König. Wir wollen diese Sache besser überlegen; Zeit und Umstände müssen abgewogen werden; und auf den Fall, daß uns dieser Anschlag in der Ausführung mißlingen sollte, müssen wir einen andern zum Rükenhalter haben. Sachte--Laßt sehen--Es soll eine feyrliche Wette über eure Geschiklichkeit angestellt werden--Nun hab' ichs-- wenn ihr euch unterm Kampf erhizt habt, und er zu trinken begehrt, will ich einen Becher für ihn bereit halten; wovon er nur schlürfen darf, um unsre Absicht zu erfüllen, wofern er euerm Rappier entgeht.

Zehnte Scene. (Die Königin zu den Vorigen.)

König. Was giebt's, meine liebste Königin?

Königin. Ein Unglük tritt dem andern auf die Fersen, so schnell folgen sie auf einander: Eure Schwester ist ertrunken, Laertes.

Laertes. Ertrunken? Oh, wo?

Königin. Es ist eine gewisse Weide, am Abhang eines Wald-Stroms gewachsen, die ihr behaartes Laub in dem gläsernen Strom besieht. Hieher kam sie mit phantastischen Kränzen von Hahnen-Füssen, Nesseln, Gänse- Blümchen und diesen langen rothen Blumen, denen unsre ehrlichen Schäfer einen natürlichen Namen geben, unsre kalten Mädchens aber nennen sie Todten-Finger; wie sie nun an diesem Baum hinankletterte, um ihre Grasblumen-Kränze an die herabhängende Zweige zu hängen, glitschte der Boden mit ihr, und sie fiel mit ihren Kränzen in der Hand ins Wasser; ihre weitausgebreiteten Kleider hielten sie eine Zeit lang wie eine Wasser-Nymphe empor; und so lange das währte, sang sie abgebrochene Stüke aus alten Balladen, als eine die keine Empfindung ihres Unglüks hatte, oder als ob sie in diesem Element gebohren wäre; aber länger konnte es nicht seyn, als bis ihre Kleider so viel Wasser geschlukt hatten, daß sie durch ihre Schwere die arme Unglükliche von ihrem Schwanen-Gesang in einen nassen Tod hinabzogen.

Laertes. O Gott! So ist sie ertrunken!

Königin. Es ist allzuwahr.

Laertes. --Lebet wohl, mein Gebieter--meine weibische Thränen erstiken eine Rede von Feuer, welche eben auflodern wollte--

(Er geht ab.)

König. Kommt mit mir, Gertrude--Wie viel hatte ich zu thun, seine Wuth zu besänftigen! Nun besorg ich, dieser Umstand wird sie von neuem anflammen--Wir wollen ihm folgen.

(Sie gehen ab.)

Fünfter Aufzug.

Erste Scene. (Ein Kirch-Hof.) (Zween Todtengräber mit Grabscheitern und Spaten treten auf.)

1. Todtengräber. Kan sie denn in ein Christliches Begräbniß gelegt werden, wenn sie eigenmächtig ihre (Salvation) gesucht hat?

2. Todtengräber. Ich sage dir's ja, sie kan; mach also ihr Grab unverzüglich; die Obrigkeit hat es durch einen Commissarius und Geschworne untersuchen lassen, und gefunden, daß sie wie andre Christen begraben werden soll.

1. Todtengräber. Das kan nicht seyn, sie müßte sich denn zu ihrer Selbstvertheidigung ertränkt haben?

2. Todtengräber. So hat sich's eben befunden.

1. Todtengräber. Es muß (se offendendo) geschehen seyn, anders ist's nicht möglich. Denn da stekt der Knoten: Wenn ich mich selbst wissentlich ertränke, so zeigt das einen (Actum) an; ein (Actus) aber hat drey Zweige: Beginnen, thun und vollbringen; (ergel), ersäufte sie sich selbst wissentlich.

2. Todtengräber. Nein, hört mich nur an, Gevatter--

1. Todtengräber. Mit Erlaubniß; seht einmal, hier liegt das Wasser, gut; hier steht der Mann, gut: Wenn nun der Mann zu diesem Wasser geht und ertränkt sich, so muß er eben, woll' er oder woll' er nicht, dran glauben; gebt wol Acht auf das: Aber wenn das Wasser zu ihm kommt und ertränkt ihn, so ertränkt er sich nicht selbst; (ergel), hat der, der keine Schuld an seinem eignen Tode hat, sich das Leben nicht selbst abgekürzt.

2. Todtengräber. Aber sagt das Gesez das?

1. Todtengräber. Sapperment, ja wohl, sagt es: Das müssen ja die Geschwornen verstehen, die es untersucht haben--

2. Todtengräber. Willt du wissen, wo der Hase im Pfeffer liegt? Wenn sie kein Gnädiges Fräulein gewesen wäre, sie würde gewiß ihre Lebtage in kein Christliches Grab gekommen seyn.

1. Todtengräber. Wie, du magst mir wol recht haben.

William Shakespeare
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