Elinor. Ungeheuer, scheuest du dich nicht, Himmel und Erde zu lästern?

Constantia. Ungeheuer, scheust du dich nicht, Himmel und Erde zu beleidigen? Wie kanst du mich anklagen, daß ich lästre? Du und die deinigen usurpiren die Länder, Regalien und Gerechtsame dieses unterdrukten Waysen; es ist der Sohn deines ältesten Sohns, und in nichts unglüklich als darinn, daß er von dir abstammt. Deine Sünden werden an diesem armen Kinde heimgesucht; der Ausspruch des Gesezes ligt auf ihm, da er nur im dritten Glied von deinem Sündempfangenden Leib entfernt ist.

König Johann. Tollhäuslerin, hört auf!

Constantia. Ich habe nur das noch zu sagen, daß er nicht nur um ihrer Sünde willen gestraft wird, sondern Gott hat ihre Sünde und sie zur Strafe dieses entfernten Abkömmlings gemacht, der um ihrentwillen gestraft wird, und mit ihrer Strafe ihre Sünde; sein Unrecht, ihr Unrecht, der Büttel ihrer Sünde, alles in der Person dieses Kindes gestraft, und alles um ihrentwillen; daß sie die Pest!**

{ed.-** Dieses Ungeheuer von einer aller Sprach- und Vernunftlehre trozbietenden Rede, hat man, da ihr ohnehin nicht zu helfen ist, von Wort zu Wort geben wollen, wie sie der Autor giebt; Deutschen Unsinn für Englischen Unsinn.}

Elinor. Du unverständiges Lästermaul, ich kan ein Testament aufweisen, das deines Sohnes Recht entkräftet.

Constantia. So, wer zweifelt daran? Ein Testament?--Ein falsches Testament, ein Weiber-Testament, einer unnatürlichen Großmutter Testament.

König Philipp. Stille, Lady; schweigt oder mäßigt euch; es schikt sich übel für diese Versammlung diesen euern übeltönenden Wiederholungen immer Halt zu ruffen. Laßt eine Trompete diese Leute von Angiers auf die Mauern fordern; sie sollen sich erklären, wessen Recht sie gelten lassen wollen, Arthur's oder Johann's.

(Trompeten.)

Dritte Scene. (Ein Bürger von Angiers kommt auf die Mauern.)

Bürger. Wer ist der, der uns auf die Mauern hervorgeruffen hat?

König Philipp. Es ist Frankreich, im Namen Englands.

König Johann. England in seinem eignen Namen. Ihr Männer von Angiers, und meine lieben Unterthanen--

König Philipp. Ihr werthen Männer von Angiers, Arthurs Unterthanen, unsre Trompete rief euch zu dieser gütlichen Unterredung--

König Johann. In Betreff unsrer gerechten Sache; höret uns also zuerst; diese Französischen Fahnen, die hier, so nah' an eurer Stadt, vor euern Augen sich verbreiten, sind zu euerm Verderben hieher gezogen; der Bauch ihrer Canonen ist mit Grimm angefüllt, sie sind schon gerichtet, ihren eisernen Zorn gegen eure Mauern auszuspeyen; diese Franzosen stellen sich mit allen Zurüstungen zu einer blutigen Belagerung und einem unbarmherzigen Verfahren vor die Augen eurer Stadt und vor eure verschloßnen Thore; und, ohne unsre Annäherung, würden diese schlafenden Steine, die euch umgürten, durch den Stoß ihrer Maschinen aus ihrem ruhigen Leim-Bette gerissen, und der blutigen Gewalt ein gräßlicher Ruin gemacht worden seyn, auf euern Frieden einzustürmen; aber, auf unsern Anblik, euers rechtmäßigen Königs, (der, des Ungemachs verdoppelter Märsche nichts achtend, herbey geeilt ist, einen mächtigen Entsaz vor eure Thore zu bringen, und die bedräuten Wangen eurer Stadt unzerkrazt zu erhalten,) seht, die bestürzten Franzosen selbst eine Unterredung antragen, und nun, für in Feuer gekleidete Kugeln, die ein schüttelndes Fieber in euern Mauern machen sollten, sanfte in Rauch eingehüllte Worte losschiessen, um eure Ohren durch ein betrügliches Getöne zu bethören; aber glaubet ihnen, wie sie es verdienen, werthe Bürger, und lasset uns, euern König ein, dessen müde Lebensgeister, von dieser übertriebnen Eile abgemattet, Herberge innert euren Stadtmauern suchen.

König Philipp. Wenn ich gesprochen habe, so antwortet uns beyden. Seht! an dieser rechten Hand, deren Schuz durch die heiligsten Gelübde dem Rechte dessen, den sie hält, geweyhet ist, steht der junge Plantagenet, Sohn von dem ältern Bruder dieses Mannes, und König über ihn und alles, was er inne hat. Um seines zu Boden getretnen Rechts willen treten wir in kriegrischem Marsch diese grünen Ebnen vor eurer Stadt, ohne einigen Vorsaz einer Feindseligkeit gegen euch, ausser wozu uns, von eurer Widerspenstigkeit gereizt, ein mildthätiger Eifer zur Erhaltung dieses unterdrükten Kindes, in unserm Gewissen nöthiget.

William Shakespeare
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