Pandolph. Laßt mich izt auch reden--

Faulconbridge. Nein, ich will reden.

Ludwig. Ich will keinen von beyden anhören, rührt die Trummeln, und laßt die Zunge des Kriegs für unsre Sache reden.

Faulconbridge. In der That, eure Trummeln wenn sie geschlagen werden, werden schreyen, und so werdet ihr thun, wenn ihr geschlagen seyd; weke nur ein Echo mit dem Geschrey deiner Trummel auf, und du wirst sogleich eine andre hören, die bey der Hand ist, so laut zurükzuschallen als die deinige; schlage noch eine, und wieder eine andre, soll, so laut als die deinige, in die Ohren des Firmaments rasseln, und dem holen Gebrüll des Donners Troz bieten. Denn, ohne sich auf diesen hinkenden Legaten zu verlassen, den er mehr zum Scherz als aus Noth gebraucht hat, ist der tapfre König Johann in der Nähe, und ein Tod mit nakten Rippen sizt auf seiner Stirne; dessen Amt an diesem Tage ist, die Franzosen bey tausenden aufzufressen.

Ludwig. Rührt die Trummeln, um diese Gefahr aufzusuchen.

Faulconbridge. Du sollt sie finden, Dauphin, zweifle nicht.

(Sie gehen ab.)

Fünfte Scene. (Verwandelt sich in ein Schlachtfeld.) (Alarm. König Johann und Hubert treten auf.)

König Johann. Wie gehts uns an diesem Tag? O sag es mir, Hubert.

Hubert. Übel, fürchte ich; wie befindet sich Euer Majestät?

König Johann. Dieses Fieber, das mich so lange schon plagt, sezt mir gewaltig zu; o mein Herz ist krank! (Ein Bote tritt auf.)

Bote. Gnädigster Herr, euer dapfrer Vetter, Faulconbridge, bittet Euer Majestät, das Feld zu verlassen, und ihn wissen zu lassen, welchen Weg ihr nehmet.

König Johann. Sag ihm in die Abtey bey Swinstead.

Bote. Ich bring gute Zeitungen; der grosse Succurs, den der Dauphin erwartete, hat vor drey Nächten auf den Sandbänken von Godwin gestrandet; Richard hat diese Neuigkeit so eben erfahren; die Franzosen wehren sich nur noch schwach, und fangen schon an sich zurük zu ziehen.

König Johann. Ach! ach! dieses tyrannische Fieber brennt mich aus, und läßt mich dieser guten Zeitung nicht froh werden. Auf, nach Swinstead zu; meinen Tragsessel her; ich kan es nicht länger aushalten; ich bin ganz schwach.

(Gehen ab.)

Sechste Scene. (Verwandelt sich in das Französische Lager.) (Salisbury, Pembrok und Bigot, treten auf.)

Salisbury. Ich glaubte nicht, daß der König noch so viel Freunde hätte.

Pembroke. So auf einmal; sprecht den Franzosen Muth ein; wenn sie unglüklich sind, sind wir verlohren.

Salisbury. Der mißgezeugte Teufel, Faulconbridge, ist, troz allem Widerstand, die einzige Ursach, daß wir diesen Tag verliehren.

Pembroke. Man sagt, König Johann habe sich sehr krank aus der Schlacht wegbegeben.

(Melun wird verwundet herbeygeführt.)

Melun. Führet mich zu den Englischen Rebellen.

Salisbury. Wie wir glüklich waren, hatten wir andre Namen.

Pembroke. Es ist der Graf von Melun.

Salisbury. Auf den Tod verwundet.

Melun. Flieht, ihr edeln Engländer, ihr seyd gekauft und bezahlt. Ruft die entlassene Treue wieder zurük, suchet euern König auf, und fallet ihm zu Fuß; denn wenn Ludwig von diesem Tage Meister wird, so gedenkt er euch die Mühe, die ihr nehmet, dadurch zu belohnen, daß er euch die Köpfe abschlagen lassen will; das hat er geschworen, und ich mit ihm, und viele andre mit mir, auf eben dem Altar zu St. Edmondsbury, wo wir euch Freundschaft und ewige Liebe schwuren.

Salisbury. Ist das möglich? Kan das wahr seyn?

Melun. Hab ich nicht den scheuslichen Tod im Antliz? Blutet nicht das wenige Leben, so ich noch habe, von Augenblik zu Augenblik weg, wie ein Bild von Wachs im Feuer dahinschmilzt? Was in der Welt könnte mich bewegen, izt zu betrügen, da aller Nuzen des Betrugs aufhört? Wie könnt ich noch falsch seyn, da es wahr ist, daß ich sterben muß, und nur durch Wahrheit jenseits des Grabes leben kan? Ich sag es noch einmal: wenn Ludwig diesen Tag gewinnt, so ist er meineydig, wenn diese eure Augen noch einen Tag in Osten aufgehen sehen; sondern in eben dieser Nacht, deren schwarzer anstekender Athem albereit den brennenden Kamm der alten, matten, ermüdeten Sonne anhaucht; in dieser Nacht, sollt ihr zum leztenmal athmen, und für die willkommne Verrätherey den gewöhnlichen Lohn der Verräther bekommen.

William Shakespeare
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