f nach England fort. Ich habe dir viel von ihnen zu erzählen. Lebe wohl. "Dein Hamlet." Kommt, ich will für die Bestellung eurer Briefe sorgen; und desto eilfertiger, damit ihr mich ohne Verzug zu demjenigen führen könnet, der euch geschikt hat.
(Sie gehen ab.)
Neunte Scene. (Der König und Laertes treten auf.)
König. Nunmehr muß dann euer Gewissen selbst meine Freysprechung sigeln, und ihr müsset überzeugt seyn, daß ich euer Freund bin, da ihr gesehen habt, daß eben derjenige, von dessen Hand euer edler Vater fiel, mir selbst nach dem Leben getrachtet hat.
Laertes. Die Beweise reden. Aber erlaubet mir zu fragen, warum ihr gegen Übelthaten von so ungeheurer Beschaffenheit nicht gerichtlich procedirt habet; da doch eure eigne Sicherheit, Klugheit, und alles in der Welt euch rathen mußte, den Thäter zur Rechenschaft zu ziehen?
König. Zwoo besondre Ursachen haben mich davon abgehalten, die in euren Augen vielleicht weniger Stärke haben als in den meinigen. Die Königin seine Mutter lebt, so zu sagen, fast von seinen Bliken, und ich selbst (es mag nun eine Tugend oder eine Schwachheit seyn:) liebe sie so zärtlich, daß ich ihren Wünschen nichts versagen kan. Der andre Grund ist die allgemeine Zuneigung, welche das Volk zu ihm trägt, und die so weit geht, daß sie seine Fehler selbst übergülden und seine Verbrechen zu Tugenden machen würden: so daß meine Pfeile, zu schwach befiedert für einen so starken Wind, auf mich selbst zurük gefallen, und nicht dahin gekommen wären, wohin ich gezielt hätte.
Laertes. Und so muß ich einen edlen Vater verlohren haben, und eine Schwester zu Grund gerichtet sehen, deren Vortreflichkeit unser ganzes Zeitalter herausfoderte, ihres gleichen zu zeigen--Aber meine Rache soll nicht ausbleiben.
König. Laßt euch das nichts von euerm Schlafe nehmen. Ihr müßt mich nicht für einen so phlegmatischen milchlebrichten Mann halten, der sich den Bart mit Gewalt ausrauffen läßt, und es für Kurzweil aufnimmt. Ihr sollt bald mehr hören. Ich liebte euern Vater, und liebe mich selbst, und dieses, hoff ich, wird euch nicht zweifeln lassen--Was giebts? Was Neues? (Ein Bote.)
Bote. Briefe, Gnädigster Herr, vom Prinzen Hamlet. Diesen an Eu. Majestät, und diesen, an die Königin.
König. Von Hamlet? Wer brachte sie?
Bote. Matrosen, sagt man; ich sah sie nicht; die Briefe wurden mir von Claudio gegeben, der sie von ihnen empfieng.
König. Laertes, ihr sollt sie hören--Verlaßt uns, ihr--
(Der Bote geht ab.)
"Durchlauchtiger und Großmächtiger! Dieses soll euch benachrichtigen, daß ich nakend in euer Königreich ausgesezt worden bin. Auf Morgen werd' ich mir die Erlaubniß ausbitten, eure Königliche Augen zu sehen; wo ich dann (in Hoffnung Verzeihung deßwegen zu erhalten) erzählen werde, was die Gelegenheit zu dieser schleunigen Wiederkunft gegeben hat." Was soll dieses bedeuten? Sind die andern auch zurükgekommen? Ist es ein Kunstgriff--oder ist gar nichts an der Sache?
Laertes. Kennt ihr die Hand?
König. Es ist Hamlets Handschrift--Nakend, und hier sagt er in einem Postscript, allein--Könnt ihr mir sagen, was ich davon denken soll?
Laertes. Ich begreiffe nichts davon, Gnädigster Herr; aber laßt ihn kommen; mein Herz lebt wieder auf von dem Gedanken, daß ich es erleben werde, ihm in seine Zähne zu sagen, das thatest du--
König. Wenn es so ist, Laertes--ob ich gleich eben so wenig begreiffe daß es ist, als wie es anders seyn kan--wollt ihr euch von mir weisen lassen?
Laertes. Ja, nur nicht daß ich ruhig bleiben soll.
König. Was ich vorhabe, wird dir zu deiner eignen Gemüths-Ruhe verhelfen; Wenn er nun wieder gekommen ist, weil ihm die Reise nicht anständig war, und er nicht gesinnt ist, sie von neuem zu unternehmen; so habe ich so eben etwas ausgedacht, das ihn unfehlbar zu seinem Fall befördern soll, ohne daß sein Tod den mindesten Vorwurf nach sich ziehen, noch seine Mutter selbst den Kunstgriff merken, sondern ihn dem blossen Zufall beymessen soll.
Laertes. Ich will mich weisen lassen, und desto lieber, wenn ihr es so einrichten könnet, daß ich das Werkzeug bin.