Hamlet. Komm, zeig mir, was du thun willt. Willt du weinen? Willt du fechten? Willt du fasten? Dich selbst zerfezen? Willt du Wein- Essig trinken, ein Crocodil verschlingen? Ich will es thun--Kamst du nur hieher, zu weinen? Vor meinen Augen in ihr Grab zu springen? Laß dich lebendig mit ihr begraben; ich will es auch; und wenn du von Bergen schwazest, so laß sie Millionen Jaucharten auf uns werfen, bis die auf uns liegende Erde, den Ossa zu einem Maulwurfs-Hauffen macht! Wahrhaftig! Wenn du großsprechen willt, so kan ich das Maul so voll nehmen wie du.
Königin. Er spricht in tollem Muth, und so wird der Paroxismus eine Weile auf ihn würken; aber auf einmal wird, so geduldig als die weibliche Daube, eh ihre goldbehaarten Jungen ausgekrochen sind, sein Stillschweigen brütend sizen.
Hamlet. Hört ihr, Herr--was ist die Ursache, daß ihr mir so begegnet? Ich liebte euch allezeit: Aber es hat nichts zu sagen. Laßt den Hercules selbst thun was er kan, die Kaze muß mauen und der Hund seinen Lauf haben--
(Er geht ab.)
König. Ich bitte euch, guter Horatio, habet acht auf ihn.
(Horatio geht ab.) (zu Laertes.)
Stärket eure Geduld durch unsre lezte Abrede. Wir wollen uns nicht länger säumen, die Hand an die Ausführung zu legen--Liebe Gertrude, gebet eurem Sohn einige Hüter zu--Dieses Grab soll ein würdiges Denkmal bekommen--Und nun wollen wir unsrer Ruhe eine Stunde schenken.
(Sie gehen ab.)
Dritte Scene. (Verwandelt sich in eine Halle im Palast.) (Hamlet und Horatio treten auf.)
(Hamlet erzehlt seinem Vertrauten,auf was Weise er den Inhalt der königlichen Commission, womitRosenkranz und Güldenstern beladen waren, entdekt und vereitelthabe. Da diese ganze Scene nur zur Benachrichtigung der Zuhörerdient, so wären zwey Worte hinlänglich gewesen, ihnen zu sagen wassie ohnehin leicht erraten könnten. Hamlet hatte Ursache einMißtrauen in die Absichten des Königs bey seiner Versendung nachEngland zu sezen. Er schlich sich also während daß die beydenGesandten schliefen, in ihre Cajute, fingerte ihr Pakett weg, zogsich damit in sein eigenes Zimmer zurük, erbrach das königlicheSigel und fand einen gemeßnen Befehl an den Englischen König,vermöge dessen dem Hamlet sobald er angelangt seyn würde, der Kopfabgeschlagen werden sollte--Er stekte dieses Papier zu sich, undsezte sich hin, eine andre Commission zu schreiben, worinn derKönig aufs ernstlichste beschwohren wurde, so lieb ihm dieFreundschaft Dännemarks (von welchem England damals abhängig war)sey, die Überbringer dieses Schreibens unverzüglich aus dem Wegeräumen zu lassen. Zu gutem Glüke hatte er seines Vater Signet inder Tasche; und zu noch grösserm Glük war es dem grossen dähnischenSigel vollkommen gleich; er faltete also dieses Schreiben eben sowie das erste, unterschrieb und sigelte es, und legte es sogeschikt an die Stelle des andern, daß Rosenkranz und Güldensterndie Verwechslung nicht gewahr wurden, und also bey ihrer Ankunft inEngland wie Bellerophon, ihr eigenes Todesurtheil überlieferten.Horatio findet hiebey bedenklich, daß dieser mißlungene Ausgang desKöniglichen Bubenstüks nicht lange verborgen bleiben könne. Hamletberuhigst sich hierüber daß doch die Zwischen- Zeit sein sey, undnicht mehr als ein Augenblik erfordert werde, dem Leben einesMenschen ein Ende zu machen. Indessen bedaurt er, daß er sichdurch den Affect habe hinreissen lassen, den Laertes zu beleidigen,und nimmt sich vor, daß er sich bemühen wolle, seine Freundschaftwieder zu erlangen.)*
{ed.-* Man kan hieraus schliessen, daß HamletAbsichten gegen den König gehabt habe; es war aber doch nichtsbestimmtes, kein Entwurf, wobey er sich seiner eignen Sicherheitund eines glüklichen Ausgangs hätte versichert halten können--Hamlet soll und will seinen Vater rächen--Dieser Wille beherrschtihn vom ersten Actus des Stüks bis zum Ende, ohne daß er jemalsselbst weiß, oder nur daran denkt wie er dabey zu Werke gehen wolle--Allein wir haben längst gesehen, daß die Anlegung der Fabel, dieVerwiklung und die Entwiklung derselben gerade die Stüke sind,worinn unser Poet schwerlich jemand unter sich hat.