Hamlet. Nein, noch einmal--
Oßrik. Seht zu der Königin hier, ho!
Horatio. Sie bluten beyde--Wie geht's euch, Gnädigster Herr?
Oßrik. Wie steht's um euch, Laertes?
Laertes. Wie eine Schneppe in meiner eignen Schlinge, Ossrik; billig sterb' ich durch das Werkzeug meiner schnöden Verrätherey.
Hamlet. Was macht die Königin--
König. Es ist nur eine Ohnmacht, weil sie Blut gesehen hat.
Königin. Nein, nein, der Trank, der Trank--O mein theurer Hamlet! der Trank, der Trank--Ich bin vergiftet--
(Die Königin stirbt.)
Hamlet. O Abscheulichkeit! he! laßt die Thüren verrigelt werden: Verrätherey! wer ist der Thäter--
Laertes. Hier ist er; Hamlet, du bist des Todes, kein Arzneymittel in der Welt kan dich retten. Du hast für keine halbe Stunde mehr Leben in dir, das verräthrische Werkzeug ist in deiner Hand, ohne Knopf und vergiftet; der schändliche Kunstgriff ist mein eignes Verderben worden. Sieh, hier lieg ich, um nicht mehr aufzustehen; deine Mutter ist vergiftet; ich kan nicht mehr--Der König, der König hat die Schuld.
Hamlet. Und diß Rappier auch vergiftet? Nun, Gift, so thu was du kanst--
(Er ersticht den König.)
Alle. Verrätherey! Verrätherey!
König. O helft, meine Freunde, vertheidiget mich, ich bin nur verwundet--
Hamlet. Hier, du blutschändrischer, mördrischer, verdammter Dähne, trink diesen Becher aus--ist die Perle hier? Folge meiner Mutter--
(Der König stirbt.)
Laertes. Er hat empfangen was er verdient hat. Er selbst mischete das Gift. Laß uns einander verzeihen, edler Hamlet; mein und meines Vaters Tod komme nicht über dich, noch deiner über mich!
(Er stirbt.)
Hamlet. Der Himmel mög' ihn dir nicht zurechnen! Ich bin des Todes, Horatio--Unglükliche Königin, Adieu!--Ihr, die ihr mit erblaßten Gesichtern umhersteht, und vor Entsezen über diesen Vorfall zittert; ihr, die ihr nur die stummen Personen oder die Zuhörer bey diesem Trauerspiel seyd--hätte ich nur Zeit--aber der Tod liegt zu hart auf mir--oh, ich könnte euch Dinge sagen--laß es seyn!--Horatio, ich sterbe; du lebst, dir überlaß ich meine Ehre und meine Rechtfertigung bey den Unberichteten.
Horatio. Das glaubt nicht, daß ich leben werde--Ich bin mehr ein alter Römer als ein Dähne--Hier ist noch von dem Trank übrig.
Hamlet. Wenn du ein Mann bist, so gieb mir den Becher; laß gehen; beym Himmel, ich will ihn haben. O mein redlicher Horatio, was für einen verwundeten Namen, werd' ich bey diesen Umständen hinter mir lassen! Wenn du mich jemals in deinem Herzen getragen hast, so verbanne dich selbst noch eine Weile von der Glükseligkeit, und schleppe dich noch so lange in dieser mühseligen Welt, bis du mein Andenken gerechtfertiget hast.
(Man hört einen Marsch und bald darauf ein Salve hinter der Scene.)
Was für ein kriegrisches Getöse ist das?
Sechste Scene. (Oßrik tritt auf.)
Oßrik. Der junge Fortinbras, welcher siegreich von Pohlen zurük kommt, beehrt die Abgesandten von England mit diesem kriegerischen Gruß.
Hamlet. O ich sterbe, Horatio; die Stärke des Gifts überwältigt meinen Geist: Ich kan nicht so lange leben, die Nachrichten aus England zu hören. Aber ich sehe vorher, daß die Wahl auf Fortinbras fallen wird; er hat meine sterbende Stimme: Das sag ihm mit allen den Umständen, die diesen Ausgang--Es ist vorbey--
(Er stirbt.)
Horatio. Nun bricht ein edles Herz; gute Nacht, liebster Prinz, und Engels- Schwingen mögen dich zu deiner Ruhe tragen!--Wie, die Trummeln kommen näher? (Fortinbras und die Englischen Gesandten, mit Trummeln, Fahnen, und Gefolge treten auf.)
Fortinbras. Was für ein Anblik ist das?
Horatio. Der kläglichste und ausserordentlichste, den eure Augen jemals sehen werden.
Fortinbras. Vier fürstliche Leichen, todt und in ihrem Blut liegend--O stolzer Tod, was für ein Gastmal giebst du in deiner höllischen Grotte, daß du so viele Prinzen mit einem Streich geschlachtet hast.
Abgesandten. Der Anblik ist entsezlich, und unsre Commission aus England kommt zu späte. Die Ohren sind fühlloß, die uns Audienz geben sollten. Wir sollten ihm melden, daß sein Befehl an Rosenkranz und Güldenstern vollzogen worden: Von wem werden wir nun unsern Dank erhalten?
Horatio. Nicht von diesem Munde (des Königs), hätte er noch das Vermögen zu reden: Denn er gab niemals keinenBefehl daß sie sterben sollten. Allein, nachdem es sich nungefüget hat, daß ihr beyderseits so schiklich, ihr von demPolnischen Krieg und ihr von England, zu dieser blutigen Sceneangekommen seyd; so gebet Befehl, daß diese Leichen auf einemerhöheten Gerüste ausgesezt werden, damit ich der Welt, für welchealles noch ein Geheimniß ist, sagen könne, wie diese Dinge sichzugetragen haben.