Hamlet. Das versteh' ich nicht allzuwol. Wollt ihr auf dieser Flöte spielen?
Güldenstern. Ich kan nicht, Gnädiger Herr.
Hamlet. Ich bitte euch.
Güldenstern. Glaubt mir, auf mein Wort, ich kan nicht.
Hamlet. Ich bitte recht sehr.
Güldenstern. Ich kenne keinen Griff, Gnädiger Herr.
Hamlet. Es ist eine so leichte Sache als Lügen; regiert die Windlöcher mit euern Fingern und dem Daumen, blaßt mit euerm Mund darein, und es wird die beredteste Musik von der Welt von sich geben. Seht ihr, hier sind die Griff-Löcher.
Güldenstern. Aber das ist eben der Fehler, daß ich sie nicht zu greiffen weiß, damit eine Harmonie heraus komme; ich verstehe die Kunst nicht.
Hamlet. So? seht ihr nun, was für ein armseliges Ding ihr aus mir machen wollt; ihr möchtet gern auf mir spielen; ihr möchtet dafür angesehen seyn, als ob ihr meine Griffe kennet; ihr möchtet mir gern mein Geheimniß aus dem Herzen herausziehen; ihr wollt daß ich euch von der untersten Note an bis zur höchsten angeben soll; das wollt ihr; und es ist so viel Musik, ein so reizender Gesang in diesem kleinen Stüke Holz, und doch könnt ihr sie nicht herausbringen? Wie, bildet ihr euch ein, daß ich leichter zu spielen bin als eine Pfeiffe? Nennt mich welches Instrument ihr wollt, aber wenn ihr schon auf mir herumpfuschen könnt, so könnt ihr doch nicht auf mir spielen--Grüß euch Gott, mein Herr--
Polonius (zu den Vorigen). Gnädiger Herr, die Königin möchte gern mit euch sprechen, und das sogleich.
Hamlet. Seht ihr dort jene Wolke, die beynahe wie ein Camel aussieht?
Polonius. Bey Sct. Veit, in der That, vollkommen wie ein Camel.
Hamlet. Mich däucht, sie gleicht eher einer Amsel.
Polonius. Sie ist schwarz wie eine Amsel.
Hamlet. Oder einem Wallfisch?
Polonius. Sie hat viele Ähnlichkeit mit einem Wallfisch, das ist wahr.
Hamlet. Nun, so will ich gleich zu meiner Mutter kommen--
(vor sich.)
--Die Kerls werden mich noch toll machen--Ich will kommen, augenbliklich.
Polonius. Ich will es so sagen.
Hamlet. Augenbliklich ist bald gesagt. Laßt mich allein, gute Freunde.
(Sie gehen ab.)
Es ist nun Mitternacht, die Zeit wo Zauberer und Unholden hinter dem Vorhang der Finsterniß ihre abscheulichen Künste treiben; die Zeit, wo Kirchhöfe ihre Todten auslassen, und die Hölle selbst verpestete Seuchen in die Oberwelt aufdünstet. Nun könnt ich heisses Blut trinken, Dinge thun, von deren Anblik der bessere Tag zurükschauern würde. Stille! Nun zu meiner Mutter--O mein Herz, verliehre deine Natur nicht! Laß nicht, o! nimmermehr! die Seele des Nero in diesen entschlossenen Busen fahren; ich will grausam seyn, nicht unnatürlich; ich will Dolche mit ihr reden, aber keinen gebrauchen. Hierinn sollen meine Zunge und mein Herz nicht zusammen stimmen. So unbarmherzig immer meine Worte mit ihr verfahren werden, so fern sey es doch auf ewig von meiner Seele, sie ins Werk zu sezen.
(Er geht ab.)
Achte Scene. (Der König, Rosenkranz und Güldenstern treten auf.)
König. Er gefällt mir gar nicht, und es würde auch nicht sicher für uns seyn, diese Tollheit so ungebunden fortschwärmen zu lassen. Macht euch also reisefertig; ich will euch unverzüglich eure Instruction aufsezen, und er soll mit euch nach England. Die Umstände gestatten nicht, uns den Gefahren bloß zu stellen, welche stündlich aus seinen Mondsüchtigen Launen entstehen können.
Güldenstern. Wir wollen uns anschiken; es ist eine höchst gerechte und heilige Furcht, für so vieler tausend Personen Sicherheit besorgt zu seyn, die in Eu. Majestät leben.
Rosenkranz. Es ist die Privat-Pflicht eines jeden Menschen, alle Kräfte seines Verstands dazu anzustrengen, sich selbst vor Schaden zu bewahren: Aber vielmehr ist es eine Pflicht deßjenigen Geists, der die Seele des ganzen Staats-Körpers ist, und von dessen Wohl das Leben so vieler andern abhängt. Der Tod eines Königs ist nicht der Tod eines einzigen, sondern zieht, wie ein Strudel alles was ihm nahe kommt, in sich. Er ist wie ein Rad, das von dem Gipfel des höchsten Bergs herunter gewälzt, unter seinen ungeheuren Speichen tausend kleinere Dinge die daran hangen zertrümmert.