen Gelahrtheit." Das ist 'ne strenge, beißende Satire, Die nicht zu einer Hochzeitsfeier paßt.-- "Ein kurz langweilger Akt vom jungen Pyramus Und Thisbe, seinem Lieb. Spaßhafte Tragödie." Kurz und langweilig? Spaßhaft und doch tragisch? Das ist ja glühend Eis und schwarzer Schnee. Wer findet mir die Eintracht dieser Zwietracht?

Philostrat. Es ist ein Stück, ein Dutzend Worte lang, Und also kurz, wie ich nur eines weiß; Langweilig wird es, weils ein Dutzend Worte Zu lang ist, gnädger Fürst; kein Wort ist recht Im ganzen Stück, kein Spieler weiß Bescheid. Und tragisch ist es auch, mein Gnädigster, Denn Pyramus bringt selbst darin sich um. Als ichs probieren sah, ich muß gestehn, Es zwang mir Tränen ab; doch lustger weinte Des lauten Lachens Ungestüm sie nie.

Theseus. Wer sind die Spieler?

Philostrat. Männer, hart von Faust, Die in Athen hier ein Gewerbe treiben, Die nie den Geist zur Arbeit noch geübt Und nun ihr widerspenstiges Gedächtnis Mit diesem Stück auf Euer Fest geplagt.

Theseus. Wir wollen's hören.

Philostrat. Nein, mein gnädger Fürst, Es ist kein Stück für Euch. Ich hört es an, Und es ist nichts daran, nichts auf der Welt, Wenn Ihr nicht Spaß an ihren Künsten findet, Die sie mit schwerer Müh sich eingeprägt, Euch damit aufzuwarten.

Theseus. Ich will's hören, Denn nie kann etwas unwillkommen sein, Was Einfalt darbringt und Ergebenheit. Geht, führt sie her! Ihr Frauen, nehmet Platz!

(Philostrat ab.)

Hippolyta. Ich mag nicht gern Armseligkeit bedrückt, Ergebenheit im Dienst erliegen sehn.

Theseus. Du sollst ja, Teure, nichts dergleichen sehn.

Hippolyta. Er sagt ja, sie verstehen nichts hievon.

Theseus. Um desto gütger ist's, für nichts zu danken. Was sie versehen, ihnen nachzusehen, Sei unsre Lust. Was armer, willger Eifer Zu leisten nicht vermag, schätz edle Rücksicht Nach dem Vermögen nur, nicht nach dem Wert. Wohin ich kam, da hatten sich Gelahrte Auf wohlgesetzte Reden vorbereitet; Da haben sie gezittert, sich entfärbt, Gestockt in einer halb gesagten Phrase; Die Angst erstickte die erlernte Rede, Noch eh sie ihren Willkomm vorgebracht, Und endlich brachen sie verstummend ab. Sogar aus diesem Schweigen, liebes Kind, Glaub mir, fand ich den Willkomm doch heraus; Ja, in der Schüchternheit bescheidnen Eifers Las ich soviel als von der Plapperzunge Vorwitzig prahlender Beredsamkeit. Wenn Lieb und Einfalt sich zu reden nicht erdreisten, Dann, dünkt mich, sagen sie im Wenigsten am meisten.

(Philostrat kommt zurück.)

Philostrat. Beliebt es Eurer Hoheit? Der Prolog Ist fertig.

Theseus. Laßt ihn kommen.

(Trompeten.--Der Prolog tritt auf.)

Prolog. Wenn wir mißfallen tun, so ist's mit gutem Willen; Der Vorsatz bleibt doch gut, wenn wir ihn nicht erfüllen. Zu zeigen unsre Pflicht durch dieses kurze Spiel, Das ist der wahre Zweck von unserm End und Ziel. Erwäget also denn: warum wir kommen sein: Wir kommen nicht, als sollt ihr euch daran ergetzen; Die wahre Absicht ist--zu eurer Lust allein Sind wir nicht hier--daß wir in Reu und Leid euch setzen. Die Spieler sind bereit; wenn ihr sie werdet sehen, Versteht ihr alles schon, was ihr nur wollt verstehen.

Theseus. Dieser Bursche nimmt's nicht sehr genau.

Lysander. Er hat seinen Prolog geritten wie ein wildes Füllen; er weiß noch nicht, wo er halt machen soll.

William Shakespeare
Classic Literature Library

All Pages of This Book