Auf seinem Todbette vermachte er seine Güter durch ein Testament mir, und blieb bis in seinen Tod dabey, daß dieser, meiner Mutter Sohn, nicht der seinige sey; und wenn er's auch wäre, so kam er volle vierzehn Wochen vor der gesezmäßigen Zeit in die Welt: Ich bitte also Euer Majestät mir zuzusprechen, was mein ist, meines Vaters Güter, nach meines Vaters leztem Willen.

König Johann. Mein guter Kerl, euer Bruder ist in der Ehe gebohren; euers Vaters Weib brachte ihn während ihrem Ehestand; wenn sie untreu war, so ist es ihr Fehler, und ein Zufall dem alle Männer ausgesezt sind, welche Weiber nehmen. Sag mir einmal, wie, wenn mein Bruder, der deinem Vorgeben nach, die Mühe nahm diesen Sohn zu zeugen, ihn deinem Vater als seinen Sohn abgefodert hätte? Hätte nicht dein Vater ein Kalb, das ihm seine Kuh gebracht, gegen die Ansprüche der ganzen Welt behaupten können? Wahrhaftig, guter Freund, das hätt' er können; gesezt also auch, er wäre meines Bruders Sohn, so hätte doch mein Bruder keinen Anspruch an ihn machen, noch hätt' ihn euer Vater deßwegen, weil er nicht sein sey, verläugnen können; aus allem diesem folgt also, daß meiner Mutter Sohn euers Vaters Erben zeugte, und daß euers Vaters Erbe euers Vaters Güter haben muß.

Robert. Soll denn meines Vaters lezter Wille keine Kraft haben, ein Kind zu enterben, das nicht sein ist?

Philipp. Von keiner grössern Kraft mich zu enterben, Herr, als, denk ich, sein Wille mich zu zeugen war.

Elinor. Was wolltest du lieber seyn, ein Faulconbridge, wie dieser hier, um deine Güter zu haben; oder ein natürlicher Sohn von (Coeur de Lion), ein Prinz vom Geblüte, und keine Güter dazu?

Philipp. Gnädigste Frau, und wenn mein Bruder meine Gestalt hätte, und ich hätte die seinige, Sir Roberts seine, wie er; und wenn meine Beine zwo solche Spindeln wären, meine Arme solch Aalhautiges Zeug, und mein Gesicht so dünne, daß ich keine Rose* in mein Ohr steken könnte, ohne daß die Leute sagten: Seht, da geht Drey-Viertels- Pfennig--Und wenn gleich diese Gestalt Erbe von allen seinen Gütern wäre, so will ich nimmer von diesem Plaz kommen, wenn ich sie nicht von Fuß auf hingeben wollte, um dieses Gesicht zu haben; ich wollt' um alles in der Welt nicht Sir Nobb seyn.

{ed.-* Um diese Anspielung zu verstehen muß man wissen, daß die Königin Elisabeth unter allen Beherrschern von England die erste und lezte war, die Drey-Halb-Pfenninge, und Drey-Viertels-Pfenninge schlagen ließ, auf denen sich ihr Bildniß bald mit bald ohne die Rose, befand. Theobald.}

Elinor. Du gefällst mir; willt du dein Erbtheil vergessen, ihm deine Güter überlassen und mir folgen? Ich bin ein Soldat, und im Begriff wider Frankreich Dienste zu thun.

Philipp. Bruder, nimm du meine Güter, und laß mir mein Gesicht, das deinig' hat dir fünfhundert Pfund jährlich erworben; aber wenn du es für fünf Pfenning verkauffen kanst, so glaube du habest wohl gelößt. Gnädigste Frau, ich bin bereit, euch bis in den Tod zu folgen.

Elinor. Was das betrift, so will ich lieber daß ihr mir voran geht.

Philipp. In unsrer Provinz erfordert die Höflichkeit, daß man die Vornehmern zuerst gehen lasse.

König Johann. Wie nennst du dich?

Philipp. Philipp, Gnädigster Souverain, so ward ich genennt; Philipp, des guten alten Sir Roberts seiner Frauen ältester Sohn.

König Johann. Von nun trage den Namen von dem, dessen Gestalt du trägst; knie nieder, Philipp, um grösser aufzustehen.

(Er schlägt ihn zum Ritter.)

Steh als Sir Richard Plantagenet auf.

Philipp. Bruder von mütterlicher Seite, gebt mir eure Hand; mein Vater gab mir Ehre, der eure giebt euch Land. Nun, gesegnet sey die Stunde, es mag Nacht oder Tag gewesen seyn, da ich gezeugt und Sir Robert abwesend war.

Elinor. Der echte Geist der Plantagenet's. Ich bin deine Großmutter, Richard, nenne mich so.

Philipp. Durch einen Zufall, Gnädigste Frau, nicht in der Ordnung; doch was thut das? Ob man zum Fenster hinein kommt oder zur Thüre, wenn man nur drinn ist; näher oder weiter vom Ziel, wohl getroffen ist wohl geschossen, und ich bin ich, ich mag gezeugt seyn wie ich will.

William Shakespeare
Classic Literature Library

All Pages of This Book
Coriolanus
Der Erste Theil von K?nig Heinrich dem vierten
Der Kaufmann Von Venedig
Der Sturm
Der Zweyte Theil von K?nig Heinrich dem vierten
Die Irrungen
Ein Sommernachtstraum
Hamlet, Prinz von D?nnemark
Julius C?sar
Leben und Tod des K?nigs Johann
Leben und Tod Konigs Richard des zweyten
Maa? f?r Maa?
Macbeth
Othello, der Mohr von Venedig
Romeo und Julia
Romeo und Juliette
Timon von Athen
Was ihr wollt
Wie es euch Gefallt