König Philipp. Bey meiner Ehre, dieses Bündniß das wir getroffen haben, wird ihrer Schwermuth wenig Lindrung geben. Bruder von England, wie können wir diese Fürstliche Wittwe zufrieden stellen? Zu Behauptung ihres Rechts sind wir gekommen, und nun haben wir uns, Gott weiß es, zu unserm eignen Vortheil, auf eine andre Seite gedreht.

König Johann. Wir wollen alles gut machen; denn wir wollen den jungen Arthur zum Herzog von Bretagne und Grafen von Richmond ernennen, und ihn überdiß zum Herrn dieser schönen reichen Stadt machen. Ruffet die Lady Constantia; ladet sie eilfertig zu unsrer Feyrlichkeit ein; wenn wir gleich nicht das ganze Maaß ihres Willens erfüllen, so werden wir sie doch in gewissem Maasse befriedigen, und wenigstens ihren Ausruffungen den Mund stopfen. Izt laßt uns zu Vollziehung dieser unvorgesehnen und unvorbereiteten Solennität keine Zeit verliehren.

(Alle gehen ab, bis auf Faulconbridge.)

Sechste Scene.

Faulconbridge. Närrische Welt! närrische Könige! närrisches Zeug zusammen! Johann, um Arthurn sein Recht zum Ganzen zu benehmen, begiebt sich freiwillig eines Theils; und Frankreich, dem das Gewissen seine Rüstung angeschnallt, den Eifer und Christliche Liebe als Gottes eignen Waffenträger ins Feld geführt, läßt sich nun von diesem Vorsaz-Ändrer entwafnen, diesem schlauen Teufel, diesem Mäkler, der immer der Treue den Hals bricht, diesem täglichen Eidbrecher, der alle Menschen verführt, Könige, Bettler, Alte, Junge, und der die Mädchen selbst, die sonst nichts äusserliches zu verliehren haben als das Wort Mädchen, die armen Dinger auch um das betrügt; diesem glattmaulichten Stuzer, diesem kizelnden Schmeichler, Interesse--Interesse, der die ganze Welt aus ihrem ebnen natürlichen Lauf heraushebt, und ohne alle gerade Richtung, Absicht und Regel forttreibt. Und eben dieses Interesse, diese Kupplerin, dieser Mäkler, dieser allesverwandelnde Zauberer, auf das Auge des wankelmüthigen Philipps geplakt, hat ihn von seinem festgesezten Endzwek, von einem beschloßnen und ehrenvollen Krieg, zu einem höchst schimpflichen und niederträchtigen Frieden gezogen--Und warum ziehe ich wider dieses Interesse los, als weil es noch bisher nicht um mich gebuhlt hat; nicht, weil ich die Stärke hätte die Hand zuzuschliessen, wenn seine schönen Engel mir die ihrige darreichen würden; sondern weil meine Hand, die noch immer leer gelassen worden, gleich einem armen Bettler über die Reichen schmählt. Wohl dann, so lang ich ein Bettler bin, will ich über die Reichen schmählen, und sagen, es sey keine grössere Sünde als reich seyn: Und wenn ich reich bin, dann soll meine Tugend darinn bestehen, daß ich behaupte, es sey kein Laster als Dürftigkeit. Wenn Könige selbst ihren Eid aus Eigennuz brechen, so sey du mein Gott, Gewinnst; denn dir allein will ich dienen.

(Er geht ab.)

Dritter Aufzug.

Erste Scene. (Des Französischen Königs Gezelt.) (Constantia, Arthur und Salisbüry, treten auf.)

Constantia. Gegangen, um sich zu vermählen? Um einen Frieden zu schwören? Treuloses Blut mit treulosem Blut vereinigt! Gegangen, um Freunde zu seyn? Ludwig soll Blanca haben, und Blanca diese Provinzen? Es ist nicht so, du hast dich verredet, du hast nicht recht gehört; es kan nicht seyn, du sagst nur, es sey so; ich bin versichert daß du nicht die Wahrheit sagst, denn dein Wort ist nur der eitle Athem eines gemeinen Mannes. Glaube mir, Mann, ich glaube dir nicht, ich habe den Eid eines Königs für das Gegentheil; du sollt dafür gestraft werden, daß du mich so erschrekt hast; denn ich bin krank, und leicht in Furcht zu sezen; mißhandelt und unterdrükt, und also voller Furcht; eine Wittwe ohne Mann, ohne Beschüzer, also der Furcht unterworffen; ein Weibsbild, von Natur zur Furchtsamkeit gebohren; und wenn du izt gleich bekennen würdest, daß du nur gescherzt habest, so könnte ich doch meine in Unordnung gebrachten Lebensgeister nicht sogleich wieder beruhigen, sondern sie werden diesen ganzen Tag zittern und schaudern. Was soll dieses Kopfschütteln bedeuten? Warum siehst du meinen Sohn so traurig an? Warum legst du die Hand auf deine Brust? Warum diese Thränen, die wie ein aufgeschwollner Bach über ihre Ufer stürzen? Sind diese schwermüthigen Seufzer Bekräftigungen deiner Worte? So sprich noch einmal, nicht deine vorige Erzählung, sondern nur diß einzige Wort, ob deine Erzählung wahr ist oder nicht?

Salisbury. So wahr als ihr Ursache habt, diejenige für falsch zu halten, welche schuld an der Wahrheit meiner Aussage sind.

William Shakespeare
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