Ich bin sehr stolz, rachgierig, ehrsüchtig, zu mehr Sünden aufgelegt, als ich Gedanken habe sie zu namsen, Einbildungs-Kraft sie auszubilden, und Zeit sie zu vollbringen. Wozu sollen solche Bursche, wie ich bin, zwischen Himmel und Erde herumkriechen? Wir sind alle ausgemachte Taugenichts; traue keinem von uns--Geh in ein Nonnen-Kloster--Wo ist euer Vater?
Ophelia. Zu Hause, Gnädiger Herr.
Hamlet. Laß die Thür hinter ihm zuschliessen, damit er den Narren nirgends als in seinem eignen Hause spielen könne--Adieu.
Ophelia. O hilf ihm, Gütiger Himmel!
Hamlet. Wenn du einen Mann nimmst, so will ich dir diesen Fluch zur Mitgift geben--Sey so keusch wie Eis, so rein wie Schnee, du wirst doch der Verläumdung nicht entgehen--Geh in ein Nonnen-Kloster--Adieu--Oder wenn du es ja nicht vermeiden kanst, so nimm einen Narren; denn gescheidte Leute wissen gar zu wohl, was für Ungeheuer ihr aus ihnen macht.--In ein Nonnen-Kloster, sag ich und das nur bald: Adieu.
Ophelia. Ihr himmlischen Mächte, stellet ihn wieder her!
Hamlet. Ich habe auch von eurer Mahler-Kunst gehört; eine feine Kunst! Gott hat euch ein Gesicht gegeben, und ihr macht euch ein anders. Ihr verhunzt unserm Herrn Gott sein Geschöpf durch eure tändelhafte Manieren, durch eure Ziererey, euer affektiertes Stottern, euern tanzenden Gang, eure kindische Launen; und seyd unwissend genug euch auf diese Armseligkeiten noch wer weiß wie viel einzubilden. Geh, geh, ich will nichts mehr davon, es hat mich toll gemacht. Ich meyne, keine Heyrathen mehr! Diejenigen die nun einmal verheyrathet sind, alle bis an einen, mögen leben; die übrigen sollen bleiben wie sie sind. In ein Nonnen-Kloster, geh.
(Hamlet geht ab.)
Ophelia. O was für ein edles Gemüth ist hier zu Grunde gerichtet! Das Aug eines Hofmanns, die Zunge eines Gelehrten, der Degen eines Helden! Die Erwartung, die blühende Hoffnung des Staats! Der Spiegel, worinn sich jeder besah, der gefallen wollte; das Modell von allem was groß, schön und liebenswürdig ist, gänzlich, gänzlich zernichtet! Ich unglükselige! Die einst den Honig seiner Schmeicheleyen, die Musik seiner Gelübde so begierig in mich sog; und izt sehen muß, wie der schönste Geist, gleich einem verstimmten Glokenspiel, lauter falsche, mißklingende Töne von sich giebt, und diese unvergleichliche Tugend-Blühte in finstrer Schwermuth hinwelkt! O! wehe mir! daß ich leben mußte, um zu sehen, was ich gesehen habe.
Dritte Scene. (Der König und Polonius treten auf.)
König. Liebe, sagt ihr? Nein, sein Gemüth ist von ganz andern Dingen eingenommen, und was er sagte, ob es gleich ein wenig seltsam klang, war auch nicht Wahnwiz. Es liegt ihm etwas im Gemüth, worüber seine Melancholie brütend sizt, und ich besorge es möchte gefährlich seyn, es zeitig werden zu lassen. Es ist mir in der Geschwindigkeit ein Mittel beygefallen, wie diesem Übel vorgebogen werden kan. Ich will ihn ohne Aufschub nach England schiken, um den Tribut zu fodern, der uns zurükgehalten wird: Vielleicht, daß die See-Luft, ein anders Land und andre Gegenstände, diese böse Materie zerstreuen mögen, die sich in seinem Herzen gesezt, und sein Gehirn mit schwarzen Vorstellungen angefüllt hat, denen er nachhängt, und darüber in diesen seltsamen Humor verfallen ist. Was denkt ihr davon?
Polonius. Es wird eine gute Wirkung thun. Und doch glaub ich noch immer, daß verachtete Liebe die erste Quelle und Ursach dieser Schwermuth gewesen--Wie steht's, Ophelia? Ihr habt nicht nöthig uns zu erzählen, was Prinz Hamlet sagte; wir haben alles gehört--
(Ophelia geht ab.)
Gnädigster Herr, handelt nach euerm Gefallen; wenn es euch aber nicht entgegen ist, so laßt die Königin seine Frau Mutter nach der Comödie in einer geheimen Unterredung einen Versuch machen, die Ursache seines Grams von ihm zu erfahren; laßt sie mit der Sprache gerad gegen ihn herausgehen; und ich will mich, wenn ihr's für gut anseht, an einen Ort stellen, wo ich alles was sie mit einander reden, hören kan. Will er sich nicht erklären, so schikt ihn nach England, oder verwahrt ihn sonst irgendwo; was eure Klugheit das rathsamste finden wird.