Bolingbroke. Mein Gnädigster Herr, ich komme nur für das, was mein eigen ist.
König Richard. Euer Eigenthum ist euer, ich bin euer, alles ist euer.
Bolingbroke. In so fern möge Eure Majestät mein seyn, mein Gnädigster Souverain, als meine getreuen Dienste eure Liebe verdienen werden.
König Richard. Ihr verdienet alles; wer verdient mehr zu haben, als wer den sichersten und kürzesten Weg kennt, zu gewinnen? Oheim, gebt mir eure Hand; nein, troknet eure Augen; Thränen sind nur hülflose Zeichen der Liebe. Vetter, ich bin zu jung euer Vater zu seyn, ob ihr gleich alt genug seyd, mein Erbe zu seyn. Ich will euch geben was ihr haben wollt, und noch dazu mit Willen. Denn warum sollen wir nicht wollen, was wir müssen? Ziehet fort nach London. Ist das nicht eure Absicht, Vetter?
Bolingbroke. Ja, Gnädigster Herr.
König Richard. So darf ich nicht nein sagen.
(Trompeten. Sie gehen ab.)
Siebende Scene. (Ein Garten im Hofe der Königin.) (Die Königin tritt mit zwoen Damen auf.)
Königin. Was für eine Kurzweil wollen wir uns in diesem Garten machen, um unsre kummervolle Gedanken zu vertreiben?
Lady. Gnädigste Frau, wir wollen mit Kugeln spielen.
Königin. Das würde mich denken machen, daß die Welt voller Rauhigkeit und Zaken ist, und daß mein Glük, wie eine Kugel, die ihre Kraft verlohren hat, seitwärts rennt.
Lady. Madam, so wollen wir tanzen.
Königin. Meine Füsse können kein Maaß* im Vergnügen halten, wenn mein armes Herz kein Maaß in seinem Kummer hält. Also nichts vom Tanzen, Mädchen; irgend ein andres Spiel.
{ed.-* Wortspiel mit dem Wort (measure), welches Cadenz, und Maaß heißt.}
Lady. So wollen wir Mährchen erzählen, Gnädigste Frau.
Königin. Traurige oder lustige?
Lady. Von beyderley Gattung, Madam.
Königin. Von keiner von beyden, Mädchen. Die Frölichen würden nur die Erinnerung meiner Schmerzen desto lebhafter machen, weil sie mir die Freude zeigten, die mir fehlt; und die Traurigen würden noch mehr Bekümmerniß zu derjenigen hinzuthun, die ich schon habe.
Lady. So wollen wir singen, Gnädigste Frau.
Königin. Es ist gut, wenn du Ursache dazu hast; aber du würdest mir besser gefallen, wenn du weinen würdest.
Lady. Ich könnte wol weinen, Gnädigste Frau, wenn es euch besser machte.
Königin. Und ich könnte weinen, wenn mir weinen besser machte, ohne daß ich eine Thräne von dir entlehnen müßte. Aber warte, hier kommen die Gärtner. Wir wollen uns in den Schatten dieser Bäume verbergen-- Sie werden vom Staat reden, wie alle Welt, wenn eine Veränderung im Werk ist. (Ein Gärtner mit zween Garten-Jungen tritt auf; die Königin und ihre Damen treten bey Seite.)
Gärtner. Geh, binde du jene hängenden Apricosen auf, die, wie ungerathene Kinder, ihren Vater durch ihr verschwendrisches Gewicht zu Boden ziehen; unterstüze ein wenig die neigenden Zweige. Geh du, und haue, gleich einem Nachrichter, die Köpfe der zu hochaufschiessenden Stauden-Gewächse ab, die zu übermüthig in unserm gemeinen Wesen aussehen. In unsrer Regierung muß alles eben seyn. Unterdessen daß ihr so beschäftigst seyd, will ich gehen, und das unnüze Unkraut ausjäten, das den gesunden Pflanzen die Nahrung entzieht.
Junge. Wie verlangt ihr von uns, daß wir in dem Bezirk eines Zauns, Geseze, Form, und gehöriges Ebenmaaß beobachten, und wie in einem Model einen wolgeordneten Staat zeigen? Indeß daß unser vom Meer eingeschloßner Garten, das ganze Land voller Unkraut ist, seine schönsten Blumen zerknikt, seine fruchtbaren Bäume alle ungepuzt, seine Zäune eingerissen, seine Knoten alle verwirrt sind, und seine heilsamen Gewächse von Raupen wimmeln?
Gärtner. Schweige du; derjenige, dessen Frühling so wild und zügellos war, hat nun den Fall seiner Blätter erfahren. Der Epheu, der unter dem Schirm seiner weitverbreiteten Zweige emporwuchs, und ihn zu unterstüzen schien, indem er ihn aussog, ist aller bis auf die Wurzeln, von Bolingbroke ausgereutet worden; ich meyne den Grafen von Wiltschire, Buschy, und Green.
Junge. Was, sind sie todt?
Gärtner. Das sind sie, und Bolingbroke hat sich des verunglükten Königs bemächtiget.